Hier finden Sie den "BriefBlog" von Andrea Karimé aus Köln und Saskia Hula aus Wien.

Im Gegensatz zu einem "normalen" Blog ( de.wikipedia.org/wiki/Blog) schreiben in einem BriefBlog genau zwei "Blogger". Ein BriefBlog entspricht also einem öffentlich zugänglichen Briefwechsel zwischen zwei Personen, die sich über verschiedene Themen austauschen. Dadurch können Sie an den Gedanken und Diskussionen der beiden erfolgreichen Kinderbuch-Autorinnen teilhaben. Viel Spass beim Blick hinter die Kulissen ;-)

Andrea Karimé

am 1.9.2014

Liebe Saskia,

die Katze Wolkenweich bekommt ein Geschwisterchen? Das ist doch toll.

Genau, manchmal kommen die Ideen angelaufen oder angefallen. Neulich fiel sie vom Badeschrank herunter ...

Schön, dass du dich so gut erholt hast, dass die die Ideen in den offenen Mund, besser gesagt in die Tastatur fallen. Man muss ja auch mal abschalten und damit Platz schaffen, für neue Ideen.

Ja, genau. Schreibfrei heißt frei zum Schreiben. Doch schreibfrei ist längst vorbei. Schön wars. Ich hab am zweiten Band von Jonny Himmelblau gearbeitet. Seite für Seite. Und das Ding ist durch alle Klippen Zweifel und Flüsse einfach immer weitergewachsen. Und tut es noch. Jetzt bin ich bei der zweiten Fassung und überarbeite pro Tag ein Kapitel.

Zu mehr komme ich leider momentan nicht. Ich hab nämlich zwei neue Gruppen mit schreibbegeisterten mehrsprachigen Kindern bis zum Winter. Was viel Spaß macht. Es ist schön zu sehen, wie die Münder offen stehen, wenn ich erkläre, dass wir u.a. Texte für Kinder zur Unterhaltung schreiben, und dass es darum sein kann, das Erwachsene damit nichts anfangen können. Dass sie vielleicht nicht, wie andere Kinder, drüber lachen können usw. Ich muss sagen, diese Art von Erlaubnis ist Ihnen doch in der Regel unbekannt und setzt wilde Schreibflüsse frei.

Mein Knie hat mir unterdessen "Weniger ist mehr" aufgezwungen. Ich kann nur langsam gehen, muss Straßenbahnen und Züge vor meiner Nase wegfahren lassen und trage bei den unvermeidlichen Lesereisen ein "Kniekorsett". Das ist alles äußerst mühsam, führt aber zur Reduktion aller Art von Aktivitäten. Was zum Teil gar nicht schlecht ist. Da lernt man nämlich, das Nötige vom Unnötigen zu unterscheiden. Und ich stelle fest: Ich treibe Zeitverschwendung an vielen Stellen.

Die so frisch geschöpfte Zeit nutze ich zum Betrachten der neuen Untermieter: Dahlia, Rosa Gerania und Bambus auf dem Balkon, der nun, nach einem Jahr Gerüst, wieder betretbar ist. Und die drei, die flüstern mir stets etwas, das schwer nach Wortkrokant klingt.

Liebe Grüße,
Andrea

Saskia Hula

am 23.8.2014

Liebe Andrea,

mit schreibfrei meinst du wohl "frei fürs Schreiben"? ich habe es nämlich - träge wie ich in den Sommerferien nun mal bin - zuerst eher als "frei vom Schreiben" verstanden.

Oh, ich hätte diese Sommerferien ganz anders nützen können! Ganze neun Wochen frei! Ich hätte einen Roman schreiben können. Also, in groben Zügen jedenfalls. Ich hätte regelmäßig laufen, Radfahren, wandern oder schwimmen können. Ich hätte eine großartige Reise machen und tausend neue Dinge kennenlernen können Tatsache ist, dass ich das alles nicht gemacht habe. Stattdessen habe ich ein paar Kuchen gebacken, meine Blumenbeete geharkt, ein paar halbherzige Spaziergänge unternommen, und eine Unmenge an Krimis gelesen. Nichts, worauf man besonders stolz sein könnte. Aber - und das ist ja auch etwas - ich bin immerhin ausgeschlafen. Und offensichtlich tut mir das gut, denn jetzt - knapp vor Schulbeginn, wo es eigentlich schon zu spät zum Anfangen ist - habe ich die Buchidee gefunden, die ich praktischerweise besser am Anfang der Sommerferien gehabt hätte!

Aber egal, ob zu spät oder nicht, jetzt wird natürlich trotzdem angefangen. Vielleicht kommen Ideen ja prinzipiell eher, wenn man keine Zeit für sie hat. So wie Katzen. Ach ja, kurz vor der Idee ist mir übrigens auch noch eine Katze zugelaufen. Oder eher wir ihr, denn sie lag am Straßenrand und konnte sich nicht rühren. Vermutlich von einem Auto angefahren. Da lag sie also und wartete darauf, dass ihr irgendwer das Leben rettet, und nachdem außer uns weit und breit keiner war, haben wir genau das gemacht. Mittlerweile springt sie schon wieder lustig herum.

Jetzt habe ich also eine Idee und eine Katze. Gestern habe ich die erste Seite geschrieben, heute die zweite, und wenn das so weitergeht, bin ich bald fertig.

Liebe Grüße!
Saskia

Andrea Karimé

am 20.7.2014

Liebe Saskia,

ich knabbere gerade V. Myrtillus, die Beere die zwischen zwei Wörter auf ein Blatt oder auf die Zunge passt. Die schöne Wolkigviolette hat viele Namen: Heidelbeere, Blaubeere, Schwarzbeere, Mollbeere, Wildbeere, Waldbeere, Bickbeere, Zeckbeere, Moosbeere, Heubeere. Dabei blicke ich in die Nacht hinein. VM schmeckt aber etwas staubig. Was kein Wunder wäre, in dieser staubigen Stadt, jedoch haben Regenfälle für klare Luft und klaren Himmel gesorgt.

Inzwischen hab ich auch bemerkt, dass ich fast zwei Monate nichts für diesen Blog geschrieben habe. Stattdessen auf deinen Beitrag gewartet. Schreckliche Unachtsamkeit!!

Die Schreibzeit ist angebrochen. Wie Pudding auf meinen Teller gestürzt. Die Fahnen für "Wolkenweich und Kaffeekanne" sind korrigiert und meine Schreibprojekte habe ich abgeschlossen.

Das schönste war das Geschichtenprojekt mit Vorschulkindern, das in ein Buch mündete, das "Herr Yapma und die Quatschfahne" heißt und schon ganz viele Schreibkollegen in Verzückungsschreie hat ausbrechen lassen, was mich natürlich besonders freut.

Ja, ich habe meine Speicher aufgeladen. Erholt bei Yoga, Gesinge und Wanderungen.

Und nun, man höre und staune, entspanne ich mich an der Schreibmaschine. Ich schreibe ein neues Buch, und ich erlaube mir das Schneckentempo dabei, denn die Geschichte muss sich erst einmal entwickeln. Bisher ist sie wie üblich zunächst ein wenig dick aufgetragen, und ich hoffe auf Abspecken im Schreibprozess bei gleichzeitigem Erhalt der Spannung. Zwischendurch Plotten nicht ausgeschlossen. Zwischendurch recherchiere ich auch noch sehr viel, was spannend ist. Seltsam ist es für mich einen zweiten Band zu schreiben. Der erste ist schon in trockenen Tüchern und erscheint im Frühjahr.

Insgesamt 6 Wochen habe ich komplett schreibfrei, danach muss ich mir die Zeit wieder teilen mit Workshops und Lesungen.

Bald sehen wir uns im Burgenland. Ich freu mich!
Andrea

Saskia Hula

am 2.6.2014

Liebe Andrea,

die Hyäne hat den Absprung geschafft! Ist davongesprungen und hat gar nichts hinterlassen als eine zarte Duftwolke - aber das finde ich gar nicht schlecht, weil ich nämlich gerade beim Ausmisten bin, und da kann ich nichts brauchen, was dazu kommt, auch keine Anfangsbuchstaben. Da brauch ich nur eines, und das ist Platz!

Ansonsten hat mich leider mein Asthma eingeholt. Zum ersten Mal in meinem Leben musste ich deshalb sogar eine Lesung absagen, was mir einerseits sehr leid tut und mich andererseits auch erleichtert. Es wäre sowieso die letzte Lesung für längere Zeit gewesen.

Jetzt habe ich meine Lesungssachen weggeräumt und gleich auch sonst ein bisschen Ordnung gemacht. Bücher und Verträge geordnet, Altes entrümpelt, Ungebrauchtes weggegeben.

Ich finde es immer wieder unfassbar, wie oft man Dinge umräumt, ehe man sich endgültig von ihnen trennt. Wie oft ich allein meine Schulsachen in eine neue Ordnung gebracht habe, völlig umsonst! Am Ende habe ich sie dann trotzdem entsorgt ... Man hat einfach viel zu viel.

Das ist das Schöne an Geschichten: Es sammelt sich nichts Unnützes an. Und wenn doch, löscht man es einfach mit einem einzigen Klick. Da braucht man keine Container und keine riesigen Müllsäcke.

Nun, jetzt hab ich jedenfalls wieder halbleere Regale, das ist wunderbar. Platz für etwas ganz Neues! Oder auch einfach nur für Nichts. Ich warte erst mal ab und freue mich.

Und du? Hast du inzwischen deinen Speicher wieder aufgeladen?

Liebe Grüße,
Saskia

Andrea Karimé

am 10.5.2014

Liebe Saskia,

Lesereis speis ich derzeit. Klebrig und voller Regenbuchstaben.

5 Tage Sankt Gallen habe ich zum Beispiel gerade hinter mir. Es regnete ausdauernd aus düsteren Baldachin-Himmeln. Die Ungemütlichkeiten zogen durch alle Nähte und ins Papier. Mit Schirm, Melone und Taschenriesen gefüllt mit Requisiten gummistiefelte ich durch die eine kalte Maiostschweiz, jedenfalls wäre diese Ausstattung angebracht gewesen. Lesungen mit nur 20 Kindern waren dann aber eine tolle Entschädigung. Überraschung und Poesieaugen. So schwankt´s in der Ostschweiz. Ich war das fünfte Mal nun dort und wie immer hat es mir sehr gut gefallen. Es ist einfach toll organisiert, man trifft immer nette KollegInnen beim Montagsstamm und beim Eröffnungsanlass mit Lesungen und wird umsorgt von aufmerksamen Betreuern.

Zwischendurch die poetischen Fundstücke, von denen du redest, weil die Augen auf fremden Erscheinungen Platz nehmen und der Zug von einem Ort zum anderen mit der Zeit befreundet ist.

Nun, auf Heimreis, hockt die Poesie wie ein unsichtbarer Vogel in meiner Handtasche und knabbert an Staubkrumen. Ich höre es genau: Ich hab nichts mehr zu sagen! Bin leer wie eine Tüte nach Auspacken des Einkaufs.

Jetzt heißt es Auffüllen und neue Vorräte anlegen.

Ich hoffe du hast Notizbücher bereitgelegt und nicht die Therme gewartet, obwohl das ja auch sein muss. Ich hoffe, dass die Hyäne kurz vor ihrem Sprung nach außen, noch einen Kratzer im Notizbuch hinterlassen hat. Den Anfangsbuchstaben einer neuen Geschichte.

Alles Liebe,
deine Andrea

Saskia Hula

am 16.4.2014

Liebe Andrea,

an Notizbüchern mangelt es mir nicht, aber ich habe eindeutig zu wenige poetische Fundstücke in meinem Leben! Dabei braucht man, um die anzulocken, vermutlich nicht mehr als eine Prise unverplante Zeit, Ruhe und offene Augen.

Daran mangelt es mir im Augenblick allerdings gewaltig. Dabei habe ich eigentlich jetzt viel weniger zu tun als vor zehn Jahren, als ich noch mit meinen Kindern für die Schularbeiten gelernt und meine Wohnung selbst geputzt habe. Aber statt dass einfach mehr freie Zeit übrig bleibt, dehnt sich alles, was doch noch zu tun ist, auf unverschämteste Weise aus, macht sich breit und wichtig und sorgt zu allem Überfluss danach auch noch für das Gefühl, dass im Grunde genommen nicht viel passiert ist ...

Meine Hyänengeschichte ist da ganz genauso. Obwohl sie sich jetzt endlich langsam einem Ende zuneigt! Mittlerweile ist sie mir ja richtig ans Herz gewachsen, unfertig wie sie ist, aber ich sehe schon ein, dass Verlage unfertige Manuskripte nicht so mögen ... Ich werde mich also von der Hyäne verabschieden und sie in die Welt hinaus schicken, schon allein, um Platz für Neues zu schaffen. Und ich hoffe sehr, dass dieser Platz dann nicht von dämlichen Arztbesuchen, Gasthermenwartungen oder fehlenden Klobürsten eingenommen wird, sondern von dem einen oder anderen poetischen Fundstück. Ich werde die Notzibücher einfach schon mal bereitlegen, vielleicht hilft das ja.

Es grüßt dich ganz herzlich
Saskia

Andrea Karimé

am 22.2.2014

Liebe Saskia,

als erstes geb ich dir eine Antwort auf deine letzte Frage, wie du ES bisher gemacht hast: Genau so! Genau so hast du es immer gemacht. Irgendwann fiel Zeit vom Himmel, die du optimal genutzt hast. Immer ist ein Buch entstanden, oder zumindest Material für eine Geschichte. Ist das nicht eigentlich die für dich typische Arbeitsweise? Wie der amerikanische Arzt und Dichter William Carlos Williams, der nur wenig Zeit zum Schreiben hatte; zwischen zwei Patientien etwa hat er sehr kurze (mehr ging nicht) auf seinen Rezeptblock geschrieben. Sehr schöne Texte sind das.

So eine Liste der Tätigkeiten ist doch erquicklich. Was hab ich eigentlich in der Zwischenzeit gemacht?

Abstand geschaffen vom Kölner Karneval und Lesungsarbeit und Baulärm durch Reise nach Berlin und Besuche bei Verwandten und alten Freunden. Und die gute alte Tradition des Notizbuchs wieder aufleben lassen. Im Zug und in den Straßen von Berlin habe ich nach poetischen Fundstücken Ausschau gehalten. Daraus hab ich Gedichte gemacht. Seit langem mal wieder. Eins heißt "Als Frau Iris Grün Berlin verließ" und wird demnächst veröffentlich :)

Jetzt bin ich wieder zuhause und ertrage den Baulärm und lasse mich von der einfallenden Ostsonne am Morgen blenden. Es gibt Schlimmeres. Nur das mein Arbeitszimmer zurzeit wegen der Großbaustelle am Miethaus nicht zu nutzen ist. Je nach Art der Bauarbeiten mache ich mich im Laufe des Tages immer auf, um in der Bibliothek zu schreiben. Zum Beispiel heute, wo mit mutmaßlich gigantischen Bohrern irgendwas aus Beton (Ich schau nicht nach, es ist zu laut) an Haus und Straße aufgebohrt wird. Also hilft die Bibliothek. Trifft sich ganz gut, da ichsowieso noch für mein neues Manuskript die Seitenzahlen der Zitate recherchieren muss.

Daneben entwickle ich ein neues Buch. Ein ganz neues, aber so richtig einlassen kann ich mich noch nicht. Zu viel drumherum. Vielleicht sollte ich mich doch wieder mit meinem Notizbuch in den Zug setzen. Hamburg gefällig?

Liebe Grüße sendet dir Andrea

Saskia Hula

am 22.2.2014

Liebe Andrea,

mit Schrecken habe ich festgestellt, dass dein letzter Eintrag hier schon wieder drei ganze Wochen her ist! Mit Schrecken deshalb, weil ich nicht das Gefühl habe, dass in diesem drei Wochen irgendetwas Erwähnenswertes in meinem schriftstellerischen Leben passiert ist, das ich nun hier erwähnen und von allen Seiten betrachten könnte.

Um diesem Gefühl und seiner Berechtigung nachzugehen, mache ich hier mal eine kleine Liste mit dem Namen "Die ganze Wahrheit - was in meinem Autorenleben in den letzten drei Wochen alles passiert ist":

1. Ich war drei Tage lang mit Lesungen in Salzburg und Hallein. Das war äußerst schriftstellerisch und nur möglich, weil ich Semesterferien hatte.

2. Ich habe ungefähr 2 Seiten meiner Hyänengeschichte geschrieben (allerdings nur, weil wir Schreibtreffen hatten und ich einen Text zum Vorlesen brauchte)

3. Ich hatte Schreibtreffen, habe mir dort ungefähr 10 Texte angehört und mir Gedanken dazu gemacht.

4. Ich war mit einem Verleger essen.

5. Ich habe ein paar sehr schöne Gilbert-Rezensionen geschickt bekommen.

6. Ich habe die weniger schöne Nachricht bekommen, dass meine Selma-Bücher verramscht werden, weil sie sich nicht gut genug verkaufen.

7. Ich habe meinen Frühlingsnewsletter geschrieben und verschickt (und bin im Zuge dessen draufgekommen, dass es schon ganze 3 Wochen her ist, seit du deinen letzten Blogbeitrag geschrieben hast!)

8. Ich habe (gerade jetzt) meinen Blogbeitrag verfasst, obwohl wirklich nicht viel Erwähnenswertes passiert ist;-)

Ich glaub, ich muss mir echt mal wieder Zeit zum Schreiben nehmen! Aber wann? Und wie hab ich das eigentlich früher gemacht? Tja, das wird das Thema meines nächstes Beitrags ... es sei denn, es passiert sonst irgendetwas Erwähnenswertes.

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 30.1.2014

Liebe Saskia,

ein Monat prall gefüllt mit KinderSchreibwerkstätten aller Art und poetischen Experimenten geht zu Ende.

So viele habe ich noch nie in einem Monat geleitet. Die Vielfalt der Themen und Texte erschlägt mich etwas, aber ich freu mich sehr, poetische Anstiftung betrieben haben zu dürfen. Während die einen Kinder im Projekt "Wanderwörter" mit dem Ulla Hahn-Haus in Monheim für eine Ausstellung und eine Korrespondenz geforscht und geschrieben haben, (Wusstest du, dass Wörter wie Quark und Zebra auf Schwarzmärkten verkauft wurden und so nach Deutschland kamen?), formulierten die anderen im Rahmen eines Projekts der Musikhäuser der Rhein-Ruhr-Schien ihre Gedanken zum magischen Musik für ein Kinderkonzert (Ohrwümer fressen Musik, krabbeln dann ins Ohr und spucken sie dort aus!). Daneben begleite ich eine Gruppe schreibbegeisterter Kinder in Solingen, die Texte zum selbstgewählten Thema: Zeit-Universum-Ich schreiben. ("Ich werfe ein Blatt in die Badewanne und auf dem Blatt erscheinen die Wörter Sonne Mond und Stern.")

Es ist wunderbar, obschon zur Zeit fast etwas zu viel. Wann war noch mal Schreibzeit?

Lesungen und Schreiben verträgt sich nicht, schriebst du. Das ist wirklich wahr! Es sei denn, ich muss nur noch polieren. Das kann ich gut zwischendurch, sogar auf Reisen. Aber zum Entwickeln einer Geschichte brauche ich das Gefühl, Zeit zu haben und keine weiteren Verpflichtungen.

Aber Zeit habe ich erst wieder so richrig im März und April, und dann ganz viel davon! Ich habe da auch so eine Idee.

Zu Themen komme ich übrigens wie die Jungfrau zum Kinde. Sie fallen mir tatsächlich zu und lege einen Vorrat damit an. Dehalb gehen sie mir nie aus. Das ist eine sehr gute Sache. Im März möchte ich z.B. eine solche angelegte Idee ausarbeiten.

Meine leichte Geschichte um die rätselhafte Beduinenkanne gefällt dem Verlag im Übrigen, was mich sehr freut!

Dir eine leichte Zeit und den Geruch des nahenden Frühlings im Frühstück,

Andrea

Saskia Hula

am 20.1.2014

Liebe Andrea,

oh, wie herrlich sind diese Texte, die sich fast von selbst schreiben! Die jede Abzweigung blind richtig nehmen, die von Anfang an diesen leichten und flockigen und genau richtigen Tonfall haben! Aber wie oft ist das schon? Dazu gibt es einfach zu viele Abzweigungen, die einen anlachen ... Und diesen Gedanken "Da könnte ich auch etwas ganz anderes daraus machen", den kenne ich auch gut. Ich entscheide mich am Ende dann allerdings meistens leichten Herzens für die kürzere Version. Weil ich es nämlich grundsätzlich richtig finde, Dinge so kurz wie möglich auszudrücken. (Und weil ich für die längere Version wohl auch zu faul bin.)

Ich war tatsächlich noch produktiv in meinen letzten Ferientagen und habe mich mit der einen nicht zündenden Idee so lang herumgeschlagen, bis sie sich dann doch noch entzündet hat. Hartnäckigkeit lohnt sich eben doch manchmal. Jetzt ist das eine (sehr) kurze, aber schöne Geschichte geworden, und das Schönste daran ist, dass ich innerhalb von 3 Tagen eine positive und einigermaßen verbindliche Rückmeldung vom Verlag hatte. Was ja auch eine Seltenheit ist. Damit habe ich mein Jahressoll also eigentlich fast erreicht;-)

Das ist auch gut so, denn die andere nicht zündende Idee bröselt weiterhin vor sich hin, und das, obwohl ich die Idee selbst wirklich nicht schlecht finde. Aber ich habe keinen Protagonisten, keine Perspektive, keinen Ton, kein gar nichts. Und die Hartnäckigkeit fehlt mir natürlich auch gerade, Und die Zeit! Die nächsten Ferien (die schon wieder vor der Tür stehen) werden da leider auch nicht viel hergeben, weil sie mit Lesungen gefüllt sind. Und Lesen und Schreiben passt einfach überhaupt nicht zusammen, da ist Schule noch besser.

Ja, das wärs aus meiner Schreibwerkstatt. Gestern habe ich übrigens die ersten blühenden Primeln gesehen. So viel zum Thema Frühling!!! im Jänner! Vielleicht sollte ich lieber doch eine Jahreszeitengeschichte schreiben, in der alles durcheinandergerät. Das sollte ich mir auf jeden Fall mal näher überlegen, finde ich. Wie kommst du eigentlich zu deinen Themen?

Alles Liebe!

Saskia

Andrea Karimé

am 5.1.2014

Liebe Saskia,

fertig!

Meine neue Geschichte steht. Nur noch Feinstschliff. Ich bin seit langem mal wieder zu etwas Leichtem und Einfachem übergegangen. Zu einem "summenden" Text. (Ich glaub das hat einmal Juli Zeh gesagt!) So richtig Spaß hat er gemacht. Und kurz ist die Geschichte. Interessanterweise hat sich diesmal beim Schreiben nicht viel an der Geschichte, wie ich sie im Kopf hatte, geändert. Zwischendrin hatte ich mal kurz das Gefühl, dass ich eigentlich auch einen komplexen Kinderkrimi draus machen könnte. Und das ließ mich doch schwer zweifeln. Jetzt bin ich richtig froh, dass ich es gelassen habe. Ha! Aber gibt es nicht immer viele Möglichkeiten und Routen einer Geschichte?

Ob sie nun dem Verlag auch so gut gefällt, bleibt abzuwarten.

Da kann eine Geschichte ja nichts für tun. Grad hab ich eine HöchsteTöneLob-Rezension von Fräulein Dill gelesen. Kurz vorher eine ausführliche Beschreibung meines Versagens in einer anderen. So geht's.

Meine Vorhaben für 2014: ja, weniger Lesungen und mehr freie Zeit!

Ich hab noch bis Ende Februar viel verplant, aber danach bin frei. Wie nötig das ist, habe ich in den letzten Wochen gemerkt, an denen ich einfach immer nur hätte schlafen wollen. So langsam erhole ich mich. Auch weil das Schreiben so ganz und gar leicht, zwanglos und nebenbei von Statten ging. (Ich wage es kaum zu schreiben!)

Ok, ja, manchmal braucht man auch den Umweg. Das habe ich ja bei der Abenteuergeschichte gemerkt, die nun im ersten Lektoratsgang haust. Das Manuskript habe ich ein paar Mal von vorn angefangen. Jetzt bin ich auch zufrieden, und im Frühjahr erscheint das Buch. Begonnen habe ich damit vor fünf Jahren. So unterschiedlich kann das sein! In der Zwischenzeit ist so viel anderes erschienen. Wahnsinn! Aber ich musste dieses Buch einfach immer wieder weglegen.

Was hast du getan an den Freien Tagen? Ich bin sicher nicht die einzige, die gespannt ist, ob ein neuer Text entstanden ist.

Liebe Grüße sendet dir

Andrea

Saskia Hula

am 29.12.2013

Liebe Andrea,

herzlichen Glückwunsch zum nachgedruckten Kamel! Nachdrucke sind etwas Großartiges, weil sie einem das Gefühl geben, doch ein bisschen längerlebig zu sein als die Verlagskataloge ... Obwohl deine Soraya ja eh schon fast ein Klassiker gibt, die gibt es ja schon ewig!

Ich habe meine 3. Oskargeschichte bravourös abgeschlossen. Ich bin hochzufrieden, meine Lektorin die Programmleiterin und die Illustratorin sind es ebenfalls ... Es hat sich also gelohnt, in den sauren Apfel zu beißen und noch mal von vorne anzufangen. Das war übrigens beim 2. Oskar genauso. Da hatte ich auch eine ganz andere Geschichte, die dann auf zu wenig Gegenliebe im Verlag gestoßen ist. Manchmal braucht es halt den einen oder anderen Umweg.

Jetzt hab ich Ferien und könnte endlich schreiben, was ich gewissermaßen auch tue. Nur habe ich gerade keine zündende Idee und schiebe die nicht ganz so zündenden Ideen eher so auf dem Bildschirm hin und her ... Erfahrungsgemäß kann es nämlich durchaus sein, dass sich eine Idee durch das viele Schieben dann doch entzündet. Das wäre jedenfalls schön. Wenn nicht, kann man auch nichts machen. Dann habe ich die Ferien eben genützt, um mich vom Buchstabenkanon der ersten Klasse zu erholen.

Ich hoffe, du hast es mittlerweile geschafft, deine beiden Lektorinnenmeinungen, deine eigene und den Text selbst unter einen Hut zu bringen! Hast du schon viele Pläne fürs nächste Jahr? Mehr Lesungen, weniger Lesungen, Auslandsaufenthalte, Stipendien?

Ich habe natürlich wieder mal überhaupt nichts Neues vor, außer meine Lesungen noch weiter zu reduzieren, weil ich ein bisschen mehr Ruhe im Leben brauche. Ansonsten lasse ich alles auf mich zukommen und hoffe auf ein paar schöne Texte.

So, und die wünsche ich dir natürlich auch fürs Neue Jahr, außerdem viele glückliche Stunden und dass der Frühling bald kommt und lange dauert!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 2.12.2013

Liebe Saskia,

ich hoffe, du musst nicht bis Ostern warten, bis der Schluss aus dem Ei springt. Anlässlich solch kniffliger Aufgaben kann man Ostern auch ruhig mal vorverlegen.

Deine Buchstabenarithmetik gefällt mir sehr. Und sie ist mir natürlich wohlbekannt, nicht nur vom Schreibmaschinenkurs vor 20 Jahren. Perle, Paris, Paare, Puder. Damals war ich von der Reduziertheit der Möglichkeiten inspiriert und hab Gedichte daraus gemacht. Eine Geschichte mit Handlungsanspruch ist schwieriger. Arithmetisch anmutend, eine jedoch vollkommen lautmalerische Quasigeschichte ist ja Ottos Mops. Immer wieder aktuell. Und nicht zu toppen. Im Schuldienst hatte ich leider auch nur die Enge vor Augen. Immer wieder diese Pseudogeschichten. Seufz.

Meine letzte Lesereise mit Geschichtenschaf und Lichtblick-Bergen in und um Luzern habe ich hinter mir. Es war herrlich. Vor allem die Schweizer Landschaft hat es mir angetan. Meine neuen Bucher haben sich die Kinder gern angehört und ich habe überhaupt das erste Mal "Mu, Wolken und Schlangenglück" gelesen, was richtig Spaß gemacht hat. Die Geschichte und ihr Spannungsbogen funktionieren, und die Figur erreicht die Herzen der Kinder. Was will frau mehr? Die Taschen gefüllt mit Gold und Schokolade :) bin ich zurück und sitze nun wieder am Buchstabentisch, um eine Radiogeschichte fertigzuschreiben, besser gesagt umzuarbeiten. Was schwierig ist, da ich zwei gegensätzliche Lektorinnenmeinungen irgendwie in Text bringen muss. Was also tun? Gut ist, dass der Text auch mitzureden hat. Wenn ich lange genug dabei bleibe flüstert er mir ja schon, wo es lang geht.

Wenn das fertig ist habe ich endlich Weihnachtsferien.

Die Kerzen hab ich aber jetzt schon angezündet. Sie erhellen hoffentlich meine Texte wie die Morgensonne den Pilatusberggipfel vor drei Tagen. Auf dem Tisch liegt ebenso hell die Nachricht, dass "Soraya, das kleine Kamel" nachgedruckt wird.

Sternige Grüße sendet dir deine Andrea

Saskia Hula

am 16.11.2013

Liebe Andrea,

dein Geschichtenschaf gefällt mir! Wie gut, wenn man so eines auf einer Lesereise dabei hat! Oder gleich eine ganze Geschichtenschafherde, die man beim Einschlafen auch noch zählen kann, nachdem man die eine oder andere neue Geschichte erzählt bekommen hat;-)

Ich sitze gerade am zweiten Anlauf zu meiner dritten Oskar-Geschichte. Der erste Anlauf ist sehr schön geworden, passt aber leider nicht ganz. Das sagt nicht nur meine Lektorin, sondern auch Ina, die Illustratorin und Kai, meine begabte Tochter. Allen dreien zusammen muss ich es leider glauben. Und weil ich Geschichten nur sehr ungern und nur sehr zögerlich so umbaue, dass sie dann irgendwohin passen, weil sie nämlich nachher meistens überhaupt nicht mehr zu sich selbst passen, schreibe ich lieber eine neue und hoffe, dass die dann passt. Ich glaube aber schon. Sie ist sehr actionreich und macht dadurch viel Spaß. Leider weiß ich noch nicht, wie sie ausgeht, aber das macht es eben auch für mich bis zur letzten Minute spannend.

Ansonsten hab ich richtig viel zu tun, nämlich in der Schule. Ich träume schon von einzelnen Silben und von anzumalenden Kugerln! Der Zahlenraum 5 ist mir mittlerweile so vertraut wie meine Küche, und ich kann dir auf Anhieb (und im Schlaf!) alle Wörter nennen, die man mit unseren zwölf ersten Buchstaben bilden kann, von Ananas bis Salami. Es ist jedesmal eine echte Befreiung, wenn endlich alle Buchstaben wieder da sind! Das macht den Geist dann wieder weit. Ich hab übrigens mal eine Geschichte geschrieben, in der nur 16 Buchstaben vorgekommen sind - also nicht insgesamt, sondern 16 verschiedene. Aber ich gebe zu, auch da musste ich mich, was gefinkelte Handlungsstränge und treffende Charakterzeichnungen betrifft, etwas einschränken. Sie hat auch nie den Weg in die Öffentlichkeit gefunden, und das ist ausnahmsweise auch gar nicht so traurig.

So, und jetzt werde ich noch ein bisschen über meinem Schluss brüten. Vielleicht macht es ja Knacks, und er springt aus dem Ei!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 19.10.2013

Liebe Saskia,

es ist nun schon ewig, peinlich lang, her, dass ich (einen Beitrag) geschrieben habe.

Der ganze Sommer lag dazwischen, eine Kur und die Ferien. Und dann noch die Herbstlesereisen, von denen ich nun fast alle hinter mir habe. Ich habe mich gut erholt, auch vom Textzimmern, und langsam, ganz langsam kommt die Schreibmotivation wieder. Dazu beigetragen hat sicher, dass das Fräulein Dill endlich erschienen ist und ich sehr viel Spaß damit habe. Dazu beigetragen hat, dass der Jonny Himmelblau in Endphase geht, dass das Ohrenbärstück Gefallen findet, und vor allem hat dazu beigetragen dass ich mich bei all dem zu nichts zwinge:)

Das hab ich doch auf jeden Fall von dir gelernt!

Was der Sommer noch gebracht hat? Ein schwarzes Stoffschäfchen, das von jetzt an immer auf Lesereise mitdarf. Ein echtes Geschichtenschaf ist das, und vor allem die Kleinen haben abenteuerliche Ideen über seine Herkunft. Außerdem hat der Sommer viel Sonne gebracht, das Grün von Bayern, Erfrischungen und gute Laune. Alles gespeichert für den Winter, wie die Sinnlichkeiten eines Frederik.

An dieser guten Brise kann die Tatsache, dass die offizielle Buchpräsentation von Fräulein Dill, als Abschluss des Istanbulstipendiums, ins Wasser fällt, weil das örtliche Literaturhaus klammheimlich eine Schullesung draus gemacht hat, nichts ändern. Was macht das schon! Buchpräsentationen im Kinderbuchbereich werden eh überbewertet, gell?

Ich finde es übrigens eine sehr gute Idee, ein Buch herauszugeben, in dem alle nicht angenommen Geschichten zusammengestellt werden. Da hätte ich auch das eine oder andere zu bieten. Ein richtig dickes tolles Lesebuch würde das, oder? Also, das sollten wir doch glatt mal in Angriff nehmen.

Ja, genieß unbedingt die Erfolge im Lehnstuhl. Schnell gelangen die Bücher in den Schatten eines Neuen. Und das haben sie doch nicht verdient!

Die Kaninchentage sind auf dem Weg zu mir. Ich freu mich.

Alles Liebe,

Andrea

Saskia Hula

am 7.9.2013

Liebe Andrea,

na, das ist aber schnell gegangen mit dem Sommer ... Schon ist er wieder so gut wie um! Ja, mit den Verlags-Zusagen, da geht es mir nicht anders als dir! Es ist jedesmal wie ein kleines Fest. Vermutlich, weil es auch bei mir immer noch mehr Absagen sind als Zusagen. Einerseits ist es natürlich logisch - die Verlage haben ja ihre ganz speziellen Vorstellungen, ich habe ebenfalls meine ganz speziellen Vorstellungen, und das passt eben nur in ganz speziellen Fällen zusammen. Andererseits ist es auch immer wieder frustrierend, wenn eine Geschichte, die man selbst sehr mag, so gar keinen Platz findet. Mittlerweile habe ich schon einen kleinen Pool an solchen Geschichten - zu schräg, zu traurig, zu wenig ins Format passend ... Irgendwann gebe ich selbst mal ein Buch heraus, da kommen sie dann alle rein! Und bis dahin hoffe ich, dass die eine oder andere doch noch entdeckt wird.

Schreiberisch gesehen hat der Sommer nicht viel mehr gebracht als meine Räubergeschichte, die ich allerdings noch einmal überarbeitet und verändert habe. Naja, die Hyänengeschichte habe ich zumindestens zu Ende gedacht - aber das ist bei mir immer ein Jammer mit dem Zu-Ende-Denken: Denn wenn ich einmal weiß, was noch kommt, dann finde ich es nicht mehr so spannend, und dann schiebe ich es vor mir her statt es einfach zu schreiben.

Dafür freue ich mich im Moment sehr über die schönen Rezensionen, die sowohl die "Kaninchentage" als auch "Die coolste Schule der Welt" bekommen, und zwar auf so wichtigen Seiten wie im Eselsohr oder in 1001-Buch. Sogar die "Kröte des Monats" hat die coolste Schule bekommen! Außerdem liegt sie gerade stapelweise in so manchen Buchhandlungen auf (passend zum Schulanfang) und damit ist sie sozusagen das ideale Kinderbuch für den dazugehörigen Autor. weil sie nämlich Geld und Ruhm gleichzeitig bringt;-)

Vielleicht hab ich es ja deswegen auch nicht so eilig mit dem Schreiben: Damit ich in Ruhe mal genießen kann. Vor lauter An-das-nächste-Buch-denken verpasst man ja sonst wirklich fast die Freude an den bereits geschriebenen.

Und jetzt bin ich sehr gespannt, was der Sommer bei dir gebracht hat! Was machen die bösen Abgründe und ihr Expose?

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 23.7.2013

Liebe Saskia,

an Tagen wie diesen, liebe Saskia, bin ich gern Schriftstellerin.

Nicht mal die Baustelle und die klopfende Wunde im Mund, Extraktion eines Weisheitszahns in der Früh, können dieser Zufriedenheit etwas antun. Gestern und heute habe ich an einem kleinen Libretto gearbeitet, das nun nahezu fertig ist, lediglich feilen und schmirgeln muss ich es noch. Es hat mir unheimlich Spaß gemacht, mir das Ganze szenisch vorzustellen und Liedtexte zu schreiben. Eine Kleinigkeit verrate ich schon: Es wird ein Arabisch-Lied geben, nicht auf Arabisch, aber mit arabischen Wörtern, Übersetungen und dem Refrain: Arabisch ist seltsam, Arabisch ist schön.

Daneben arbeite ich an einem neuen Exposee und lasse diesmal in bösen Abgründen herumwandern, was richtig Spaß macht. Und zwischen allem sammle ich Ideen für ein besonderes Projekt aus Lyrik und Prosa.

Als Sahnehäubchen für diesen gelungenen Schriftstellerinnentag kam eine Zusage für Jonny Himmelblau. Das man sich immer noch diebisch freut, wenn eine Zusage kommt, ist ja einerseits schön, immer beinahe wie das erste Mal, es zeigt aber auch, dass es trotz ansehnlicher Vita leider nicht selbstverständlich ist, dass ein Buch genommen wird.

Wie geht´s dir damit? Aber natürlich gibt´s immer auch die anderen Tage, von denen ich heute nicht sprechen will.

Mit der Genese meiner Geschichten ist es leider oft etwas anders, als bei dir. Die kommen gar nicht von selbst vorbei. Nur die Figuren. Sie kommen vorbei und sagen: Ey, machstu Buch mit mir! Tja, und dann kann ich mir was ausdenken. Ich wünschte manchmal, dass auch bei mir ein Geschichtenwollknäul warten würde. So etwas Einfaches bitte, Überschaubares und trotzdem natürlich bitte sehr originell. Also sprich : wie bei dir:)

Einen weiterhin traumhaften Sommer wünsche ich dir!

Andrea

Saskia Hula

am 18.7.2013

Liebe Andrea,

oje, Baustelle klingt nicht gerade kreativitätsfördernd! Hoffentlich sind die bald fertig! Ich lebe ja momentan selbst auf einer Baustelle, aber da es meine eigenen Sachen sind, die da gemacht werden, ist es natürlich nicht so schlimm, sondern vielmehr spannend. Gerade wird eine wunderschöne Natursteinmauer in meinen Garten gesetzt, und jedesmal, wenn ich vor die Tür trete, ist sie ein bisschen größer.

Ich bin grad zwischen zwei Geschichten, das ist ein bisschen blöd, weil ich jetzt eigentlich gern schreiben würde, aber die erste Geschichte aus ist. Und nachdem ich unmöglich von einer Geschichte in die nächste springen kann, muss ich jetzt Pause machen. Ich finde es ja merkwürdig mit diesen Geschichten, und auch sehr faszinierend. Da hat man eine kleine diffuse Idee, an der zieht man wie an einem Faden, der aus einem Wollknäuel schaut. Dann zieht man weiter und zieht ein bisschen hin und und ein bisschen her und muss aufpassen, dass sich nichts verknotet. Noch ist man gar nichts sicher, dass da wirklich eine Geschichte herauskommt, eine richtige. Aber irgendwann lässt sich dann auf einmal doch ein Muster erkennen - und das ist dann ein äußerst erhebender Augenblick, wenn man nämlich plötzlich sicher ist, dass das tatsächlich eine Geschichte wird und nicht nur ein Versuch!

Ich freue mich also, dass meine ersten beiden Ferienwoche zu einer kleinen, aber feinen Räubergeschichte geführt haben, mit Anfang und Mitte und Schluss. Außerdem habe ich gerade das pfd einer Weihnachtsanthologie bekommen, an der ich mitgeschrieben habe, Die wird sehr, sehr schön, und auf einmal macht sich hier trotz des sommerlichen Wetters eine Brise Adventstimmung breit ;-)

Deine musikalischen Aufträge klingen toll, Musik und Schreiben zu verbinden finde ich auch sehr verlockend! Da bin ich ja neugierig, was herauskommt, wenn du mit den Kindern Musikgedichte machst, oder was auch immer.

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 9.7.2013

Liebe Saskia,

ha, da freu ich mich doch schon auf das nächste Jahr mit Buchstaben und Garten und hoffentlich gutem Wetter. Vielen Dank für die Einladung :)

In diesem Sommer ziehts mich mal ganz unspektakulär in den bayrischen Wald. In die gute Luft, und dort schreib ich auch was. Momentan hab ich so viel Projektideen, dass ich gar nicht weiß wo ich anfangen soll. Das ist zwar sehr schön, kommt aber leider immer dann wenn ich keine Zeit zum Schreiben hab. Ich mache grad noch die letzten Lesungen vor den Ferien, einen Workshop und schmirgele das Fräulein Dill.

Außerdem bin ich momentan mit dem Schreiben eines Librettos beschäftigt. Das ist eine fantastisch schöne Aufgabe für eine Musikliebhaberin wie mich. Kaugummi und Verflixungen wird umgearbeitet, Dialoge usw., und 5 Lieder schreib ich noch dazu. Einen Kanon, ein Quodlibet und drei bis vier Strophenlieder. Super! Den Kanon und das Quodlibet hab ich schon und den Refrain für ein Glücksvogellied auch.

Dazu wurde mir nich ein anderer wunderbarer Auftrag zugesteckt, mit Kindern über Musik reden und schreiben. Aber das steckt noch in den Anfängen, ich erzähl später mehr.

Zwischendurch ärger ich mich, denn vor meinem Arbeitszimmer wird ein Haus gebaut, und ich muss in die heiße Westküche an der lauten Straße ziehen. Da hab ich mir sogar jetzt einen bequemen Sessel hingestellt. Nichts kann ich mehr im Arbeitsraum machen. Die Amseln hats auch verscheucht, nur die guten Buchstaben halten die Stellung.

Dass die Kai den Dixi abgeräumt hat ist echt super! Gratuliere nachträglich. Ich bin schon so gespannt auf ihr erstes Buch. Da ist ja wohl jetzt was in Planung, gell?

Einen herrlichen Sommer auf dem Lande wünsche ich dir. Liebe Grüße,

Andrea

Saskia Hula

am 22.6.2013

Liebe Andrea,

schön, dass du doch noch ein bisschen Sonne gekriegt hast in Luxemburg! (Und fast unglaublich, dass man sich noch vor 3 Wochen nach Sonne gesehnt hat ... jetzt sehnt man sich bei uns nur nach Schatten!)

Schön klingt auch dein Programm, auch wenn es nicht ganz erwartungsgemäß ablaufen konnte. Die erwartungsvollen Kinderaugen kenne ich gut, und auch das schlechte Gewissen, wenn man zu spät reagiert ... Jetzt bist du wohl wieder nach Hause und kommst vielleicht auch endlich wieder zum Schreiben. Die gespenstische Mühle hast du dir hoffentlich mitgenommen und für später aufgehoben, wie ich dich kenne. Solche Bilder kann man sich ja nicht entgehen lassen!

Mein seltsamer Mann im Gartenhaus hat sich mittlerweile als gesuchter Bankräuber entpuppt und konnte zum Glück von der Polizei nebst Polizeihunden überwältigt werden. Fast ein bisschen schade, dass die Geschichte damit zu Ende ist, sie hat gerade so Spaß gemacht. Aber im Moment hab ich eh noch viel zu viel in der Schule zu tun, ich muss meine Viertklassler verabschieden und die neuen Erstklassler willkommen heißen (gestern waren sie mich besuchen!), ich muss aufräumen und Noten geben und Abrechnungen machen und Bilderbücher aus dem Keller holen ... Aber dann! Nächsten Freitag ist der ganze Spuk auf alle Fälle vorbei, und dann mache ich mich an die nächste Geschichte. Sofern mir etwas einfällt natürlich. Ich würde gern mal was Abenteuerliches schreiben. Zum Abschluss lese ich meiner Klasse nämlich gerade "Die Brüder Löwenherz" vor, das ist wunderbar abenteuerlich! Herrlich, da ist wirklich alles da: Verrat und Drachen, unterirdische Gänge und Zauberhörner, furchtbar viel Angst und Rettung in letzter Minute. Und ein absolut dramtisiches Ende. Aber für meine eigene Geschichte muss ich mir wohl leider selbst was ganz anderes ausdenken;-)

Im Moment bin ich übrigens gerade sehr stolz auf mein Töchterchen Kai, das dieses Jahr den Dixi-Kinderliteraturpreis gewohnnen hat! Mit einer sehr schönen Geschichte, in der auch ich als schreibende Mutter vorkomme: "Ein Knoten im Rüssel" heißt sie und ist wirklich sehr gut gelungen. Vielleicht verbringen wir ja im Sommer ein paar gemeinsame Schreibtage, sie und ich. So etwas kann ja erfahrungsgemäß sehr produktiv sein. Mir jedenfalls hilft es immer, wenn andere auch schreiben. Leider sind unsere Gästezimmer noch nicht fertig, sonst könnten wir das hier im Burgenland machen, und dann könnte ich dich auch noch gleich dazu einladen, und dann wären wir als Schreibgruppe gleich noch viel professioneller. So müssen wir das leider noch ein Jahr verschieben. Was hast du denn im Sommer vor? Oder anders gefragt: Wo wirst du denn schreiben?

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 4.6.2013

Liebe Saskia,

es hat aufgehört zu regnen, nun gegen Ende meines Stipendienaufenthalts.

Gerade in dieser letzten Woche türmen sich die Termine zu Wörterhügeln und anderem usw. Heute ist der Tag besonders gefüllt. Einen Workshop in der Grundschule, zwei Telefoninterviews, danach noch eine Werkstattlesung im Gymnasium.

Kommen Sie denn überhaupt zum Schreiben, fragte Madamm von der Zeitung heute. Nö!

Bis auf kleine Notate, Morgenseiten, Briefe und diesen Blog hier, schreibt Schreibmadamm nichts.

Die Sonne scheint endlich sommerlich und wärmt das gothische Haus. Am Seitenfenster hopsen Sperlinge zwischen mandarinenfarbigen Blütenbällen in der Hecke und der Nachbarhund jagt imaginäre Tauben. Wegen der Sonne muss ich auch noch schnell alle Aktivitäten nachholen, die wegen des Regens verworfen wurden, vor allem Radtouren und Wanderungen. Zwischen den Terminen laufe ich deshalb los, durch Echternach in Richtung See und dann den Berg hoch, durch einen Tunnel aus Zweigen und Laub, der mich heute zu einer gespenstisch verlassenen Mühle führte. Jetzt könnte die Geschichte beginnen, aber ich schreib ja nicht.

Unterwegs begegnen mir wie üblich Kinder, die mich freundlich und respektvoll grüßen, woran ich erkenne, dass ich sie eigentlich aus der Grundschule kennen müsste. Auf einer kleinen Allee zischt ein Junge seinen Eltern: Schriftstellerin zu. Sehr hilfreich! Kurze Zeit später habe ich das Problem, dass mir ein scheinbar völlig unbekanntes Mädchen ohne etwas zu sagen erwartungsvoll mit den Augen entgegenleuchtet. Während ich vorbeigehe, bleibt ihr Blick an mir kleben. Ich ahne Schreckliches, und als sie ihre Gehgeschwindigkeit drosselt, habe ich Gewissheit. Auch sie müsste ich kennen! Sorry, liebe Echternacher Kinder. Ihr seid super, aber mein Gedächtnis entpuppt sich mehr und mehr als eine Gerümpel-Garage, etwa wie die des Nachbarn gegenüber. Nur dass der anscheinend trotz höchstmöglicher Unübersichtlichkeit immer das Richtige findet.

Ich hoffe dass Euch in Wien das Hochwasser nicht zu arg plagt und dass du bald zum Blogschreiben kommst.

Alles Liebe, deine Andrea

Andrea Karimé

am 29.5.2013

Liebe Saskia,

dein Pendeln zwischen Garten und Geschichte klingt paradiesisch. Beides fruchtbare Böden, die parallel beackert werden. Ha! Und den seltsamen Herrn mit dem Koffer (herrlich!) habe ich, glaube ich, vor zwei Tagen hier ins gothische Haus gehen sehen. Ich hatte die Tür nicht geschlossen, während ich mich mit den Nachbarhunden Max und Leo auf deren Grundstück unterhielt. Max begann zu knurren und in dem Moment kam der Mann wieder heraus. Ich habe keine Ahnung was er im Haus gemacht hat, aber vermutlich das Gleiche wie in deinem Gartenhaus. So bin ich gespannt, wie die Geschichte weitergeht, damit ich das Geheimnis des Mannes erfahre. Vielleicht war aber auch nicht der selbe Mann. Wer weiß!

Ja, hier regnet es leider immer noch. Deshalb habe ich Zeit dir zu schreiben :) Weg von den Geschichten, die alle wässerig werden wollen.

Meine geplante Fahrradtour an den drei Flüssen ist immer noch nichts geworden, gestern brüllte und funkelte der Himmel mich sogar garstig und gewittrig an, aber Gott-sei-Dank hatte sich heute unsere nette Kollegin aus dem Saarland mit frostgrasgrünem Haar und einem Kofferraum voller Buchstaben und guter Ideen spontan doch noch angesagt. Zwar hatten wir äußerlich wieder Pech auf ganzer Linie, - Durchs berühmte Mullerthal und in gefährliche Wolfsschlucht konnten wir nicht wandern, es war einfach zu matschig. Das Schmetterlingshaus in Grevenmacher zeigte uns verschlossene Türen (ohne Hinweis auf der Webseite). Die Sonne kam erst beim Abschied. Über Echternacher Pflaster kamen wir nicht trocken.- aber wir hatten trotzdem einen sehr netten Nachmittag voller Inspirationen, Austausch und köstlichen Salatgedichten direkt an der Grenzbrücke.

Langweilig wird´s trotz allem Wetterwasser nicht. Morgen gibt es eine Führung durch Luxemburg-Stadt, Samstag eine Signierstunde, Montag ein Radiointerview und ein Treffen mit einer Mitarbeiterin einer interkulturellen Einrichtung, nebenbei Besuch aus Berlin und jeden Tag Lesungen.

Huch! Grad ist der Himmel hellblau und der Abendvogel sagt seinen Text auf! Also nichts wie raus zum Schwalbenplatz am Fluss der Stadt.

Liebe Grüße von Andrea

Saskia Hula

am 26.5.2013

Liebe Andrea,

noch immer Regen? Da wird es ja eine sehr nasse Geschichte sein, die da in Luxemburg entsteht, eine voller kleiner Schiffchen, auf denen die Protagonisten einander umsegeln, mit aufgespannten Schirmchen und in gelben Regenmänteln und Gummistiefeln ...

Aber Regen hat ja auch den gewaltigen Vorteil, dass man draußen nicht so viel versäumt und deswegen Zeit hat. Zum Schreiben! Ich habe gerade auch viel Zeit dafür, weil ich mittlerweile jeden freien Tag auf unserer Baustelle auf dem Land verbringe, die überhaupt nicht nur Baustelle ist, sondern auch Blumenbeet, Gemüsegarten, Blütenhecke und Sonnenterrasse. (Vor allem aber immer noch Baustelle) Ja, und außer Blumen und Gemüse und den Schwalben, die trotz Baustelle in unserem zukünftigen Wohnzimmer nisten lenkt mich hier nichts ab. Deswegen pendle ich also mehrmals täglich zwischen Küchentisch, an dem ich schreibe und Garten, in dem ich zupfe und freue mich über diese schöne flexible Aufteilung. Ich kann nämlich nicht länger als eine Stunde arbeiten. Erstens muss ich dann was essen, weil mich Schreiben so hungrig macht, zweitens muss ich mich dann bewegen, weil mir der Rücken sonst weh tut, vor allem aber habe ich dann ein so leeres Hirn, dass ich es erst wieder auffüllen muss. Dafür ist der Garten mit dem ganzen Gezupfe ideal. Insofern ist dann Regen doch nicht so gut.

Man kann also sagen: Gelegenheit macht Diebe. Ich habe die Zeit zum Schreiben, also schreibe ich. Im Moment macht es sogar richtig Spaß. Ich bin im letzten Achtel oder Zehntel einer sehr schönen Geschichte und habe die Aussicht darauf, dass sich alles irgendwie ausgeht. Wie die Geschichte ausgeht, weiß ich noch nicht, weil ich gerade erst einen fremden Mann mit einem schwarzen Koffer in ein geheimnisvolles Gartenhaus habe gehen lasse und leider nicht weiß, was er da drinnen eigentlich tut. Aber ich werde es schon noch herausfinden.

Viel Spaß im Regen! Und vielleicht kommt ja doch noch mal die Sonne heraus, bevor du wieder abfährst!

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 24.5.2013

Liebe Saskia,

hier regnet es ohne Unterbrechung, und deshalb ist mir so gut wie gar nicht nach Sightseeing. Wären hier nicht Leute für mich da, wie Biber Bey, Madamm Zëmmer, und Mister Teller, würde ich glaube ich wenig von Luxemburg erfahren und sehen.

Aber es gibt sie ja, und deswegen haben ich vor 2 Tagen der traditionsreichen Springprozession (Immer ein Dienstach nach Pfingsten!) beigewohnt. Nicht nur zugeguckt, nein, die Autorin ist auf mindestens zwei Buchstaben zu Ehren des heiligen Herrn Willibrord beinahe neben Erbgroßherzog Guillaume und Erbgroßherzogin Stéphanie aktiv von der Basilika über die Plaster der Stadt im Polkatakt einer angeschlossenen Trummkapelle gehopst. Wen wunderts, dass die Kinder der 2.Klasse mich angeschaut haben, als wäre eine springende Schriftstellerin so etwas ähnliches wie ein Buchstabenkerlchen, vom Mond geschnuppt. Wers nicht glaubt findet fotografische Beweise in mehreren Tageszeitungen vor Ort.

Gestern war ich dank og Rettungsmannschaft in Mersch im beeindruckenden Literaturarchiv. Neben dem Geräusch von Raschelpapieren und Regen waren auch überall mehrere Sprachen aus säurefreien Erinnerunsgtüten zu vernehmen. Autoren haben nämlich hierzulande die Qual der Wahl, in welcher Sprache sie beginnen ein Buch zu schreiben, da sie meistens mindestens drei davon beherrschen. Es gibt demzufolge auch Autoren, die mal auf Deutsch, mal auf Französich, mal auf Lëtzebuergisch schreiben.

In der Literatur ist also Grenzüberschreitendes an der Tagesordnung. Neben Themen zwischen Fremd und Fern, brechen auch Sprachen und Sätze ihr Wort und werden zu Zungen- und Denkcocktails der besonderen Art. Auch die Kinderliteratur spart da nicht mit Anspielungen und indirekten Verweisen auf vielfältiges Lebens- und Sprechfeld.

In der nächsten Woche werde ich das berühmteste Kinderbuch auf Luxemburgisch lesen.

Es hat den herrlichen Titel Muschkilusch, die schielende Fliege. Mal sehen wie weit ich komme.

Liebe Grüße sendet Andrea

Andrea Karimé

am 16.5.2013

Liebe Saskia,

ein Buch auf dem Verlagsprospekt? Respekt, aber mit Verlaub, das gehört sich nun auch, oder?

Ich bin vor fünf Tagen in die Kinderbuchautorenresidenz in Echternach/Luxemburg eingezogen. Die Wahrheit aber ist: Ich lebe seitdem in einer Regenwolke, hier trügerisch-kuschelig Wollek genannt, bin also Madamm Wollek geworden.

Seit diese Madamm in dem winzigen gotischen Haus wohnt, regnet es. Unaufhörlich. Die Leute sagen, das hätten sie auch noch nicht erlebt. Und das in einer Landschaft, die unerhört zum Wandern einlädt.

Abgesehen davon ist dieser Aufenthalt zwischen Büchern und Buchstaben und Vogelgeläut in einem Land, dass ich auch Mini-Grünland nenne, sehr angenehm. Die hohen Fenstern mit zu Wald und Garten usw.belichten die Wohnung und den Schreibplatz trotz des Regenterrors herrlich. Wie ich am Montag bei Pressewein und neben dem Bürgermeister der Stadt erfuhr, wurde ich unter 30 Bewerbern für dieses Stipendium ausgewählt. Tolle Ehre! Und nun gehe ich beherzt die damit verbundenen Verpflichtungen an: Lesungen, Schreibwerkstätten, Vorlesungen und Autorentreff.

Nach den ersten Lesungen an der Grundschule und einer kompetenten exklusiven Stadtführung, pause ich nun ein wenig. Ist auch gut, denn wo schon allmählich der Tiger von Echternach in Fabuliertem auftauchte, der Marktplatz unter Wasser stand und die Amseln eine Bürste mit einem Igel verwechselten. Man soll es ja nicht übertreiben.

Allerdings bedeutet Lesepause gleichzeitig Schreiben, und deshalb sitze ich da zwischen Stuhl und Wald und feile an dem neuen Ohrenbären der nach Pfingsten fertig werden soll. Der spielt allerdings in Istanbul, dem letzten Stipendienort vor anderthalb Jahren, und diese Info weist schon darauf hin, wann sich in etwa die hiesigen Eindrücke in meinem Werk widerspiegeln werden.

Alles Liebe sendet Andrea von der Wollek

PS: Für WIR beide bin ich natürlich auch zu haben :)

Saskia Hula

am 9.5.2013

Liebe Andrea,

herzlichen Glückwunsch zu den tollen Workshops! Das klingt wirklich sehr bereichernd! Ich hatte in den letzten Wochen auch ein paar sehr nette Lesungen und außerdem diese äußerst interessante Podiumsdiskussion im Wiener Kindermuseum, bei der die Verlegerin vom Jungbrunnen Verlag, Hildegard Gärtner, der Autor Doron Rabinovici und ich über notwendige (oder eben nicht notwendige) Veränderungen in alten Kinderbuchtexten diskutiert haben. Das war sehr spannend, das Publikum hat natürlich auch mitgeredet, der Saal war voll, die Meinungen waren verschieden, es war ein rundum gelungener Abend. Noch dazu einer der ersten lauen Sommerabende in Wien, wodurch er dann noch etwas länger als geplant gedauert hat ...

Vor ein paar Tagen habe ich die neue Vorschau des Residenz-Verlages zu Gesicht bekommen, mit meinem neuen Buch auf dem Cover (!!!), das jetzt für mich fast überraschend bereits im Juni herauskommt. Es ist der Bandennachfolger, eine neue Oskar-Geschichte, und zwar eine, in der er in die Schule kommt. "Die coolste Schule der Welt" heißt es, und Ina Hattenhauer hat so tolle Bilder dazu gemacht, dass man aus dem Schauen gar nicht mehr herauskommt. Aus jedem noch so kleinen Wort macht sie eine eigene Geschichte, so dass das Buch am Ende nicht nur (m)eine Geschichte hat, sondern gleich mehrere. Die des Hamsters James Bond zum Beispiel ... Ich freue mich jedenfalls schon sehr darauf!

Ansonsten hab ich ein bisschen am Lehrermaterial für unser Österreich-Wimmelbuch gearbeitet, eine uralte Geschichte gekürzt und für ein Leseprojekt des Buchclubs vorgelesen (und aufnehmen lassen), und außerdem so viele Interviews gegeben wie noch nie in meinem Leben (nämlich vier oder fünf). Am Dienstag fahre ich nach Gleisdorf und feiere gemeinsam mit Ina und dem Verlag unseren Preis. Ich hoffe dingend, wir kriegen den nächstes Mal beide (nämlich WIR Beide: Du und ich) - das wäre doch sehr praktisch;-)

Ich bin gespannt, was es bei dir auf dem Wörterberg Neues gibt!

Alles Liebe!

Saskia

Andrea Karimé

am 19.4.2013

Liebe Saskia,

jetzt hab ich mich so lange nicht mehr gemeldet, dass ich gleich für 2 schreiben muss :)

Der Beruf der Kinderbuchautorin ist dann am schönsten, wenn man das Gefühl hat, dass die Reisen zu Buchstabensofa (der Leser möge sich nun dessen Glanz, Schrägheit und Kuscheltiere vorstellen) und Kinderkräften der richtige Weg ist.

Das hatte ich in dieser Woche, in der Stadt, in der ich geboren und aufgewachsen bin. Erst habe ich an zwei Tagen an einer Schule einen Workshop gegeben: Schreiben wie verrückt oder Schreiben zum eigenen Vergnügen. Das war schon höchst amüsant und berührend. Die Kinder waren begeistert und kraftvoll. Sie fabulierten zu Onkel Mustafa und haben mühelos seine Wunder aufgeschrieben.

Es stehen schließlich nicht alle im Buch, und schon gar nicht die, die nur die Kinder kennen. Zum Beispiel das Wunder der Geschichtenzahnpasta. Schon klar dass, sich Onkel Mustafa gern die Zähne putzt, wenn die Zahnpasta dabei Geschichten schäumt. Oder das Wunder des Schafs, das Onkel Mustafa im Schlaf die Haare zu einem kleinen Gebüsch zurecht genabbert hat. Herrlich. Die Sprachen kamen auch noch Vorschein. Insgesamt 7 Sprachen hatten wir zur Verfügung und nun weiß ich eben endlich, dass Schaf baran heißt und zwar in gleich drei Sprachen der Kinder am Schenkelsberg. Und dass in Aisa nugum (Arabisch : ich will Sterne) der Eisenbahngnom sitzt, der arabische Sterne vom Himmel holt mit seiner Gnomeisenbahn. Ist doch klar!

Danach war ich zwei Tage an meiner eigenen Grundschule, die, die ich von 69-73 besucht habe. Alle Klassen haben eine Lesung von mir besucht, sich toll vorbereitet und mich in herzlicher Weise begrüßt. Neben der Feststellung, dass auch Türken helle Haare haben können, empfing mich die Klasse 4 zum Beispiel mit der Zusammenfassung des ersten Kapitels plus naturwissenschaftliche Expertise über die Unmöglichkeit der Rettung des Mondes.

Meine alte Klassenlehrerin kam auch extra aus Hamburg angereist. Das war der WAHNSINN. Sie konnte sich noch genau an mich erinnern, obwohl wir uns 40 Jahre nicht mehr gesehen hatten, und brachte mir Bilder und Andrea-Karimé-Krumen aus ihrem Gedächtnis. Außerdem hatte sie längst von meinen Büchern gehört. Das ist doch mal was. Am Schluss tranken wir im Musiksaal Kaffee, den die Schule nebst Blumen vorbeigebracht hatte und fast jede Lehrerin kam noch einmal vorbei, um sich nach den zwei Tagen zu verabschieden. Und soeben, eine Stunde später im Zug, erreichte mich folgende Mail:

Hallo ich bin L. FON der Grund Schule Waldau. Ich bin fon der KLASSE 1.. und ich finde deine Bücher super toll!

Und da ich außerdem noch im Hotel Mama einquartiert war, mit guter Vollwertvollpension und anderen logistischen Annehmlichkeiten, gehört diese Lesetour nach Kassel jetzt schon den Highlights! Schwer zu toppen.

So und heute trödel ich und trage mein Zeitkostüm.

Ich finds toll, dass du ein Sabbatjahr machen wirst. Hoffentlich findest du auch zurück :)

Dann kommst du aber mal nach Köln!

Deine Andrea

Saskia Hula

am 1.4.2013

Liebe Andrea,

jawohl, die Wortverhaftungen stammen von Christine Nöstlinger, die habe ich mir nur ausgeborgt. Ich bin sehr froh, dass ich mich so ausführlich mit dem Thema beschäftigt habe, denn nachdem ich nun im Radio zu hören war, wurde ich gleich zur nächsten Diskussion eingeladen. Die findet Mitte April statt, und ich bin gleich wunderbar vorbereitet;-)

Meine Osterferien habe ich in unserem neuen Haus im Südburgenland verbracht und wir waren ziemlich beschäftigt damit, einzuziehen - es ist unglaublich, was der moderne Mensch alles braucht, um sich wohl zu fühlen! Einen Spiegel zum Beispiel. Weil ich mich aber aus den Handwerksarbeiten zum größten Teil herausgehalten habe, ist mir trotzdem viel Zeit geblieben für lange Spaziergänge im Schnee, Regen oder Schneeregen. Dabei habe ich entdeckt, dass wir uns ein Haus mitten in einem Vogelparadies gekauft haben. Reiher, Bussarde, Bachstelzen, Stieglitze ... alles da, außerdem eine wunderschöne Fluss- und Auenlandschaft mit zwei Seen, die leicht zu Fuß zu erreichen sind. Traumhaft!

Nach den Spaziergängen ist dann noch mehr Zeit geblieben (mit Gartenarbeit war ja nix!), und so habe ich mich wieder einmal dem Schreiben gewidmet, was in Ruhe und Frieden auch irgendwie besser geht. Ich habe also meine Hyänengeschichte herausgeholt und mir zum ersten Mal überlegt, wie die eigentlich weitergehen könnte, wo ich doch schon so einen feinen Anfang hatte. Nachdem ich eigentlich nur denken kann, wenn ich schreibe, habe ich den Inhalt schon mal grob aufgeschrieben, und jetzt ist es zumindestens klar, was noch alles kommen kann - egal, ob es dann wirklich kommt oder nicht. Der Hyänengeschichte steht nichts mehr im Weg, und wenn das Wetter so schlecht bleibt wie es ist, dann wird sie auch bald fertig sein!

Aber erst einmal heißt es morgen zurück nach Wien. Ich habe mich jetzt übrigens doch entschlossen, für ein Sabbatical einzureichen. Vier Jahre noch arbeiten und dann ein ganzes Jahr frei haben, das erscheint mir im Augenblich äußerst vielversprechend. Wie schaut es denn mit dir und deinen Plänen aus? Steht da nicht eine Entscheidung bevor?

Liebe Grüße!

Saskia

Andrea Karimé

am 22.3.2013

Liebe Saskia,

die Schneeglöckchen lassen hier noch auf sich warten, also setze ich mich an den Schreibtisch und bilde sie mir ein. Und den Sommer ebenfalls.

Genießt du schon die Osterferien?

Ich verschnaufe auch mal grad, nach einer vielfältigen Woche mit Lesungen und einer Fortbildung. Zuerst hatte ich eine Nachmittagslesung für Jungen. Das war gar nicht geplant, aber es war eben kein Mädchen gekommen. Das hab ich noch nie erlebt! Eine nette Lesung war das. Sogar sehr nett, mit vielen Diskussionen über die Handyortungstechnik, von der ich natürlich keine Ahnung hatte. Und dass ein Mädchen die Hauptfigur im Kinderkrimi "Janni und Win und das Verschwinden der Höckerbande" ist, schien die Buben nicht zu stören. Die Story mit der mutigen entführten Janni hat sie echt gepackt. Völlig unabhängig vom Geschlecht der Hauptfigur! Sehen wir etwa besseren Zeiten entgegen?

Dann bildete ich noch Lehrerinnen und Erzieherinnen fort. Und zwar über die Zusammenhänge von Wortschöpfungen und Mehrsprachigkeit und deren Nutzen für die Leseförderung. Natürlich spielte auch ein schönes Buch Kaugummi und Verflixungen- eine Rolle dabei.

Ich nehme an, dass du dich im letzten Beitrag auf Christine Nöstlingers "Verhaftungs- Begriff bezogst? Mir hat sehr gut gefallen, dass du die schöne Metapher aufgegriffen hast, ohne ihrer Meinung zu sein. Herrlich! Ich mochte die Metapher auch sofort. Klasse, aber die Folgerungen haben mich enttäuscht. Nun aber ist alles wieder im richtigen Zugabteil, und verhaftet muss nicht verhafet werden. Ist jedenfalls meine Meinung.

Alles Liebe sendet Andrea

Saskia Hula

am 15.3.2013

Liebe Andrea,

tja, ich habe mich jetzt ausführlich mit Wortveränderungswünschen im Kinderbuchbereich beschäftigt, und nach Berücksichtigung aller für mich wesentlichen Punkten bin ich ganz bei dir. Ich habe auch kein Problem damit, wenn von ungefähr 7000 Wörtern zwei verändert werden - vor allem, wenn es zwei Wörter sind, die ich sowieso nicht mag.

Ich bekenne mich überhaupt als professioneller Wortverhafter. In meiner Klasse sind eine ganze Menge Wörter verboten. Natürlich aus rein pädagogischen Gründen. Aber gut, ich bin ja auch Lehrerin. Ich habe die schöne Aufgabe, Kinder zu erziehen. So wie Eltern auch. Und Bücher auch, meiner Meinung nach. Ja, ehrlich! Ich finde: Bücher erziehen mit. Denn Kinder werden vor allem durch Vorbilder erzogen. Und Bücher sind nun mal die Vor-bilder im wahrsten Sinn des Wortes: Sie führen ein Bild von der Welt vor.

Insofern sind Bücher für mich äußerst pädagogisch, auch wenn sie es so gar nicht sein wollen oder sollen. Ein sehr beliebtes Lektorenlob ist übrigens "Und die Geschichte ist so überhaupt nicht pädagogisch!" Ist sie aber doch, nur anders ... Zum Glück geht es in den heutigen Kinderbüchern nämlich nicht mehr um so knochentrockene Dinge wie Ordnung, Disziplin und Gehorsam, sondern um Kreativität, Frohsinn, Selbstvertrauen und Mut. Und daneben vielleicht auch noch ein bisschen um Respekt und Feinfühligkeit. Lauter Dinge, die wir unseren Kindern wünschen und die wir ihnen daher gerne vermitteln. Und das ist das, was ich unter Pädagogik verstehe.

Es ist eine Illusion zu glauben, die heutigen Kinderbücher würden weniger Stellung beziehen als die von früher. Denn: Man kann gar keine Geschichten erzählen, ohne Stellung zu beziehen.

Das ist jedenfalls meine Meinung!

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 2.3.2013

Liebe Saskia,

na?
Wie ist die Aussicht auf den Staatspreis? Sicher erfrischend und glänzend, oder? Auf jeden Fall gratuliere sehr herzlich und beobachte deinen verdienten Lauf bewundernd weiter.

Ich fühlte mich sehr geehrt, ihn bekommen zu haben. Heute, ein Jahr später, stelle ich fest, dass er tatsächlich zu mehr Bekanntheit in Deutschland beigetragen hat. Anders als ich das vermutet hatte. Und anders als renomierte Kollegin mir voraus gesagt hat. Ich traf sie im Zug, auf dem Heimweg nach der Preisverleihung. "Der Österriechische Preis bringt nicht viel, der Deutsche hat mir dann geholfen!"

Soweit zu der ernüchternden Einschätzung einer österreichischen Grande Dame der Kinderpoesie. Mir hat der Preis bisher einiges gebracht. Zum Beispiel die Wahrnehmung meiner Bücher in Deutschland. Die Litcologne. Das Lesestipendium Werkproben. usw.

Die Diskussion über die Streichung/Änderung bestimmter Begriffe insbesondere des N-Worts hab ich ebenfalls aufmerksam verfolgt. Merkwürdigerweise habe ich aber gar kein Problem mit den Änderungen. Ich find dass Südseekönig z.B. ein sehr schönes Wort ist. Das N-Wort dagegen auch an dieser Stelle auszuschreiben, entspricht nicht meinem Bedürfnis. Ich brauch es nicht! Aus vielen Gründen. Wörter sind für mich Zugabteile voller Farben, Bilder, Klänge und Gerüche. Auch Geschichte wird darin transportiert. Und wenn es mir unangenehm stinkt, steige ich da nicht ein, dann nehm ich ein anderes. Deshalb bestehe ich natürlich nicht auf einem Vokabular, das definitiv rassistisch ist. Ich bin genauso wenig für die Bewahrung antisemitischer Ausdrücke im Kinderbuch. Warum sollte ich? Da warte ich noch auf eine überzeugende Antwort.

Aber auf die (historische ) Bedeutung von Wörtern wird vielleicht ja gar kein Wert gelegt, denn wie anders ist es zu erklären, dass von Zensur gesprochen wird? Zensur bedeutet "ein politisches Verfahren um Inhalte zu kontrollieren" (Wikipedia). In unserem Kontext ist es gar nicht sinnvoll verwendbar. Und leider deshalb auch keine mich überzeugende Antwort.

Hast du eine?

So und nun erhole ich mich von den Reisen zum Jahresbeginn. 2 Wochen Thailand und im Anschluss gleich Tübingen: 14 Lesungen in einer Woche, davon 13 wirklich tolle... Ich packe aus, wasche Wäsche, siniere im wolkentrüben Wetter, trauere um den Schöpfer meiner einer ersten richtigen, heiß geliebten unvergesslichen Buchheldin mit weisem schwarzen Vogel...

Deine Andrea

Saskia Hula

am 8.2.2013

Liebe Andrea,

herzlichen Glückwunsch zur Struwwelpippi! Ich bin schon sehr gespannt, was für eine Geschichte du aus Luxemburg mitbringst!

Ich freue mich auch gerade wie ein Schneekönig, und zwar über den Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreis, der dieses Jahr an "Die beste Bande der Welt" geht! Hurra, hurra, hurra!Tja, wenn´s läuft, dann läuft´s, kann man da nur sagen!

Anfang der Woche war ich nun auch endlich im Salzburger Literaturhaus, und es war, wie du vorausgesagt hast, ausgesprochen nett! Seit ich nur mehr wenige Lesungen mache, sind sie deutlich weniger anstrengend und wesentlich freudvoller. Man geht einfach milder mit seinen eigenen Texten um, wenn man sie nicht fünfundzwanzig Mal hintereinander laut vorliest.

Für nächste Woche bin ich zu einer Diskussion über politische Korrektheit in Kinderbüchern eingeladen, weswegen ich mich ausführlich in diese ganze Otfried-Preußler-Sache eingelesen habe. Das Gute daran ist, egal, welche Meinung man da nun vertritt (und ich sehe auf jeder Seite eine gewisse Berechtigung!): Es wird auf einmal wieder über Kinderbücher diskutiert! Das ist auf jeden Fall mal ein Vorteil. Und wenn man selbst mitreden darf, umso schöner!

Und du bist also schon in Thailand? Mit den abwinkenden Tanten ...Wie schön, solche Tanten zu haben! Man sollte viel öfter einfach abwinken. Brauchst du nicht, brauchst du nicht, brauchst du nicht ... Ein sehr brauchbares Lebenskonzept, denke ich. Die Welt ist voll von Dingen, die keiner braucht, finde ich. In diesem Sinne wünsche ich dir einen wunderbaren Urlaub mit den genau richtigen Dingen im Rucksack, viele bunte Eindrücke und ein unbeschwertes Nachhausekommen!

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 29.1.2013

Liebe Saskia,

die beste Bande scheint ja aus dem Auszeichnugstaumel nicht mehr hinauszukommen! Toll, herzlichen Glückwunsch! Und ja: Die Illustratorin ist wirklich sehr wichtig bei diesem Buch. Ihr passt einfach - ausgezeichnet- zusammen!!

Nur Bilderbücher wurden ausgezeichnet? Das ist wirklich seltsam! Als gäbe es keine österreichischen guten TextbuchautorInnen? Das wüsst ich aber.

Ich bin wieder ganz gesund, von ein paar Schwächelminuten mal abgesehen. Es ist schön zuhause arbeiten zu können. Das neue Buch ist überarbeitet und abgegeben, der Ohrenbär ebenfalls, und nun widme ich mich der ersten Fassung des nächsten Projekts, bevor ich Urlaub in Thailand mache. Auch muss ich mich von der blöden Warterei ablenken, die ja anscheinend zu unserem Beruf dazugehört. Wenn ein Buch fertig ist, dann freut man sich kaum darüber, weil man damit automatisch in der Lektoratswarteschleife landet, bzw in der Enge des Papierstapels im Büro der Lektorin schwitzt und brütet.

Nebenbei bereite ich mich auf die Reise vor. Bücher kaufen, Mückenspray und dichte Strümpfe. Dabei sammle ich auch Ratschläge noch und nöcher. Die reiseerfahrenene Tanten, die schon in Asien weilen, und die ich dort treffen werde, winken - per mail - ab. Digitales Wedeln: Brauchst du nicht, brauchst du nicht. Aha! Aber die Tetanusauffrischung muss sein. Es ist interessant, dass ich Thailand im Gegensatz zur Türkei oder zu Ägypten als richtige Fremde zu erleben scheine. All diese Reisegedanken habe ich sonst noch nie gemacht. Impfung? Never!

In dieses Paradies aus Buchstaben und dichten Strümpfen flatterte die belebende Nachricht, dass ich den Struwwelpippi- Preis gewonnen habe. Einen Monat lang werde ich - sehr gut bezahlt- in Luxemburg schreiben und allerhand kulturelles Leben bestreiten. Ist das nicht schön?

Bis bald, aus Thailand mit Grüßen vom Wörterberg!

Andrea

Saskia Hula

am 22.1.2013

Liebe Andrea,

Ich hoffe, du bist wieder ganz gesund und noch nicht in Thailand! (Obwohl es im Moment in Thailand ganz bestimmt schöner ist als bei uns ... Ich finde, der Jänner ist wirklich der unnötigste aller Monate! Und das Schlimme an ihm ist, dass danach der Februar kommt!)

Ich hatte gestern das Vergnügen, den Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Wien entgegen zu nehmen - also nicht den hoch dotierten, sondern "nur" den Anerkennungspreis, aber immerhin ... Es war eine sehr hübsche Zeremonie im Wiener Rathaus, mit Streichquartett und Reden und Cocktailempfang. Fast wie bei der Matura, nur noch ein bisschen feierlicher. Es gab sieben ausgezeichnete Bücher, die alle sehr ausführlich vorgestellt wurden. Eines davon war - hurra! - meine beste Bande, die sich ja für Auszeichnungen offensichtlich überhaupt ausgezeichnet zu eignen scheint (Hier unbedingt ein großes DANKE SCHÖN an Ina Hattenhauer, die mit ihren Bildern erst ein Gesamtkunstwerk gemacht hat!)

Was mich ein bisschen irritiert hat, war, dass alle sieben Preisbücher Bilderbücher waren. Ich meine, ich mag Bilderbücher, ich finde Bilderbücher toll, ich schreibe selbst Bilderbücher. Aber NUR Bilderbücher??? Gibt es in ganz Wien kein einziges erzählendes Kinderbuch, das es wert ist, erwähnt, gelobt und ausgezeichnet zu werden? Das finde ich schade, Textmensch, der ich bin. (Umso mehr erfüllt es mich natürlich mit Stolz, dass mein Buch - hoffentlich!!! - nicht nur aufgrund von Inas Bildern, sondern auch aufgrund meines Textes ausgewählt wurde!)

So, während du möglicherweise schon durch Thailands Schönheiten reist, sitze ich also im hiesigen Jänner fest. Lerne meine zukünftigen Schüler kennen, die gerade eingeschult werden, halte mich selbst davon ab, einen Sommerurlaub zu buchen (meine Haupttrostbeschäftigung im Jänner, die ich im Sommer regelmäßig bereue) und warte ... naja, was bleibt mir übrig, auf den Februar. Feile ein bisschen an den letzten Texten für die Bücher, die im März endlich erscheinen werden und schmökere - nein, nicht in Schreibratgebern, sondern in Gartenbüchern. Ehrlichkeit muss sein.

Ich wünsche dir einen großartigen Urlaub, vollste Genesung und tausend neue Ideen! Aber an denen scheint es dir ja sowieso nicht zu mangeln, wie ich immer wieder feststellen kann, wenn ich mal das Glück habe, einen deiner Texte in die Hand zu kriegen!

Alles Liebe, Saskia

Andrea Karimé

am 11.1.2013

Liebe Saskia,

so und nun ist also auch das neue Jahr schon richtig angeschaltet. Mit Fieber und Krankheit bin ich hineingedämmert. Langsam wird es besser, die Genesung zieht sich neuerdings hin!

Mir war diesmal überhaupt nicht nach Jahresrückblick, obwohl ich, was die Schreiberei anbelangt, doch sehr viel Erfolge zu verzeichnen habe. Trotzdem. Nach der ganze Feiertagsfieberdämmerei ist mir nun nur nach vorwärts schauen.

Grad überarbeite ich mein neues Buch, was sehr viel Spaß macht. Es ist schön zu sehen, dass Ideen vom Himmel fallen, wenn man sich Zeit für ein Projekt nimmt. Daneben mache Noten für Studierende, Steuer und anderen Formalkram, dies und das, und eigentlich bin ich heilfroh, dass ich keine Lesungen habe. Daran merke ich, dass ich viel zu viele gemacht hab -(Gestern sagte eine Kollegin beim Kölner Kinderbuchautorenstammtisch eindringlich zu mir: Man darf nicht so viele Lesungen annehmen! ) im letzten Jahr, und wie anstrengend sie dann für mich sind. Das heißt eigentlich sind nicht die Lesungen an sich anstrengend, sondern die Anzahl und oft das Drumherum. Planen, Schleppen, Zügeln, Warten, Frieren, Feilschen, Abrechnen und und und. Die kurze Zeit der Arbeit vor Kindern hingegen ist vergnüglich und kurzweilig.

Also erhole ich mich nun am häuslichen Schreibtisch und mache wofür ich nicht so gut bezahlt werde, wie für Lesungen: Schreiben.

Und bald schon gehts auf nach Thailand.

Kaninchentage ist ein sehr schöner Titel. Die Entstehungsgeschichte hab ich ja ein bisschen mitverfolgt und ich freue mich sehr darauf, dass es nun endlich erscheint. Man wird ja im nächsten Jahr einiges neues von dir lesen können und sicher auch noch viel von dir hören. Ich spitze schon mal die Ohren :)

Bis bald,

Andrea

Saskia Hula

am 29.12.2012

Liebe Andrea,

So, Weihnachten ist vorbei, ohne Schnick-Schnack diesmal, was sich irgendwie auch nicht viel richtiger angefühlt hat als mit Schnick-Schnack. Aber immerhin ist es überstanden, und das alte Jahr geht dem Ende zu, was ich immer gern zum Anlass nehme, zurück zu schauen.

Dieses Jahr war - was das Schreiben betrifft - etwas flüchtig. Im Frühling habe ich eine Geschichte, an der ich schon beinahe mein ganzes Kinderbuchschreibleben schreibe, fertig gestellt. Daran habe ich eigentlich schon nicht mehr geglaubt, und umso mehr freue ich mich, dass sie bereits diesen Frühling erscheint. Es ist mein erstes richtig langes Buch (so um die 150 Seiten), es ist für Mädchen ab 9 und es wird "Kaninchentage" heißen. Das Cover und die Vignetten im Buch hat Dagmar Geisler gemacht, was schon mal für Qualität bürgt. Danach habe ich eine hübsche Geschichte für die Schublade geschrieben; es hätte die Fortsetzung von der besten Bande werden können, aber der Verlag war nicht so begeistert, und deswegen werde ich erstmal Abstand halten und dann etwas ganz anderes aus ihr machen.

Dann habe ich Pause gemacht, ziemlich lang. In der Pause hatte ich den schönen Einfall mit der Hyäne, der mir immer noch gut gefällt, aber erst fertig geschrieben werden muss, aber das war auch schon alles. Erst im Dezember hat das Schreibjahr noch mal Anlauf genommen und nicht nur die Katastrophenweihnachtsgeschichte aus dem Ärmel geschüttelt, sondern auch die richtige Bandenfortsetzung. Womit der Kreis eigentlich ganz schön geschlossen ist.

Es war ein sparsames Jahr (rein schreiberisch). Ich bin trotzdem guter Dinge.

Was du von deiner herzwarmen Blaubeergeschichte schreibst, klingt äußerst kuschelig. Genauso soll Schreiben sein! Wie Stricken mit vielen Farben. (Ich würde übrigens echt gern wieder mal etwas stricken, nicht nur Handlungsfäden, sondern richtige Mützen, Handschuhe, Socken ... Naja, mal sehen.)

Ich wünsche dir einen sternefunkelnden Jahreswechsel und ein wunderbares Neues Jahr mit vielen dieser Blaubeermomente!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 13.12.2012

Liebe Saskia,

nach schier endlosem Lesungstrecking habe ich wieder Muße, dir zu schreiben. Selbst in diesem Monat gab es noch Lesung und Reiserei. Noch immer einen Workshop am Dienstag, - "Wo die Weihnachtswörter wohnen" mit Zweitklässlern und Künstlerin- und dann bin ich fertig. In diesem Jahr hatte ich so irrsinnig viel Lesungen, Veranstaltungen und Sonstiges rund ums Kind und Buch; ich freu mich auf das Ausatmen.

Nur die Kinder und sehr nette Komplimente bei Lesungen und Workshops haben mich bei Laune halten können. Was hältst du zum Beispiel von dieser denkwürdigen Rückmeldung:

"Schade, dass es dich nicht als Kuscheltier gibt?", Junge, 7

Autorin, lachend, fast ein halbes Jahrhundert alt: "Waas? Wiiiie?"

Junge: "Dann könnte ich dich mitnehmen!"

Das wärmt doch Herz und Seele, trotzt der Wintereiseskälte, die mich wirklich nervt!

Was dagegen übrigens auch noch hilft, ist eine warme Geschichte. Da hab, ich, neben der Lektüre von Nika Bertrams Australienbuch, vor Schneebalkon und unsichrem Amseltappsen einfach eine zu schreiben angefangen, herzwarm und blaubeerbunt, ich bastel ein bisschen, würze und klöpple bis hoffentlich alles stimmt und auch die letzte der immer wieder neu auftauchenden Ungereimtheiten verscheucht ist.

Die Alternative zur herkömmlichen Weihnachtsgeschichte finde ich übrigens sehr fein!!! Und ich musste über den armen Burnout-Weihnachtsmann lachen. Die Hyäne hab ich mir gleich als niederträchtige Schaulustige oder Paparazza dazu gedacht.

Ich wünsche dir nun aber einen mit Spaß gefundenen richtigen Schluss und ebenfalls eine Weihnachtszeit ohne Schnickschnack. Meine beginnt morgen mal mit einem Chorwochenende.

Dir ganz viele Grüße und sehr! bis bald!!!

Andrea

Saskia Hula

am 5.12.2012

Liebe Andrea,

das ist ja wirklich mal eine großartige Rezension! (Und so beruhigend. Die Zehnjährigen in meiner Klasse haben auch eine ähnliche Rechtschreibung)

"Gefährlich" ist natürlich ein besonders schönes Kompliment. Hab ich dir schon mal erzählt, was mein Sohn Konstantin mit drei Jahre auf die Frage, was er denn mal werden wolle, wenn er groß sei, geantwortt hat? "Wild", hat er gesagt."Wild und gefährlich." Und da ist er sicher nicht der einzige!

Tja, also ich schreibe wieder, das hab ich ja schon gesagt. Und es macht Spaß. Das, was ich eigentlich am liebsten mache, ist: Geschichten erzählen. Aus der Geschichtenerzähler-Perspektive. Da kann man so schön jeden Humbug erzählen, finde ich und sich überall wieder herauswinden und irgendwie rückbezüglich werden ... Insofern sind phantastische Geschichten wirklich etwas sehr, sehr Feines. Meine Weihnachtsgeschichte wird eine Art Burnout- und Katastrophengeschichte, was gut passt, weil mir Weihnachten mit dem ganzen Geschenke-Schnick-Schnack total auf die Nerven geht. Da ist es schön, wenn man sich wenigstens im Kopf austoben und den Weihnachtsmann kurz vor dem Heiligen Abend in den Tiefschlaf versetzen darf.

Außerdem habe ich gerade ein großes Päckchen aus Budapest bekommen. Für das Budapester Goetheinstitut habe ich ja vor bald 2 Jahren den Text für ein Kindermusical geschrieben, und nun ist es fertig und uraufgeführt und sehr, sehr süß! Mein Text hat durch den ungarischen Akzent der kleinen Schauspieler einen völlig überraschenden Charme bekommen (nicht, dass er vorher keinen hatte; aber eben einen anderen)

So, jetzt muss ich mich aber wieder dem Weihnachtsmann zuwenden. Nein, er wacht nicht rechtzeitig auf! Aber ich brauche noch einen Schluss, den mir die geschätzten Leser nicht um die Ohren hauen. Und das ist eine etwas schwierige Angelegenheit, wenn man ihnen gerade alle Weihnachtsgeschenke weggenommen hat;-)

Eine schöne Vorweihnachtszeit mit möglichst wenig Schnick-Schnack!

Saskia

Andrea Karimé

am 24.11.2012

Liebe Saskia,

ich freu mich, dass dein launisches Schreiben zurückgekehrt ist, jetzt wo die Welt darauf wartet! Zum Beispiel auf die Nachfolge der Bande? Oder etwas ganz Neues? Ich jedenfalls warte mit und freu mich auf das nächste Hulabuch :)

Bei mir schreiben nur die Züge. Eintönige Linien auf die Schienen. Aber nächste Woche ist Schluss. Noch eine Woche Luzern und dann Pause. Die Winterreise ist trotz meiner Schienenunlust schon gebucht. Ich begleite meine Tanten nach Bali und Thailand und hoffe viele Geschichten zu finden, hinter Tempeln und Meeren, bei Gold- und Silberschmieden und auf den Straßen, die ja angeblich schweigsam sein sollen.

Aber darüber dann später.

Für meine "Höckerbande" gibts eine herrliche Rezension eines 10jährigen Jungen. Direkt an mich per Mail:

"... Also das buch hat mir sehr gut gefallen besonders weil es keine zu lange Vorgechichte gab. Aber woher hatte janni das Geld für die SMS die sie ständig verschigt. Hatte sie eine SMS Flat? Ansonsten fand ich das Zwichenbuch total Klasse. das Buch war richtig spanend. Und war auch gefärlich das fand ich sehr gut .Auserdem wollte ich fragen ob du mal in meiner schule eine kurze gechichte vorlesen Kanntst ...."

Der geborene Rezensent, oder? (Übrigens: Ja, Janni hat eine Flatrate. Wenn sich ein Kind überhaupt ein Handy leisten kann, hat es Geld genug, dass eine SMS-Flat dabei ist. )

Diese Mail kam im rechten Moment. Da zurzeit so ein Wind um "Tee mit Onkel Mustafa" gemacht wird, - Bei Lesungen will man immer nur das.- hatte ich ganz vergessen, dass ich ja noch ein neues Biuch habe. Nach dieser Mail und einer tollen Rezi vom Radio Berlin Brandenburg sprang das Buch in meinen Koffer. Nun, in Luzern, wird es präsentiert. Mit folgender SMS von Janni an ihre Mutter wird die Lesung beginnen:

Mama ich bin entführt.
Such mich bitte mit handy
ortung. Nicht anrufen
zu laut janni

Ich berichte dann mal wie es bei den 10-12jährigen ankommt :)

Bei deinen Seminaren möcht ich, by the way, gern mal Mäuschen spielen:) Am besten gleich mal eins mit dir gemeinsam machen. Mit Regeln und regellosen Textgeschöpfen.

Ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen! So oder so!

Auf winterlichen Grußbuchstaben, Andrea

Saskia Hula

am 18.11.2012

Liebe Andrea,

Das ist aber wunderschön, was du über die Aufführung deines Wolken-Otos schreibst! So ist es natürlich perfekt: Wenn der eigene Text durch andere Dimensionen bereichert und verstärkt wird. Und Musik hat da auch eine große Kraft. (Mein Stück zu allererst in einer anderen Sprache zu sehen, stelle ich mir allerdings sehr merkwürdig vor!) Herzlichen Glückwunsch jedenfalls zu diesem tollen Projekt!

Bei mir hat sich die Freude am Schreiben durch die Hintertür wieder eingeschlichen und dann so selbstverständlich am Küchentisch Platz genommen, als wäre sie nie weg gewesen. Ich persönlich bin ja noch ein bisschen misstrauisch - vielleicht verschwindet sie auch wieder genauso plötzlich ... Aber selbst wenn, lasse ich sie jetzt mal machen, es passt auch gerade sehr gut, weil ich eine Geschichte für eine Weihnachtsanthologie schreiben soll, und zwar genau jetzt, vor Weihnachten und nicht etwa zu Ostern! Das muss ich unbedingt ausnützen!

Dieses Wochenende findet auch mein halbjährliches Kinderbuchseminar wieder statt, und nach einem sehr arbeitsintensiven ersten Tag habe ich heute gleich nach dem Aufwachen erstmals meine eigenen Regeln für das erfolgreiche Kinderbuchschreiben aufgestellt. Die letzte Regel ist vielleicht etwas schwierig auf Anhieb umzusetzen:

"Wenn du deine Geschichte auch noch verkaufen willst: Orientiere dich am Zeitgeist, ohne dich ihm zu unterwerfen, sei originell (aber nicht zu sehr) und schreib etwas, was noch keiner geschrieben hat, auf das aber alle schon gewartet haben!"

Aber die anderen Regeln sind dafür reines Handwerkszeug und durchaus praktikabel. Hoffe ich jedenfalls. Ich werde es ja gleich sehen!

Einen schönen Sonntag wünsche ich dir - und vor allem, dass du deinen Lesungsmarathon bald abgeschlossen hast! Eine solche Unmenge an Lesungen habe ich nur ein einziges Mal hinter mich gebracht und es war sehr, sehr, sehr anstrengend. Du hast also meine absolute Hochachtung!

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 11.11.2012

Liebe Saskia,

2x im Jahr führe ich als Autorin ohne Auto ein Leben quasi auf den Schienen. Im Frühjahr und im Herbst ballen sich die Lesungen regelmäßig. Ich nehme mir jedes Jahr vor, genau das im nächsten Jahr etwas anders zu planen, aber bisher klappte es leider nicht. Gerade prepariere ich eine Schienenfahrt ins Rheingau nachdem ich den Köln-Bonner Reginonalverkehr soeben zwei Wochen lang erkundet habe. Ausgerechnet habe ich diese Frequenz ebenfalls: 32 Tage/42 Lesungen. Und 17 habe ich nun hinter mir...

Gestern würde meine Geschichte vom Wolken-Oto in Luxemburg mit Viola da Gamba und einem Schauspieler uraufgeführt. Auf letzeburgisch. Und nun hat der Text Wolken-Oto und das Geheimnis der aprikosenfarbenen Katze also endgültig seine Unschuld verloren. Oder wie du schreibst: Nun hat er nicht mehr alle Chancen der Welt, denn er wurde rezipiert und weiterverarbeitet. Aufgeführt von Dan Tanson mit der Viola da Gamba Spielerin Romina Lischka hat meine Professorin Geigenbein nun rotes Haar und ist sogar als Katze gelesen geworden. Uups. Das ist der Moment wo man fremde Inseln im Meer seiner eigenen Geschichte entdeckt. Denn die Professorin hatte ich nun wirklich ganz anders vor Augen.

Aber dennoch hat mir die Aufführung außerordentlich gut gefallen, denn allein schon, dass die fantastisch gespielte alte Musik sensibel in die Geschichte hineingewirkt wurde, war ein traumhaftes Geschenk. Auch die bewegte Lesart des Schauspielers, sein herrliches Spiel mit der Brille des Protagonisten Wolken-Oto, seine vielen Ideen zu Licht- und Sterneffekten und seine wunderbaren Bühnen-Bildprojektionen waren eine unglaubliche Bereicherung für mich. Und es half mir, die Rezeptionsfolgen zu verschmerzen.

Ich bin sehr gespannt, wie das Stück auf mich wirkt, wenn es 2014 in Köln auf Deutsch gelesen wird. Ob es nochmal ein anderer Eindruck ist, und was mir alles noch auffallen wird...

Nach der Vorstellung kam ein Vierjähriger auf mich zu und sagte auf Deutsch, wie gut ihm die Geschichte gefallen hat. (Diese Luxemburger, verstehen gleich drei Sprachen!)

Das Seminar an der Fachhochschule ist schon wieder vorbei. Es hat mir insgesamt sehr viel Spaß gemacht, wenn auch die Notengeberei am Schluss ein Kreuz ist. Die Rückmeldungen waren sehr gut und das was ich nun an Texten im Journal abgegeben bekomme ist sehr unterhaltsam und schön! Nur gute Noten :)

Viele Glück mit deiner Radiogeschichte wünscht

Andrea

Saskia Hula

am 1.11.2012

Liebe Andrea,

ja, Nominierung ist wahrscheinlich das gleiche (Ich kenne mich im Preisdschungel nicht aus).

Keine Messekarte bekommen? Das finde ich ja etwas schräg!

Ich habe jetzt endlich meine Geschichtenerzähler-Geschichte überarbeitet, du weißt schon, das ist die, die meiner Meinung nach so gut ins Radio passen würde. Zuerst dachte ich ja, das kriege ich nie hin, dass jeder Teil seine eigene Spannungskurve hat, aber dann hat es doch geklappt. Mal sehen, ob es was wird. Radio wär mal was anderes - und zumindest die Probleme mit dem Cover und den Illustrationen würden wegfallen;-) Hab ich das schon mal geschrieben, dass ich meine Geschichten eigentlich am liebsten mag, solange sie noch unveröffentlicht sind? Und solange noch niemand anderer mitgearbeitet hat? Das ist natürlich sehr undankbar, weil manche Bücher ja vor allem aufgrund ihrer Bilder wirken, oder im besten Fall aufgrund ihres Zusammenspiels zwischen Bildern und Text. Und oft klappt das ja auch. (Aber manchmal eben auch nicht)

Vielleicht liegt es ja auch daran, dass der Text ganz allein noch alle Chancen der Welt hat, noch nicht festgelegt ist als Buch. Und insofern auch noch nicht enttäuschen kann. So wie ein Staudenbeet, das gerade erst angelegt wurde. Das hat man auch noch genau vor Augen wie man es geplant hat: üppig, farbenfroh, mit unendlich vielen Blüten. Und dann kommen die Schnecken und die Staunässe, die sengende Hitze und die Wurzelfäule ... Womit ich natürlich längst vom Buchvergleich abgekommen bin! Da gbit es ja zum Glück weder Schnecken noch Wurzelfäule.

Wie geht es dir mit deinen Studenten? Das ist eine Arbeit, die ich mir sehr schön und spannend vorstelle! Und du machst das sicher wunderbar - da wäre ich selbst gern dabei! Ich halte auch in zwei Wochen wieder mein Kinderliteratur-Schreibseminar und freue mich schon darauf. Davon aber dann nächstes Mal!

Liebe Grüße aus dem schauderhaft spätherbstlichen Wien,

Saskia

Andrea Karimé

am 19.10.2012

Liebe Saskia,

ehrlich gesagt, war ich vor deinem Bericht schon froh, dass ich nicht auf der Messe war, und ich bin es nach deinem Bericht erst recht.

Also, wenn mehr nicht rausspringt, als das temporäre Gefühl von Wichtigkeit, war das ja richtig, dass ich nicht dort war. Und da ich noch nicht mal eine Karte von einem meiner Verlage bekommen konnte, bezweifle ich, dass das Gefühl von Wichtigkeit überhaupt aufgetreten wäre. Und das im Jahr der Preise. Also Wichtigkeit ist relativ und vergänglich! Die eigene Wichtigkeit muss man sich buchstäblich auf dem Papier und auf dem inneren Bildschirm zusammenschreiben. Und da auch dort niemand wichtig wichtig schreit, bin ich sowieso erleichtert, dass der Buchmesse-Stress vorbei ist.

Frank Maria Reifenberg, ein Kölner Kollege, schrieb in seinem Artikel, den ich bereits andernorts zitiert hab: http://schreibkraftfmr.wordpress.com/2012/09/10/oft-verlieren-autorinnen-und-autoren-selbst-ihren-wert-aus-dem-auge-das-finde-ich-schlimm/ den schönen Satz: "Mein einziger Gedanke auf der Messe ist: Warum legst du Idiot noch ein Buch mehr auf diese Stapel." Aha! Alle Antworten auf die Frage nach der Wichtigkeit sind hier zusammengefasst.

Ich genieße diese Antworten in der jahreszeitenüblichen Wartelage. Warten auf Verlagsrückmeldungen. Warte ich auf Godot?, ist die damit im Zusammenhang stehende Frage. Jawoll, wenn ich mir diesen Dialog anschaue:

Estragon : Komm, wir gehen!
Wladimir : Wir können nicht.
Estragon : Warum nicht?
Wladimir: Wir warten auf Godot.

Dass ich Gewürze mag, warte, aber los will und und keine Ahnung hab, sind alles Beweise dafür, dass ich Frau Estragon bin. Ich habe es ja gewusst. Beckett spricht von mir!

Du siehst: Zum Thema der Wichtigkeit gesellt sich umgehend das Thema Sinn.

Aber damit wollen wir gar nicht erst wieder anfangen. :)

Zwischendurch wird die Warterei unterbochen. Mit der Fachhochschule hab ich mehr zu tun als ich dachte! Ich komme zwar u.a. deshalb nicht zum Schreiben, aber das Unterrichten macht auch mal wieder echt Spaß. Die Studies planen grad ein literaturpädagogisches Angebot , das sie am 26. 10. im Rahmen eines Praxistags durchführen werden. Da sind viele schöne Ideen dabei und wie auf leckere Wiener Würstchen darf ich nun meinen Senf dazu geben. Herrlich!

Herzlichen Glückwunsch übrigens zum Beinahe-Preis. Ist das nicht mit einer Nominierung gleichzusetzen?

Alles Liebe von Andrea

Saskia Hula

am 17.10.2012

Liebe Andrea,

erstmal herzlichen Glückwunsch zum Kinderkulturpreis! Das ist doch wirklich eine schöne Anerkennung! Und außerdem natürlich mein herzliches Beileid zum Festplattendesaster! Ich hoffe, Preise und Desaster hängen nicht immer so zusammen ...

Ich hätte auch beinahe einen Preis bekommen, nämlich den Kinderbuchpreis der Stadt Wien, wenn ... ja, wenn ihn nicht jemand anderer bekommen hätte. So hat mir die Stadt Wien nur herzlich dazu gratuliert, dass ich knapp daran vorbeigeschrammt bin;-)

In Frankfurt war ich zwischenzeitlich auch, habe alle meine Termine wahrgenommen und mir dazwischen die Zeit vertrieben, indem ich mir die Konkurrenz angesehen habe. Was mich vor allem zu der Erkenntnis geführt habe, dass ich keine Lust habe zu konkurrieren. Und als Autor bist du auf der Messe ja sowieso ein armes Schwein. Während die Illustratoren ihre wunderbaren Bilder herumreichen, kann man gerade mal eine spröde Zusammenfassung eines Textes loswerden, der natürlich gelesen werden muss, um zu wirken und auf keinen Fall zusammengefasst werden darf! In Zusammenfassungen bin ich überhaupt ausgesprochen schlecht. Aber egal.

Interessant war auch die Erfahrung, wie relativ Wichtigkeit ist. Als ich am Donnerstag nach Frankfurt aufgebrochen bin, habe ich mich unglaublich wichtig gefühlt. Immerhin war ich der einzige Mensch in meinem Umkreis, der eben so mal schnell nach Frankfurt auf die Buchmesse fliegt. In Frankfurt selbst war ich dann eine von Tausenden mit dem gleichen Ziel und dementsprechend unwichtig. Dafür hatte ich allerdings ein paar sehr nette Begegnungen, unter anderem mit Antje Damm, die ich schon seit Jahren dafür bewundere, dass sie - als Illustratorin - immer nur ihre eigenen Projekte durchzieht, egal, ob ihnen der Erfolg winkt oder nicht. Das finde ich schön.

Und jetzt lese ich gerade das Buch "Lob der Faulheit". Es ist meiner Meinung nach nicht besonders gut geschrieben, trifft aber trotzdem so einige Nägel auf den Kopf. Und bestärkt mich unter anderem in meinem Gefühl, dass es besser ist, völlig disziplinlos genau die Dinge zu machen, die einem Spaß zu machen statt sich dazu zu zwingen, freudlos dem Erfolg nachzujagen.

Die einzige Disziplin, die ich heute wohl besser aufgebracht hätte, wäre die gewesen, kein Knäckebrot zu essen, während ich diesen Brief geschrieben habe. Denn jetzt ist mein Laptop genauso knäckebrotbröselverstopft wie es mein alter Laptop am Ende war. Was dazu führt, dass ich jede Leertaste dreimal anschlagen muss, bevor sie auch wirklich ein Leerzeichen macht. Manche Fehler muss man anscheinend öfter machen, bevor man aus ihnen lernt. Aber das weiß ich inzwischen: Irgendwann lernt man fast alles, was wichtig ist.

In diesem Sinne wünsche ich dir freudvolle und undisziplinierte Stunden, egal, ob beim Schreiben, beim Singen oder beim In-die-Luft-schauen!

Alles Liebe, Saskia

Andrea Karimé

am 5.10.2012

Liebe Saskia,

ach was, verheimlichen! Im Grunde gehts uns allen irgendwann einmal so!

Ich befinde mich nun schon in der vierten schreiblosen Woche. Außer Lesen nichts gewesen. Remscheid, Erfurt, Düsseldorf.

Was wirklich von Vorteil ist, denn nebenan wird gebaut, und wenn ich vormittags zuhause wäre und schreiben wollte, würden Bohrmaschinen ect. alle Gedanken und Wörter in Stücke hauen.

Außerdem wirkt die Schreibpause sehr entspannend!

Auf meinem Weg zwischen zwei Lesungen erfuhr ich, dass eins meiner poesiepädagogischen Projekte den Kinderkulturpreis NRW gewonnen hat: das Buch "Laulali, Vanillekind". Ihm zu Ehren zitiere ich mal das Gedicht eines Jungen, das in diesem Buch veröffentlicht worden ist:

Bongohuhn Laulali
kribbelt so schön
in meinem Bauch

So kanns gehen. Da soll noch mal einer sagen, Jungen interessieren sich nicht für Poesie. Jedenfalls hat der Preis dazu geführt, dass das Bongohuhn nun den ganzen Tag in meiner Tasche herumflattert und mich an meine Aufgaben erinnert, z.B. an diesen Blog hier.

Mein Datendesaster ist nun auch behoben. 1500 Euro musste ich bezahlen, damit alle Daten auf der externen Festplatte wieder herstellt wurden. Und zwei neue Festplatten kaufen. So ein Vorfall -physikalischer Defekt des Datenträgers- räumt schon mal ein Autorenkonto leer. Aber da ich ja in diesem Jahr einen Preis gewonnen habe, ist das alles machbar. Auch wenn ich natürlich anderes damit geplant hatte.

Dass ich in diesem Jahr nicht auf die Buchmesse gehe, erleichtert mich kolossal. Keine Büchermassen, die meine Buchideen erwürgen, und keine Hektik im Schatten der Buchstars. Trotzdem bin ich natürlich gespannt, was du berichten wirst.

Alles Liebe,

Andrea

Saskia Hula

am 2.10.2012

Liebe Andrea,

ist eine zweiwöchige Schreibpause überhaupt eine Schreibpause? Nun, vermutlich doch, schließlich gibt es ja auch 10minütige Schreibpausen, nämlich wenn man sich schnell mal ein Butterbrot schmiert, während es auch sonst wie geschmiert beim Schreiben läuft ... Was mich wie schon beim letzten Mal auf den Gedanken bringt, dass eine Schreibpause der ultimative Beweis für das Schreiben ist.

Meine Schreibpause dauert nun schon ungefähr ein halbes Jahr, was natürlich niemand merkt, weil es genügend Texte von mir gibt, die noch veröffentlicht werden können, sollen, dürfen, müssen. Trotzdem ist es ein komisches Gefühl, fast ein bisschen unwirklich. Vor allem, da ich immer wieder nette Zuschriften von Lesern und Lesereltern bekomme, Rezensionen, Lesungsanfragen - und das, obwohl ich momentan an völlig andere Dinge denke als ans Schreiben!

Wahrscheinlich sollte ich einfach so tun, als wäre es anders. Als würde ich über einer neuen Idee brüten, irgendeinen komplizierten Plot stricken, irgendeine subtile Botschaft verpacken und nicht nur überlegen, wo ich die Tulpenzwiebel hinsetze und ob sich ein Nussbaum besser als Hofbaum eignet als eine Linde. Vor allem sollte ich das alles wahrscheinlich nicht in diesen Blog schreiben! Das Problem ist nur, dass ich ja sonst nicht viel schreiben kann;-)

Aber jetzt kommt Frankfurt, und dort werde ich einfach so tun, als wäre alles wie immer. Und nachher hab ich auf alle Fälle etwas zu schreiben, was auch immer. Mein Terminkalender ist jedenfalls zum Bersten voll, und ich habe keine Ahnung, wann ich eigentlich die netten Menschen treffen soll, mit denen ich mir keinen Termin ausgemacht habe, sondern nur ein "Da rufen wir uns dann schnell zusammen". (Und wo! Die Frankfurter Buchmesse ist ja nun wahrlich kein Hort der Gemütlichkeit ...)

Nun, ich werde berichten! Bis dahin alles Liebe aus dem ziemlich buchstabenfreien herbstlichen Garten!

Saskia

Andrea Karimé

am 23.9.2012

Liebe Saskia,

während sich die Studierenden meines Seminars: Geschichtenteppich, Textgeschöpfe Gedanken über Huppertz' Erzählhaltung bei "Biete Bruder, Suche Hund" machen, schreibe ich diesen längst überfälligen Beitrag. (Ich bin übrigens sehr gespannt, was sie über die Funktion der Gestaltungsmerkmale herausbekommen.)

So ein Lehrauftrag ist absolut interessant und macht viel Spaß. Meine Aufgabe ist hauptsächlich, die TeilnehmerInnen mit meiner Freude an der Sprache anzustecken und für Kinderbücher zu begeistern. Ist das nicht schön? Ob es mir gelingt, werden wir sehen. Immerhin habe ich es in der Früh geschafft, einen der Teilnehmer davon zu überzeugen, dass seine Wortschöpfung Waschbaum alles andere als langweilig und farblos ist. Denn steckt nicht schon eine ganze Geschichte darin?

Mittlerweile habe ich Freundschaft geschlossen mit der Vogelscheuche Frage, sie ist bei mir eingezogen, zur Antwort JA geworden, und ich habe sie von dir gegrüßt. Sie grüßt zurück und sagt:

Schreibpause! Schon seit 2 Wochen!

Ich atme auf und mache Urlaub von den Ansprüchen beim Schreiben, erhole mich davon bei diesem Seminar und bei Workshops im Kindergarten. "Wie bitte?", höre ich die Leute sagen, "Ich dachte, dein Beruf sei eine Berufung und du kannst nicht ohne?"

Leider doch. Nicht mein ganzes Leben lang, vermutlich nicht, aber eine Zeit lang kann ich ohne, und sogar gut.

Also hole ich weiter Luft und arbeite einige Tage lang zeitlich fremdbestimmt. Nine to five! In der Fachhochschule.

Ja, eigentlich hast du recht mit den Plagiaten: Eine Idee ist sehr selten ganz neu. Irgendwer hat sie bestimmt schon mal gehabt. Musste ich heute auch feststellen, als ich das Buch "Wolkenbrot" von Baek Hee Na und Kim Hyang Soo gelesen habe. Ein wunderbares Buch, in dem Wolken gegessen werden und jeder nach dem Verzehr schwebt. Das erinnerte mich an Motive aus meinem neuen Buch, und ich wäre noch viel entsetzter gewesen, wenn ich mich nicht an deine Bemerkung aus dem letzten Beitrag erinnert hätte.

So und nun widme ich mich wieder den Studierenden, klaube die gefundenen Gestaltungsmerkmale auf und sage bis buchstabald!

Andrea

Saskia Hula

am 10.9.2012

Liebe Andrea,

ja, vielleicht wäre es durchaus sinnvoll, mehr Angst vor Plagiatsvorwürfen zu haben. Bei mir kommt nämlich ein entsetzlich schlechtes Gedächtnis zu allen anderen möglichen Gefahrenquellen dazu, so dass ich eigentlich nie garantieren kann, dass die Idee nicht längst ein anderer gehabt hat. Andererseits hat doch jede Idee schon mal jemand gehabt, wenn auch nur auf eine etwas andere Art, oder nicht?

Ich habe mich heute mal an die "Grammatik der Phantasie" gemacht, die du mir empfohlen hast. Sehr interessant! Vieles, was ich bisher nur so vage empfunden habe, bekommt da auf einmal einen Namen. Besonders schön finde ich die Abhandlung über das phantastische Binom, bei der Gianni Rodari darüber schreibt, dass am Anfang von eigentlich allem der Gegensatz steht (kein Licht ohne Dunkelheit ...) und dass auch Geschichten aus Gegensätzen entstehen. Ich zitiere mal eben den Absatz, der mir so besonders gut gefällt:

"Pferd-Hund ist kein wirklich phantastisches Binom. Es ist eine einfache Assoziation innerhalb derselben zoologischen Klasse. Beim Aufrufen der beiden Vierfüßer bleibt die Vorstellungskraft unbeteiligt. Es ist ein Terzakkord in Dur, der nichts sonderlich Aufregendes verspricht."

Ein Terzakkord in Dur! Was für ein wunderbarer Vergleich! Und gleichzeitig eine so simple Erklärung dafür, warum manche Geschichten so wenig prickelnd sind. Ich freue mich schon auf die nächsten Kapitel.

Zur Schreibpause fällt mir in Anlehnung an das phantastische Binom nur ein: Kein Schreiben ohne Schreibpause. (Und ich meine PAUSE. Nicht kurz einmal tief Luftholen.) Aber natürlich hält man Pausen schlecht aus. Dabei könnte man gar keine Schreibpause machen, wenn man nicht vorher geschrieben hätte. Womit die Schreibpause eigentlich der lebende Beweis dafür ist, dass man schreiben kann. Und dass man wieder schreiben wird. Denn sonst wäre es ja keine Pause. Ich bin jedenfalls gespannt, wofür du dich entscheidest!

Liebe Grüße an die Vogelscheuche!

Saskia

Andrea Karimé

am 1.9.2012

Liebe Saskia,

kaum dass ich wohlbehalten aus Rhodos zurückgekehrt war - Ich hab das neue Kinderbuch endlich fertig ! und noch ein neues Exposee dazu. - bin ich gleich wieder zum Niederösterreichischen Kindersommer aufgebrochen (ohne Moos nix los!) und nach Wien, wo wir uns persönlich getroffen haben. Der Rückflug von da war und kurz, wackelig und anregend, denn ich hatte zum zweiten Mal die Gelegenheit das wunderbare Hörbuch "Der weiße Tiger" von Aravind Adiga zu Ende zu hören.

Es war wie immer sehr nett bei dir, und inspirierend ohnehin! Manchmal lässt das Sprechen über neue (festgefahrene) Projekte mit einer netten Kollegin die Inhalte doch in einem anderen Licht erscheinen, nämlich in dem der Urfreude des Moments, in dem die Idee einen das erste Mal besuchte. Die Begeisterung kommt wieder und man sieht das Ganze erneut mit Respekt und Gefallen und nicht nur mit Zweifeln.

Ich denke dennoch zurzeit allen Ernstes darüber nach, eine Schreibpause zu machen. Ergebnisse mühsamer Verhandlungen mit Auftraggebern, Absagen, Nachrichten von Neuerscheinungsmassen auf dem Buchmarkt sowie dürftige Jahresabrechnungen sind den Sommer über hier eingetrudelt und haben meine Motivation und meinen Idealismus schwer beschädigt. Am Ende hat nicht einmal meine eigene Neuerscheinung mich davon abgebracht, mich ernsthaft mit dem Experiment zu befassen, das da heißt: Kann ich wirklich nicht ohne?

Ich habe keine Ahnung wie die Antwort ausfällen würde. Aber irgendwie finde ich es durchaus anregend und entspannend gleichzeitig.

Werde ich es tun?

Mit dieser Frage, die neuerdings wie eine Vogelscheuche an meinem Arm hängt, laufe ich also von nun an im Spätsommer herum und suche eine Antwort.

Mal sehen!

Alles Liebe von Andrea

PS: Die inspirierenden Buchideen anderer, sind mir übrigens natürlich auch schon begegnet, aber ich hab viel zu viel Angst vor möglichem Plagiat, um sie als Ausgang für etwas Eigenes benutzen würde. Höchstens in Form von Motti taucht hie und da mal was auf. Und dadurch natürlich auch im Text wieder. Trotzdem: Applaus, den Hyänen!

Saskia Hula

am 21.8.2012

Liebe Andrea,

die Frage nach mehr Spaß oder Mühsal ist schwer zu beantworten. Für mich gilt vermutlich Spaß. Weil ich nämlich der Mühsal lieber großräumig ausweiche. Nicht, dass ich nicht an Disziplin glaube - in vieler Hinsicht bin ich sogar ein ziemlicher Fan von Selbstdisziplin. Aber nachdem ich die sowieso in der Schule brauche, gehört Schreiben bei mir eher in die Ecke "soll Spaß machen". Und wie du weißt, gehöre ich ja nicht zu den Autoren, die schreiben müssen, um glücklich zu sein.

Meine Hyänengeschichte hat trotzdem einen entscheidenden Schritt gemacht - nicht auf dem Papier, aber im Kopf. Mir geht es ja immer wieder so, dass ich eine Buchidee sehe, bei der ich mir denke: Oh, wie toll! Hätte ich doch nur diese Idee gehabt! Und dann tut es mir richtig leid darum, dass ich sie nicht mehr ausarbeiten kann. Oder ich lese eine Geschichte, die ich so mag, dass es mir leid tut, sie nicht selbst geschrieben zu haben. Jetzt habe ich (vielleicht) endlich eine Möglichkeit gefunden, mit diesem Bedauern kreativ umzugehen.

Ganz konkret geht es einerseits um ein Bilderbuch mit dem wunderbaren Titel "Mehr Bär!", andererseits um ein Tier-ABC und schließlich auch noch um eine kurze Hyänengeschichte von Wolf-Dietrich Schnurre. Aus diesen drei Unmöglichkeiten mache ich jetzt gerade eine neue Möglichkeit. Klingt vielleicht etwas diffus, ist aber sehr fein. Und ich bin schon richtig neugierig darauf.

Überhaupt finde ich fremde Ideen letztendlich äußerst inspirierend. Und gerade der Gedanke "So ein Buch möchte ich schreiben!" führt bei mir immer wieder dazu, dass ich wirklich "so ein Buch" schreibe - wobei es oft ja nur um eine einzige Gemeinsamkeit geht, also z.B. das Thema oder die Form oder aber die Textgattung, sodass das Ergebnis dann natürlich etwas völlig anderes wird. Insofern gehört das Lesen guter Bücher also sowieso zur Arbeit, und insofern war ich diesen Sommer auch gar nicht untätig;-)

Dass es dir gerade so leicht von der Hand geht, ist großartig! Ich hoffe, die Leichtigkeit hält noch länger an, denn davon zehrt man dann ja in den trüben Phasen .... Ich wünsche dir also noch ein paar wunderschöne Tage am Meer mit vielen Ideen!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 14.8.2012

Liebe Saskia,

gestern Nacht hats so gestürmt auf der Terasse, dass ich heut gleich ein bisserl erkältet bin. Halsschmerzen und Schnupfen.

Also ich weiß nicht: Hyänen sollen unverkäuflich sein? Und schon geschrieben worden? Ach, und wenn schon. Trotzdem schreiben! Und dann vergessen und später erfreut wieder auffinden!

Und letzten Sommer hast du eben einfach auf Vorrat geschrieben! So geht das nun mal. :)

Andererseits weiß ich natürlich genau, wie schrecklich es in Wirklichkeit ist, wenn die Erfolge einen lähmen, anstatt zu inspieren. Das hatte ich in der Türkei, wo fast nichts richtig fertig wurde.

Also dieser Beruf ist, stelle ich fest, mühsam!

Wenn er nicht grad mal Spaß macht wie jetzt gerade!

Hier arbeite ich an zwei Sachen paralell. Eine alte Sache noch aus der Türkei ist endlich fast fertig, (Irgendwann wird alles fertig!) eine neue Sache plane ich und schreibe eine Leseprobe. Aber die ist eigentlich auch schon fast fertig. Alles geht mir anscheindend ganz locker von der Hand, allerdings arbeite ich auch nicht unbedingt wie Tier!! Womit ich meine, dass ich vom späten Vormittag bis Nachmittags was mache und den Rest eigentlich auf Urlaub bin. Und ich schreibe eher ganz entspannt an den Sachen herum, Hatte mir ein kleines Pensum vorgenommen und das realisiere ich eben. Nun. Warum es diesmal klappt, liegt entweder an der inspirierenden lichtigen Umgebung oder aber einfach nur an der völligen Telefon- und Terminlosigkeit. Ich weiß es nicht!

Was ist häufiger? Spaß oder Mühsal?

Jetzt bin ich noch 10 Tage hier und danach treffen wir uns dann in Wien. Buchmessenfreitag könnte klappen. Versprechen kann ich es nicht! Bis dahin buchstäblich und auch sonst alles Gute,

Andrea

Saskia Hula

am 8.8.2012

Liebe Andrea,

das mit den verkäuflichen Texten kenne ich! Da bin ich ja eigentlich immer so stolz darauf, dass ich nur schreibe, was ich wirklich schreiben will - und dann schleicht sich in die vorbereitenden Gedanken doch immer mehr auch diese Frage nach der Verkaufbarkeit ein. Und die ist ziemlich störend, finde ich. Die Geschichte, die mir dieses Jahr am meisten Spaß gemacht hat, ist z.B. nicht besonders gut verkäuflich. Daher habe ich sie auch noch niemandem angeboten (was allerdings - ehrlich gesagt - auch nicht besonders befriedigend ist)

Vor kurzem habe ich mich dagegen bei dem Gedanken erwischt, dass eine Auftragsarbeit im Moment genau das Richtige wäre - und zwar eine möglichst konkrete, unspektakuläre. Eine, wo man einfach eine Geschichte aufschreibt und aus. Eine Geschichte, mit der man nichts Besonderes aussagt, mit der man keine großartigen Ansprüche erfüllt und keine hohen Auflagezahlen erreicht. In Wirklichkeit sind es nämlich immer die Ansprüche, die einen hindern, sich mit dem ganz Normalen zu befassen und daraus dann auf dem Umweg der Kreativität etwas Besonderes zu machen.

Ich fühle mich jedenfalls im Augenblick etwas schreibgehemmt durch den Anspruch, ein tolles Buch zu schreiben. Abgesehen davon, dass ich auch keine Idee habe (bis auf eine kleine griechische mit Hyänen, die auf mich ziemlich unverkäuflich wirkt) und das Gefühl, dass sowieso schon alles geschrieben wurde. Naja, das ist vermutlich eine Berufskrankheit, vor der man sich nur schützen kann, wenn man sich nie andere Bücher anschaut.

Außerdem fühle ich mich vielleicht auch gehemmt durch den Gedanken daran, wie viel ich letzten Sommer geschreiben habe, nämlich insgesamt drei Bücher! Und diesen Sommer? Gar nix. Und bald fängt die Schule wieder an, und ich habe eine vierte Klasse und werde vor lauter Stress nicht wissen, wohin mit mir. Aber zum Glück halten sich die Schreibideen ja nicht an Ferien und sonstige günstige Schreibzeiten. Ich hoffe also einfach weiter! In der Zwischenzeit werde ich nach Frankfurt fahren und so tun, als wäre ich Kinderbuchautorin ... Ich bin übrigens am Freitag dort. Vielleicht auch am Samstag, mal sehen.

So, ich wünsche dir eine tolle Zeit im Haus der gehobenen Literatur und dass die Kreativität dich nur so anspringt!

Liebe Grüße!

Saskia

Andrea Karimé

am 30.7.2012

Liebe Saskia,

dein letzter Blogeintrag klang sehr nach Meditation und im Augenblick leben. Ist noch was davon übrig? Und hat die Schreibidee endlich zu dir gefunden?

Ehrlich gesagt kommt mir dein Dorf bekannt vor. Ich war sicher auch schon mal da. Klingt nach Südküste.

Meine Musikwoche war herrlich. Nette Leute, spannende Chorwerke und begeistertes Publikum. Danach hatte ich noch eine letzte Ferienwoche mit vielen netten Treffen und kaum Erledigungen. Nur ein Gedicht habe ich neben geschrieben, und zwar für einen Kinderlyrikkalender. Das hat wieder sehr viel Spaß gemacht. Daneben hab ich mich mit meiner "Rhodos-Auftragsarbeit", einem bezahlten Blanka-Beirut-Blog aus dem Schreibhaus aus Rhodos, beschäftigt. Das ist doch mal was! Aber natürlich stimmt mich bedenklich, dass das was ich für eine Ferienwoche halte, trotzdem noch mit Schreibereien gespickt ist ...

Und nun reise auch ich in den nächsten Tagen nach Griechenland, ins berühmte "International Writers and Translators' Center". Und dort ist dann endlich Schluss mit dem faulen halben Lottoleben.: singen, schwafeln, gurkenkönigieren.

Im Prinzip ist alles soweit in schönster Butter.

Nur kann ich mich immer weniger damit anfreunden, abhängig zu werden von all diesen Aufträgen, Lesungsveranstaltern und und und. Immer mehr habe ich das Gefühl, dass mir das zu mühsam ist. Akqise war und ist mir verhasst, und die Voraussicht, immer wieder bangen zu müssen, ob a. das aktuelle Buch ankommt, und b. man genug Lesungen bekommt, ist mir lästig.

Ich habe mich in der letzten Zeit zudem dabei ertappt mir zu überlegen, welche Schreibstile verkäuflich sind und welche nicht. Darüberhinaus erwog ich allen Ernstes meinen Stil ggf zu ändern. Aus diesem Nachtmeer bin ich wieder aufgetaucht. Erschrocken, welche Blüten die ganze Existenzfrage so treibt. Und das in einem Jahr, in dem große Erfolgstiere meine Wohnung gestürmt haben. tztz.

In das Buch mit dem Erfolgsdruck guck ich besser mal rein, wenn ich wieder in Wien bin, ja? Ist ja schon in vier Wochen:)

Ob ich nach Frankfurt komme, weiß ich noch nicht. Ich habe eine Lehrauftrag für Schreiben, Literacy und Geschichten erzählen in der Woche. Kommt auf den Tag an. DU Berühmte solltest wirklich mal wieder dort auflaufen! Kommst du Freitag oder Samstag?

Schönen Sommer bis dahin!

Andrea

Saskia Hula

am 26.7.2012

Liebe Andrea,

Erdbeermascarpone klingt herrlich. Und unerreichbar! Wobei ich mich kulinarisch gar nicht beschweren will. Ich sitze nämlich seit Tagen in einem winzigen kretischen Dorf, in das man nur kommt, wenn man unbedingt will. Es liegt am Meer, aber eingekesselt von Bergen, die man erst mal überwinden muss. Insofern ist man hier oder man ist nicht hier, aber man kommt ganz sicher nicht einfach nur so mal vorbei. Was ich sehr schön finde, denn das Hiersein tut sehr gut. Der Wind fegt durchs Hirn und bläst es leer. Ich sitze also am Strand und schaue aufs Wasser und halte Ausschau nach einer Schreibidee, die mich fasziniert, aber bis jetzt war da nichts außer Wellen.

Das liegt vielleicht auch daran, dass ich vor meiner Abreise in einem Buch von Wolfgang Schmidbauer geschmökert habe, das heißt "Die gelassene Art, Ziele zu erreichen: Abschied vom Erfolgszwang". Ich habe nur ein paar Seiten gelesen, aber das hat genügt, um mir sofort jeden Gedanken an Erfolgszwang auszutreiben.

Und das ist auch gut so, weil es nämlich in meiner persönlichen Verlagslandschaft gerade gewaltig wackelt, und in solchen Fällen ist es sowieso besser, weit weg zu sein und aufs Meer zu schauen ...

Um meine Tatenlosigkeit ein bisschen zu kompensieren, habe ich allerdings die schöne Entscheidung getroffen, zur Buchmesse nach Frankfurt zu fliegen. Ein sündteures Hotel hab ich schon, den Flug buche ich noch, und dann lerne ich hoffentlich mal alle Menschen kennen, mit denen ich sonst höchstens telefoniere, wenn überhaupt. Kommst du auch?

Ich habe übrigens einen wunderbaren Buchtipp für die ganze Welt: Fred Vargas (die ich sowieso liebe), Die Nacht des Zorns. Der Titel sagt gar nichts, das Buch ist das reinste Vergnügen. Unglaublich, was für Einfälle diese Frau hat! Wunderbar!

Dein Interview kannte ich übrigens gar nicht (ich weiß, ich bin in solchen Sachen furchtbar, ich gehe nicht mal der Hälfte der links nach, die man mir schickt), besonders schön finde ich den Satz mit den Wundern und der Wirklichkeit.

Ich hoffe, du hattest eine schöne Musikwoche (oder auch nur -tage?) und bist in der Zwischenzeit zu deinen Orientbüchern zurückgekehrt;-) Ich finde den Ausdruck übrigens hübsch und auch gar nicht so unzutreffend, weil bei dir jeder Satz nach Orient klingt, auch wenn er damit gar nichts zu tun hat - insofern ist das so, wie wenn man mir sagt: Schreib doch mal ein Buch ohne Worte ... Aber auch das ist schon vorgekommen, zu meinem höchsten Erstaunen.

Liebe Grüße!

Saskia

Andrea Karimé

am 18.7.2012

Liebe Saskia,

auf dem Wörterberg? Da wohn ich doch auch? Zumindest zuweilen. Toll!

Und deine Wartezeitkundgebung ist großartig. Sensationell, dass du die Wahl hast und ausspielen kannst! Keine Sorge: Dein Erfolg gibt dir rechtrechtrecht!!! Ich hab auch grad Wartezeit und muss nun überlegen, wie lang ich noch ausharre, bevor ich die Manuskripte weiter anbiete. Deshalb ist deine Angabe ein sehr guter Tipp.

Im Übrigen hast du natürlich recht: Ich schreibe kein Sachbuch. Dennoch ist der Schluss (B) diesmal so hübsch, dass ich mich kaum von ihm trennen könnte, aber mal sehen.

Unterdessen ist mein Schreibstudio sowieso wieder geschlossen worden. Stattdessen löffele ich Erdebeemascarpone in einem niedlichen Ehrenfelder Gartenlokal und bereite mich mental und akustisch auf das bevorstehende Moselmusikfestival vor, zu dem ich in einer Stunde mit dem Kammerchor aufbrechen werde, Der Koffer ist aber schon gepackt und nun werden die letzten Töne auf die richtige Höhe und die richtige Reihenfolge festgelegt.

Zuvor hatte ich mich mit dem neuen Buch beschäftigt, die Fahnen sind eingetroffen und wieder rausgeschickt. Das Buch ist ein Kinderkrimi, sieht aber leider ganz anders aus.

Und über die Rezeption meiner Kinderbücher hab ich mir Gedanken gemacht.

Anlass war der Tipp einer Kollegin:
Mach doch mal was anderes als Orientbücher.

Nach der minutenlangen Phase der Mundöffnung musste ich lächeln. Innerlich! Abgesehen davon, dass ich an dieser Bemerkung fröhlich festellen konnte, dass Sie meine Bücher gar nicht kennt, durfte ich mal wieder lernen, dass ich die Rezeption meiner Bücher wirklich nicht beeinflussen kann. Was anderes als Orientbücher? Was ist das denn eigentlich? Okzidentbücher? Was ist damit gemeint? Bücher, die in Deutschland spielen? In Europa? Das zumindest träfe ja einen Teil meiner Bücher zu. Also muss was anderes gemeint sein. Soll sie vielleicht einfach jemand anders schreiben? Keine Ahnung! Ich denke und schreibe gar nicht in solchen Kategorien. Wer mehr darüber wissen möchte, den schicke ich auf dieses Interview: migration-boell.de/integration/

Vielleicht hilfts ja was. Und ich empfehle eine gründliche Werkbetrachtung!

Mittlerweile ist die rote süße Mascarpone ausgelöffelt und über die Zunge in den Bauch gerutscht. Dort trifft sie sich gerade mit der Vorfreude auf die Singgeangetcanunt-Tournee.

Herzliche Grüße und noch einen tollen erholsamen Urlaub, mit oder ohne Buchstaben!

Deine Andrea

Saskia Hula

am 10.7.2012

Liebe Andrea,

von A nach B zu kommen ist wahrlich keine leichte Aufgabe, vor allem wenn es um Geschichten geht. Musst du denn unbedingt nach B? Warum? Schreibst du eine pädagogische Broschüre?

Andererseits steht bei mir ja auch meistens fest, wie die Geschichte ausgeht, nämlich: gut. Im Sinne von positiv, konstruktiv und versöhnlich. Dahin zu kommen ist auch nicht immer so leicht, aber wenigstens lohnt es sich für das eigene positive Lebensgefühl. (Für mich wäre es eine Qual, sogenannte "Problembücher" zu schreiben ... Da wäre ich die ganze Schreibzeit übrigens völlig frustriert!)

Ich halte dir also die Daumen, dass du wenigstens ungefähr bei B rauskommst (genau bei B ist ja auch langweilig, weil man das womöglich als Leser bereits erwartet ...)

Ich schreibe gerade an einem Buch ohne Worte, was ein bisschen absurd klingt und auch ein bisschen absurd ist, vor allem für mich Wortmenschen, aber es ist eine interessante Herausforderung, und vielleicht bleiben ja auch ein paar Wörter übrig. Jedenfalls kann ich eine Geschichte nur erfinden, wenn ich sie schreibe, und zwar genau in dem Tempo, in dem ich schreibe (also ziemlich langsam)

Apropos Wortmensch: Letzte Woche war ich in Wörterberg! Das liegt etwa 20km von meinem Haus im Burgenland weg und ist sehr hübsch. Dort würde ich gern leben, in Wörterberg! Dort geht dann das Schreiben ganz von selbst, nehme ich mal an. Dort könnte man dann auch ein Schreibhaus aufmachen, mit Seminaren und so, das hätte die allerbesten Voraussetzungen.

Und aus aktuellem Anlass möchte ich hier mal folgendes sagen (falls nämlich jemand aus einem Verlag das liest): Ich warte im Normalfall ungefähr 3 Monate auf eine Zusage. Dann gehe ich von mangelndem Interesse an meinem Text aus und biete ihn jemand anderem an. Wer also ein Buch mit mir machen möchte, sollte innerhalb dieser 3 Monate zumindest einmal eine mail "Gefällt uns gut! Wir brauchen aber noch Zeit ..." schreiben. Dann warte ich gern weiter.

So, das wars aus dem sonnigen Burgenland. Ich wünsche dir einen gefinkelten Weg von A nach B, voller Überraschungen und Umwege und das richtige Köln-Schreib-Klima, abseits von jedem Gedanken an Waschküche!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 3.7.2012

Liebe Saskia,

Waschküchenklima in Köln. Und Internet kaputt! Beides ist dem Schreiben von Blogbriefen nicht sehr zuträglich. Deshalb kupferte ich in den letzten Tagen wieder mal nur von den Amseln ab.

Aber gerade wehte eine frische Brise durch die Balkontür und mein Internet wurde repariert, und nun kann ich drahtlos schreiben, was das Zeug hält. Das Zeug hält unter anderem diesen Blog hier.

Meine Termine sind alle erledigt. Soeben habe ich die letzten Geschichtenpostkarten - ein Vorschulprojekt - eingetütet und weggeschickt. Die letzte Lesung war vorige Woche in Herford. Und nun liegt freie Zeit vor mir, die ich lediglich mit Singen und Schreiben und Documenta füllen werde.

Für meine neue Geschichte suche ich gerade einen Weg von A nach B. Ich weiß wie sie gehen soll, kenne den ungefähren Verlauf. Aber jetzt wo es ans Ausformulieren geht, merke ich, wie wenig genau ich mir das überlegt habe, und muss nun riskieren loszugehen, auch wenn ich nicht bei B lande, sondern bei C. Oder X. Immer diese Ungewissheiten nach der Gewissheit. Aber tapfer wage ich mich Stück für Stück vor, und so, ganz allmählich, wächst die Geschichte.

Trotzdem wäre mir lieber, ich wüsste noch nicht, wie die Geschichte ausgeht, dann müsste ich auch nichts Bestimmtes erreichen. Dann könnte die Geschichte eigene Gesetze entwickeln und überraschende Wege gehen. Das wird ja dann deine Schreibweise des Sommers. Wie schön!

So und nun mache ich mich auf nach Kassel, wo die große Kunstausstellung weltgrün und voller Hoffnung daher kommt, aber dennoch die Finger in alle Weltwunden legt. Ein meisterhafte Mischung! Ich denke, dass ich voller Inspirationen zurück kommen werde.

Dir einen schönen Urlaub und viele gute Buchstaben gewünscht.

Herzliche Grüße sendet dir Andrea

Saskia Hula

am 21.6.2012

Liebe Andrea,

ja, der Kurzurlaub war sehr fein! Ansonsten wünsche ich mir ein bisschen weniger Urlaubsstimmung, in meiner Klasse hat es zur Zeit ungefähr 35 Grad und das ist unseren Theaterproben nicht besonders zuträglich. Aber am Dienstag führen wir unser Stück auf, am Freitag gibt es Zeugnisse und dann ist für einige Zeit Schluss mit Schule!

Und dann eröffne ich auch wieder mein Schreibbüro. Was es wird oder auch nur werden könnte, davon hab ich noch keine Ahnung. Im Augenblick bin ich völlig vogelfrei. Keine Weihnachtsgeschichte, die wartet. Kein Erstleser, den ich versprochen habe. Keine halbfertige Geschichte, die mich quält. Kein Auftrag, Gott sei Dank. Ich bin echt nicht der Typ für Aufträge. Obwohl ich mich immer freue, wenn ich einen kriege, ehrlich! Erstens fühle ich mich natürlich irgendwie geschmeichelt. Zweitens gibt es dann immer einen so nahen Erscheinungstermin, das ist ja auch fein. Manchmal finde ich es sogar schön, bestimmte Kriterien zu erüllen. Am liebsten welche mit Zahlen. (Bei mir haben Geschichten, die 5000 Zeichen haben sollen, dann auch wirklich 5000 Zeichen. Und zwar genau 5000 plus minus zwei. So etwas macht mir Spaß!)

Aber davon abgesehen ist mir der Satz "Sie schreiben so schön, haben Sie nicht etwas für uns?" deutlich lieber als jeder Auftrag. Und damit ich - falls ich den Satz wieder mal höre- auch etwas habe, setze ich mich im Sommer eben hin und schreibe. Zumindest habe ich das fest vor. Mal sehen, was dabei herauskommt!

Dass du deine Zeit mir deinem Neffen unter anderem mit meinen Büchern verbringst, ehrt mich sehr, vor allem, weil ich ja weiß, was für ein heller Knopf er ist. Grüße ihn mal schön von mir, ja?

Und wie läuft es mit deinen schrägen Vögeln und ihrem Eigenleben?

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 10.6.2012

Liebe Saskia,

das mit deinen Auszeichnungen ist natürlich absolut super und verdient!

Wenn mein kleiner Neffe mich besucht, haben wir eine nette neue Gewohnheit. Ich koche Mittagessen und er liest dabei mir aus deinen gesammelten Werken vor. Wir schmunzeln uns so von einem Buch zum nächsten, immer finde ich einen Subtext für Erwachsene, und Poesie leuchtet fein auf zwischen Zeilen. Nun, wir haben noch einige Bände vor uns, denn so schnell liest er ja nicht. Und so oft ist er leider auch nicht da. Aber durchschnittlich drei Kapitel lang koche ich und höre zu, und dann wird gegessen.

Ja, ich habe meine Schreibstube wieder geöffnet.

Es ist immer eine Art Neueröffnung, wenn ich so lange unterwegs war wie in dieser ersten Jahreshälfte. Zunächst musste gründlich aufgeräumt werden, Papiere wurden geordnet und vor allem: Belege für die Steuer einsortiert. Nachdem ich das hinter mir hatte, haben relativ zügig neue Exposees, überarbeitete Geschichten und Bewerbungen die Stube über den Dienstboteneingang verlassen.

Und nun arbeite ich an meiner Geschichte, die ich aus der Türkei mitgebracht habe. Ich blicke ja von meinem Schreibtisch aus auf eine prächtige maigrüne Weide, Bambus und schwankende Pappeln, und ich höre jede Menge Vogelvieh durch die geöffnete Balkontür. Amseln singen zweistimmig, um es mit Sarah Kirsch zu sagen, und ich glaube sie sind schuld daran, dass schon wieder schräge Vögel in mein aktuelles Buchstabenprojekt eingezogen sind. Das war am Anfang so nicht geplant, Meine Ausgangsidee hat sich also erneut verändert. Aber die Figuren leben ja irgendwann und bringen dann die ein oder andere illustre Gestalt mit nach Hause.

Ich hoffe, du hattest einen schönen Kurzurlaub, klein aber fein?

Herzliche Grüße sendet dir Andrea

Saskia Hula

am 3.6.2012

Liebe Andrea,

Ja, das mit der eigenen Sekretärin, die man selbst ist, kann ich mir gut vorstellen! Seit mir der Wiener Stadtschulrat meine Lesereisen nicht mehr bewilligt, habe ich eindeutig weniger zu tun, dafür sollte ich ihm eigentlich dankbar sein ... Irgendwie bin ich es wohl auch. Dafür hat mich - ENDLICH - das Salzburger Literaturhaus eingeladen. Seit du mir erzählt hast, wie nett es dort ist, warte ich darauf! Und ausgerechnet in den Wiener Semesterferien fahre ich nächstes Jahr nun nach Salzburg. Das ist doch fein.

Mein letzter Monat ist im Luchs-Freudentaumel vergangen. Dass meine beste Bande so gut ankommt, ist einfach nur schön - vor allem, da es ja gar nicht so einfach war mit dem Text. Da haben gleich einige Verlage gemeint, diesen Text könne man leider nicht illustrieren und überhaupt wäre er für ein Bilderbuch nicht tauglich - nun, Ina Hattenhauer hat das Unmögliche hingekriegt und wie man sieht: Nicht nur irgendwie, sondern echt großartig! Ich freue mich schon darauf, mit ihr wieder ein Buch zu machen!

Auch sonst läuft alles eigentlich sehr gut. Ein anderer Text von mir (den übrigens auch einige Verlage als problematisch gesehen haben) hat eine sehr schöne Verlagsheimat gefunden, und so sehe ich jetzt schon dem nächsten Jahr mit Spannung und Freude entgegen.

Die Prinzessin auf der Erbse ist leider noch immer nicht geschrieben, jetzt wird es allerdings bald allerhöchste Zeit. Zum Glück führen wir ja gleich zwei Märchen auf, und wenigstens das Schneewittchen nimmt bereits wunderbare Formen an. Die Jungs in meiner Klasse haben sich für die sieben Zwerge so sehr begeistert, dass sie - äußerst untypisch für sie - ganz selbstständig ihren Text üben, und in ihren Zipfelmützen sehen sie auch wirklich allerliebst aus.

Hast du denn mittlerweile wieder in dein Schreibbüro zurückgefunden? Ich glaube, bei mir wird es erst wieder in den Sommerferien was mit dem Schreiben. Der Juni ist einfach nicht der richtige Monat dafür. Aber im Juli gehts los!

Alles Liebe!

Saskia

Andrea Karimé

am 22.5.2012

Liebe Saskia,

was heißt hier ernstnehmen?

Deine Sorge ist unnötig!

Ersten haben sich ja inzwischen in deine Schreibuntätigkeit heimlich die Erfolge gestapelt. Gratuliere zu allen Sensationen und Auszeichnungen!!!!

Zweitens bin ich gar keine Schriftstellerin mehr! Mein Leben hat nichts mit Schreiben zu tun. Es ist als wäre ich noch im Schuldienst und hätte Zeugnisphase. Oder eben in anderen Phasen, die Enerie verschlingen. Unmöglich! Da versucht man von der Schule loszukommen, um Texte zu machen und verbringt dann doch die meiste Zeit mit ganz anderen Dingen um Geld zu verdienen.

Das tu ich genau genommen damit, dass ich Lesereisen für eine Kinderbuchautorin organisiere. Vom Kofferein- und Ausräumen über Reisebegleitung und -logistik bis zur Korrespondenz und Abrechnung erledige ich alles. Eigentlich n cooler Dschob, blöd ist nur, dass die Autorin, die ich betreue, ich selbst bin. Oder umgekehrt, dass diejenige die mir alle organisatorischen Aufgaben bei meinen Lesereisen abnimmt, auch ich selbst bin.

Deshalb fällt das große dritte und eigentlich wichtigste Arbeitsfeld flach: Schreiben. Nur so ist auch zu erklären, dass ich dir noch nicht geantwortet habe. Dass ein ganzer Monat seit meinem letzten Beitrag vergangen ist... In Schreibphasen passen diese Briefblogtexte immer organisch dazwischen oder wachsen einfach zwischen zwei Zeilen heraus. Und ich habe auch immer etwas etwas zu sagen. Aber jetzt? Wüste auf der Schreibwiese! Du siehts also, als freiberufliche Schriftstellerin bin eher ich nicht ernstzunehmen. Zurzeit!

Denn nach Pfingsten wird alles anders!

Die Koffer werden weggestellt und die Schreibstube wird aufgemacht, frische Luft hineingelassen und zwischen den Zeilen wird renoviert und gebastelt. Der Stift wird dann hauptsächlich auf Schreibschienen fahren.

Aber das sind die heiteren Aussichten für den nächsten Blogbrief.

Herzliche Grüße von Andrea

Saskia Hula

am 30.4.2012

Liebe Andrea,

ach, du bist schon wieder weg! Drum ist es so still um dich herum! (Für dich fühlt es sich wahrscheinlich weniger still an ;-))

Herzlichen Glückwunsch zum durchgesetzten Titel! Der ist ja wirklich schön und macht neugierig! Wie lang ist er denn jetzt geworden? Wenn er richtig lang ist ... Dabei kommt mir dein Onkel Mustafa schon so lang vor!

Ich könnte heute einen wunderbaren Blog zum Thema "Wandertage und Lehrausgänge in Wien" schreiben, und ich bin auch ganz sicher, dass die Welt dringend diesen Blog braucht - ich jedenfalls hätte ihn bei der Planung meines heutigen Wandertages gerne gelesen, dann hätte ich mir den schlechten Spielplatz in der prallen Sonne gespart und wäre gleich zum guten gegangen ...

Außerdem könnte ich einen interessanten Blog zum Thema "Gärtnern im April" schreiben. Wobei mir einfällt: Wieso gibt es überall bereits seit Wochen Gemüsepflanzen zu kaufen, die man erst ab Mitte Mai ins Freie setzen darf? Ich meine, wer hat schon ein Glashaus? Ich habe jedenfalls frohgmut einen wunderschönen Kreis aus gelben Tagetes um mein Stachelbeerbäumchen gesetzt, die noch in der folgenden Nacht erfroren sind. Obwohl ich es hätte besser wissen müssen!

Aber das alles nur nebenbei. Selbstverständlich kann ich auch einen Blog zum Thema Kinderliteratur schreiben. Wobei ich gestehen muss: So zwingende Punkte wie bei den anderen Themen fallen mir da gerade nicht ein.

Meine schöne Idee vom letzten Mal habe ich fertig geschrieben und auch schon weggeschickt. Und neue Idee hab ich grad keine. Abgesehen davon hab ich auch überhaupt keine Zeit zum Schreiben. Nämlich zum Schreiben für die Öffentlichkeit. Ich muss ganz dringend den Text für die Prinzessin auf der Erbse schreiben, für meine Schulkinder! Ich muss fremde Texte begutachten, ich sollte ganz schnell einer Schulklasse antworten, die mir schon vor einem Monat (Oh, Schande!) 25 Briefe geschrieben hat, ich sollte auf Lesungsanfragen reagieren und dann brauche ich natürlich unbedingt neue Tagetes ...

Ich hoffe, du nimmst mich trotzdem weiterhin als Kollegin ernst! Sicher fällt mir bald wieder mal was ein.

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 22.4.2012

Liebe Saskia,

genau, Steuer ade. Das hat echt Zeit gekostet. Und Nerven.

Und nun pack ich schon wieder Koffer. Ist es denn die Möglichkeit? Das Kassler "Lesefieber" ruft mich und die Schulkultur in Sankt Gallen. Ein merkwürdiges Gefühl: Kaum zuhause angekommen, fährt man schon wieder los um einen Lesemarathon zu bestreiten. 23 Lesungen in 10 Tagen. Dabei auch so schöne Sachen wie eine Abendlesung für Eltern der Kinder, die ich am Tag "betextet" habe. Darauf freue ich mich besonders.

Inzwischen habe ich auch die neue Vorschau: Der Kinderkrimi mit dem schönen Namen :) "Janni und Win und das Verschwinden der Höckerbande" erscheint im Herbst. Mein erster Kinderkrimi und richtig lang. Ansonsten schreib ich ja lieber kürzere Texte. Ich brauch so lang bis was fertig ist:):)

Aber:
Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

Das scheint auch mein Motto zu sein. Allein an Schlüssen tüftele ich so sehr herum. Grad habe ich eine Radiogeschichte für den RBB fertiggestellt. Ich weiß im Prinzip genau, wann sie fertig ist und eben auch wann nicht. Und dann muss das Ganze immer wieder weggelegt werden und am nächsten Tag noch einmal überdacht, obwohl es sich nur um neun Seiten handelt. Keine besonders effiziente Methode, um dich zu ziteren. Na ja, immerhin hat die Geschichte gerade gesagt: Ich bin fertig!

Jetzt kann es weitergehen im aktuellen Manuskript. Die Zeit unterwegs nutze ich um alte gute Freunde zu treffen und die Geschichte immer wieder zu lesen und in meinem Kopf kreisen zu lassen.

Deine Glückssträhne ist toll und inspirierend und ich wünsche noch weitere Glücksträhnen aus Gold und aus Silber in deine Buchstaben gewirkt.

Deine Andrea

Saskia Hula

am 14.4.2012

Liebe Andrea,

Ich hoffe, du bist guter Dinge aus deinem Steuerberg auf- und in das gesellschaftliche Leben in Deutschland eingetaucht!

Schön hast du das gesagt, mit den Ideen, die in den Notizbüchern schlafen und auf den Frühling warten! Da haben wir also einen schönen, großen Komposthaufen im Kopf. Ich sehe die Kürbisse schon sprießen ;-)

Ich sitze gerade an einer Geschichte, die sich ziemlich langsam, aber stetig weitererzählen lässt, jeden Tag ein kleines Stück mehr. Leider hab ich gar nicht jeden Tag Zeit für sie, aber sie nimmt es mir zum Glück nicht übel und ist immer brav da, wenn ich komme. Die ersten Sätze dafür sind übrigens auf unserem Seminar in der Türkei entstanden. Mittlerweile hat es sich für mich wirklich bewährt, Anfänge aufzuschreiben, wie sie gerade daherkommen und sie dann immer wieder mal zu betrachten, ein bisschen weiterzuspinnen und irgendwann fertigzuschreiben. Das ist - ein wirtschaftlich gesehen - jetzt keine besonders effiziente Methode, aber sie fühlt sich sehr gut an. Dazu gibt es übrigens ein schönes afrikanisches Sprichwort: "Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht." Das passt ja auch irgendwie zum Komposthaufen im Kopf.

Ich hatte diese Woche eine richtige Erfolgssträhne. Zuerst hab ich erfahren, dass meine beste Bande bereits nach 3 Monaten nachgedruckt wird, außerdem bekomme ich wunderschöne neue Autogrammkarten und schließlich und endlich kam gestern eine wunderschöne Rückmeldung von einem Verlag zu einer Geschichte, und so was ist doch immer einfach nur schön und ein Grund, stillzuhalten, dreimal zu lesen und sich zu freuen.

Ja, und nächstes Wochenende halte ich wieder mein Kinderbuchseminar ab, davor habe ich noch Lesungen, das wird also eine echte Kinderbuchwoche. Außerdem bin ich in der Vorbereitung des Theaterstückes, das ich dieses Jahr mit meiner Klasse aufführe, diesmal werden wir ein Märchen spielen, oder sogar zwei, damit möglichst viele Mädchen ihr Prinzessinnenkostüm anziehen können.

Ich habe also, wie ich gerade feststelle, jede Menge zu tun und mach mich deswegen gleich mal an die Arbeit.

Arbeitssame Grüße und Alles Liebe!

Saskia

Andrea Karimé

am 4.4.2012

Liebe Saskia,

ja, ich bin wirklich wieder in Deutschland. Zumindest, wenn man den Blätterhaufen namens Steuern Deutschland nennen möchte, denn in diesem halte ich mich zur Zeit auf. Wenistens raschelt es hübsch hier unterm Papier.

Kaum angekommen, wurde ich also mit Pflichten und Unerledigtem sowie schlechtem Wetter belästigt. Unglaublich! Als ob man mit Kofferauspacken und Wohnung bedampfen nicht schon genug zu tun hätte...

Aber ich bin dennoch guter Dinge, habe die ganzen Wiedersehensfreuden hinter mir und meinen Kommentar für ein Literaturmagazin fertig. Diesen und jenen Blogbeitrag geschrieben und Unterlagen sortiert. Wenn ich irgendwann aus dem Blätteruntergrund wieder auftauchen sollte, setze ich mich an die Vorbereitung der Lesereisen des Frühjahrs und die Bearbeitung der Radiogeschichte für den Advent.

Gänzlich unbeachtet schlummern derweil noch Material und Ideensammlung aus Istanbul. Ich lasse alles in Notizbüchern schlafen und hoffe, dass es, durch Träume angereichert, irgendwann im Mai zu einem schönen neuen Buch erwacht oder auch zu zwei neuen Büchern. Am besten ganz ohne mein Zutun:) Es ist eine Art Kompostieren der Zeit mit gesammelten Geschichten- Wörtern. Geduldiges Nichtstun ist nun angesagt.

Schön, dass dein Erstleser ein gestaltetes Bilderbuch wird. Es gibt ja kaum eine schönere wertschätzendere Umgebung für einen Text.

Ich freu mich drauf. Warten wir also auf den Geschichten-Frühling.

Alles Liebe von

Andrea

Saskia Hula

am 27.3.2012

Liebe Andrea,

Dann bist du also endlich wieder zu Hause! Das war ja echt eine lange Zeit in Istanbul. Da ist dann wahrscheinlich die Umstellung auf zu Hause auch schon wieder schwierig ...

Hier ist der Frühling ausgebrochen, und diese Umstellung ist überhaupt nicht schwierig, finde ich. Das ist überhaupt die beste Zeit im Jahr, finde ich - wenn der ganze Frühling und der ganze Sommer noch vor einem liegen und man sich noch über jedes einzelne grüne Blatt freut!

Ich habe gerade eine sehr schöne Nachricht bekommen - eine ganz kleine Erstlesegeschichte, die eigentlich ein unscheinbares Taschenbüchlein hätte werden sollen, bekommt nun so schöne, liebevolle Bilder, dass der Verlag spontan das Format geändert hat, und nun wird es ein richtig gebundenes schönes Buch im Format deiner "Zauberstimme"! Hätte ich das beim Schreiben gewusst, hätte ich natürlich eine viel anspruchsvollere, kompliziertere, subtilere Geschichte geschrieben! Da ich es aber nicht wusste, habe ich mich erstmals ausschließlich auf das Lesenlernen konzentriert und was ein Kind am Anfang so lesen kann und so ist es eben - naja, was soll ich sagen, eine richtige schlichte Erstlesegeschichte.

Wobei ich schlichte Erstlesegeschichten ja äußerst sinnvoll finde. Ach, ich liebe diese kleinen Verlage, die die Freiheit haben, ihre Formate zu ändern, wie es ihnen gerade einfällt. Die keine Lektorenkonferenzen brauchen, sondern nur ein Gespräch. Und die jetzt erst ihr Frühjahrsprogramm 2013 planen. Da finde ich den ganzen Buchmarkt irgendwie erträglicher.

Letze Woche habe ich übrigens einen tollen Vortrag gehört, von Gabriele Hoffmann aus Heidelberg, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, eben Vorträge über Kinderbücher zu halten, die - man staune und höre! - gut für Kinder sind. (Nicht gut fürs Geschäft, nicht gut für die Verlage, nicht gut für sonstwen, nur gut für die Kinder) Da waren da auch ganz alte Bücher dabei - der Maulwurf Grabowski zum Beispiel und die Henriette Bimmelbahn. Aber auch neue. Viel Gereimtes, viel Rhytmisches. Ich habe gleich ganz furchtbar viele Bücher gekauft - insofern tun diese Vorträge dem Buchhandel ja doch wieder gut. Und meinem Glauben an das Gute im Menschen auch.

So, ich mach jetzt mal Schluss, bevor ich mich in Rage rede. (Denn sonst muss ich dir jetzt noch von der GROTTENSCHLECHTEN Ausstellung erzählen, die ich heute im Wiener Kindermuseum mit meiner Klasse besucht habe - eine Ausstellung, bei der man den Glauben an die Menschheit und eine positive Zukunft innerhalb weniger Sekunden verliert, so grauenhaft, so dämlich, so billig, so sinnlos, so schädlich ... Und dafür werden meine Steuergelder verwendet! Ich kriege da echt die Krise!!!)

Alles Liebe!

Saskia

Andrea Karimé

am 19.3.2012

Liebe Saskia,

ich probier Tage auch nur noch an, keiner passt wirklich!

Ein sehr schönes Bild, auf einen Kleiderhaken gehängt wirkt es in meiner Istanbuler Wohnung hoffentlich Wunder.

Denn hier ist die Schreiblosigkeit ausgebrochen. Eigentlich schreibe ich ja sogar, aber nur Ideen und Notizen usw. Und ansonsten kann man endlich vernünftig durch die Stadt; es wird warm. Grad in meiner letzten Woche. Der Winter war hier so hart, dass jeder Sonnentag nun boshaft kichert. Also gut! Ich hör nicht hin. Es war wirklich ein Norweger Winter hier. Soviel Schnee und Eis hab ich selten erlebt.

Mit den Abrechnungen ist echt nicht immer nur gut Kirschen essen. Meistens rechne ich automatisch den Stundenlohn aus und lache, und dann frage ich mich warum ich das eigentlich alles mache. Ja, warum eigentlich? Ich denk mal drüber nach :)

Hier versuche ich alles zu einem einigermaßen runden Abschluss zu bringen: Die Recherche, die erste Fassung und die Türkischprüfung. Letzteres ist wirklich die größte Herausforderung. Es hat aber im Prinzip sehr viel mit meiner Arbeit als Kinderbuchautorin zu tun. Tatsächlich regnet es immer Ideen wenn ich eine neue Sprache lerne oder beim Reisen. Darauf kann ich mich verlassen. So auch heute im Museum für islamische Technik und Wissenschaft. Die Exponate haben wahrlich zu mir geredet, deshalb viele Notizen heute. was echt schön ist. Morgen seh ich mal, ob das die Fertigstellung der ersten Fassung begünstigt. :) Zumal ich morgen auch noch die Schatzkammer besuchen will. Mit dem Riesendiamanten. Ha!

Ich freu mich auch, dass ich noch eine alte Dame Tierschützerin besuchen darf, die mir von ihrer Arbeit hier erzählen will. Ich glaube, dass ich dann mit Schwergepäck, zumindest was Ideen anlangt, nach Hause reise.

Und natürlich hab ich eine echt schöne Perspektive, im Mai zur Preisverleihung nach Gleisdorf fahren zu dürfen (jetzt ist es ja offiziell!!) und dich dann in Wien zu besuchen.

Ha!

Dann werd ich auch endlich das arme extrasüperniedliche Kringelchen trösten. (Und dich um die vielen Neuerscheinungen beneiden:))

Alles Liebe

Andrea

Saskia Hula

am 13.3.2012

Liebe Andrea,

oh, wie bin ich im Verzug! Wo geht nur die Zeit hin? Ein Tag nach dem anderen verschwindet im Rachen der Vergangenheit, neue Tage werden herausgerissen, kurz mal anprobiert und dann sind sie auch schon wieder weg.

Ich habe in der Zwischenzeit doch noch die Disziplin aufgebracht, meinen eh schon fast fertigen Kinderroman ganz fertig zu schreiben und abzuschicken. Das ist ja immer ein spannender Moment, wenn man einen Text aus der Hand gibt. Danach wollte ich gleich weiterschreiben, ich hatte sogar eine gute Idee (ich habe sie immer noch, zum Glück!), aber aus unerfindlichen Gründen habe ich sie noch nicht umgesetzt. Na, das werde ich dann in den nächsten Tagen (Wochen, Monaten) gleich machen.

Mittlerweile sind alle drei Neuerscheinungen von mir da, heute habe ich das letzte Päckchen mit Belegexemplaren bekommen, den 3. Band von Löwe und Maus, der ist wieder sehr schön geworden, vor allem das unglückliche Schaf schaut wirklich süß aus.

Ende März ist ja eine gute Zeit für Autoren, finde ich, da freut man sich noch immer auf die Abrechnungen, auf die man seit Anfang Jänner wartet (letztes Jahr habe ich tatsächlich eine im Jänner bekommen!), und Vorfreude ist ja - auch was diese Abrechnungen betrifft - manchmal die größte Freude;-) Jetzt heißt es der Wahrheit ins Gesicht schauen, und als positiver Mensch habe ich dabei nur zwei Optionen: Entweder ich freue mich darüber, dass ich so viel Geld kriege oder ich freue mich darüber, dass ich nächstes Jahr so wenig Steuern zahlen werde. (Im Moment schaut es eher nach einen steuerfreundlichen Jahr aus!)

Bei dir neigt sich deine Zeit in Istanbul ja auch langsam dem Ende zu! Hattest du denn eigentlich was vom Süden? Deine Wetterberichte haben irgendwie nicht viel anders geklungen als die meines Töchterleins, das ja in Norwegen ist. Also ich hoffe, du kriegst noch ein paar richtig tolle Frühlingstage am Meer! Bei uns soll der Frühling jetzt jedenfalls kommen, und das ist doch großartig. Ich muss nur noch das Schlupfloch zwischen Winterschlaf und Frühjahrsmüdigkeit finden, dann steht einem lebendigen, spannenden April nichts mehr im Wege ...

Liebe Grüße!

Saskia

Andrea Karimé

am 3.3.2012

Liebe Saskia,

hier regnets immer noch, und der Himmel schimmert grün wie Kinderschnupfen. Ich überleg noch mal ans Meer zu fahren, wo es auch momentan ein paar Grade wärmer ist. Hier ist es saukalt, während Nordeuropa schon Frühling spielt.

So regnets auch zwischen meine Buchstaben, und prompt habe ich mich erkältet. Die Schreiberei fällt also ins Regenwasser, wo ich sie ab und an hervorhole, bis zum nächsten Kopfschmerzschub.

Ich bin aber sowieso noch am Recherchieren, Sammeln und Kompostieren von Ideen. Nächste Woche lese ich einen Teil des Manuskripts in der Deutschen Botschaftsschule vor und diskutiere mit ihnen die zentrale Erfindung im Buch. Zu dieser hat mich eine junge Künstlerin angeregt, die ich hier in Istanbul kennen gelernt habe. Wir hatten ein Werkstattgespräch mit Kaffee und sehr Süßem über ihre Arbeit, und da sind mir gleich mehrere Ideen gekommen. Das war der Wahnsinn. Ihre Arbeiten passen auf wunderbare Weise, aber von einem ganz anderen Ende aufgezogen zu meinen.

Auf die Diskussion mit Kids über meine Erfindung bin ich schon sehr gespannt. Einen Plot habe ich noch immer nicht, was nichts Ungewöhnliches ist. Ich gehöre auch nicht zu den Schreibern wie beispielsweise Irving, der den letzten Satz eines Buches wissen muss, bevor er beginnt. :)

Eine Schreibwoche fände ich fein, auch das tagsüber arbeiten und abends vorlesen wäre super. Ich hab überhaupt nicht genug davon, und könnte im Sommer gleich weiter machen. Schon grad wenn du dabei bist:). Im August hab ich Zeit, im Juli auch, aber eine Woche geht schon für Singen drauf.

Zum Thema ödes Kinderbuchseminar: Da fühl ich mich, glaube ich, fehl am Platz, es sei denn es wäre für Profis. Ha!

Für deinen Roman wünsch ich dir Geduld, allerdings sind auch Ablenkungen manchmal sinnvoll.

Alles Liebe sendet Andrea

Saskia Hula

am 27.2.2012

Liebe Andrea,

Na, da bin ich ja beruhigt, wenn du mittlerweile so gut aufgehoben bist zwischen Künstlern und Hunden!

Mein Roman - welche Überraschung! - ist leider doch noch nicht ganz so fertig wie es vielleicht geklungen hat. Oft sind es ja die Feinheiten, an denen man noch ewig sitzt und vor sich hinseufzt ... Und irgendwie kommen mir ständig Dinge dazwischen, die spannender, einfacher oder gemütlicher wirken als diese Überarbeitung. Aber das wird schon noch.

Hast du übrigens wieder Lust auf eine Schreibwoche diesen Sommer? Ich bin gerade am Überlegen, wie ich es am liebsten hätte. So ein richtiges Seminar mag ich, glaub ich, nicht mehr machen. Mir gefallen am besten die Zeiten, wo sich mehrere Schreibende einfach zusammentun, tagsüber schreiben und am Abend vorlesen. Da komme ich dann auch echt weiter, weil ich mich darauf konzentriere und ganz einfach an etwas arbeite.

Die Textmanufaktur Leipzig bietet ja im Oktober ein Kinderbuchseminar in München an, was für mich ganz praktisch wäre. Aber andererseits hab ich gar keine Lust auf ein Seminar, bei dem ich irgendetwas abgeben und besprechen muss - ich will viel lieber dort schreiben! Und zu den meisten Seminarleitern hab ich ja sowieso ein gestörtes Verhältnis, wie du weißt;-) (Wobei Andre Hille aus Leipzig zu den wenigen Ausnahmen zählt! Der ist nämlich echt nett!)

Also, was ist mit dir? Oder hast du nach deinem Stipendium erstmal genug vom Schreiben? Und vom Wegsein? Aber so lang bist du ja gar nicht in Istanbul, oder? Bis Mitte April, soviel ich weiß. Naja, überleg es dir. Ich schau mir jetzt mal den Text an, den du mir geschickt hast.

Alles LIebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 21.2.2012

Liebe Saskia,

ein Roman in zwei Tagen ist echt fein. Gratuliere. So soll es immer sein. Ich kenn das mit den liegen gebliebenen Sachen. Manche sind wie Wein, werden durchs Liegenlassen einfach besser. Manche! Leider habe ich aktuell nichts was liegen geblieben ist, muss immer alles einfach schnell raus; zumindest ist das mein Gefühl.

Keine Sorge: Dass ich deine Postings so schnell beantworte, liegt einfach daran, dass ich so viel Zeit zum Schreiben habe, und sich die Eindrücke hier immer aufdrängen. Ganz so einsam ist es nicht. Hier im Atelierhaus ist noch ein anderer Kölner Dichter, mit dem das obligatorische Nach-der-Arbeit- Bier eingnommen werden kann. Auf nette Weise, am Galataturm, wo man unter einer Freiluftheizung den Platz beoabchten kann und die Hunde. Es sind mittlerweile übrigens vier. Ein Zwillingshundepaar kam noch dazu, keine Straßenhunde; sie gehören zu einem Klamottenladen und haben dort einen Königsteppich, auf dem sie draußen liegen.

Desweiteren wohnen noch andere nette Künstler im Haus; zum Beispiel beschäftigt sich eine Düsseldorfer Künstlerin mit Astronomie und geheimnisvollen Astrolabien, die sie als Anregungen für ihre vielfältige Arbeit nimmt. Nach einem Werkstattgespräch mit ihr hatte ich gleich zwei Kinderbuchideen...

Regelmäßig gibt es auch gemeinsames Abendessen. Also ganz so schlimm ist es nicht hier.

Da ich Besuch aus Köln hab, musstest du ja nun auf diese Zeilen warten, den prompt hab ich nicht mehr so viel Zeit. Und ich tu nichts außer Türkisch - Vokabeln lernen und sightseeing.

Heute gehen wir in eine kleine byzantinische Kirche und fahren mit dem Fährschiff nach Asien :) Das Wetter lockt auf die Prachtwasser von Istanbul, und die sind wirklich der Glanz der Stadt.

Übrigens heißt der Junge tatsächlich eigentlich Otto, das zweite t hat sich aber im Rahmen seiner ersten Sprechversuche verloren. Und (ganz und gar nicht) zufällig :) bedeutet das Wort Oto "Ton". Es ist aus dem Japanischen und Yoko Tawada, eine meiner Lieblingsautorinnen hat mich darauf gebracht. In ihrem Buch "Schwager in Bordeaux" kommt ein Mann namens Otooto vor. Doppelton. Zweiton. Tonton.

Ab Donnerstag sitze ich dann wieder am Schreibtisch und suche den Esel. Ich seh schon, ohne ihn in der Geschichte wird es eine traurige Saskia geben. Das kann ich ja nicht zulassen:)

Herzliche Grüße aus dem sonnengefüllten Istanbul,

Andrea

Saskia Hula

am 15.2.2012

Liebe Andrea,

ich habe gerade einen Roman geschrieben! Und zwar in zwei Tagen.

Das kam so: Ich habe ja die Ehre, die diesjährige Dixi-Kinderliteratur-Preisträgerin als Tutorin zu betreuen. Was ich übrigens auch in meinen faulen Ferien gemacht habe, indem ich ihr Manuskript gelesen und dann nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen und wieder zusammengeflickt habe. (So schlimm war es hoffentlich nicht; ich bin mir jedenfalls sehr konstruktiv dabei vorgekommen und hatte außerdem den Eindruck, dass ich eine ganze Menge dabei gelernt habe!)

Nun, während ich mich also mit diesem Mädchenroman für Zehnjährige beschäftigt habe, ist mir so ganz leicht gedämmert, dass ich doch ein nicht so unähnliches Manuskript in den Untiefen meines Computers gespeichert habe; Mädchen, 10jährig, Thema Freundschaft.

Also hab ich es gesucht. (Es ist ungefähr 5 Jahre alt) Und festgestellt, dass es drei Versionen gibt. Die erste - etwas zögerlich und unfertig. Die dritte - etwas kompliziert und ebenfalls unfertig. Aber die zweite! FERTIG und gar nicht so übel. Naja, natürlich etwas überarbeitungswürdig.

Aber da ich ja gerade alle Regeln der Kunst für die Überarbeitung festgelegt hatte, war das nicht besonders schwierig. Ich habe einfach Unmengen von Adverben gestrichen, aus den meisten ALS-Sätzen Hauptsätze gemacht und alles rausgehaut, bei dem ich mich als Leser leicht verkrampft habe.

Und jetzt habe ich einen ziemlich fertigen Kinderroman, von dem ich gar nichts mehr wusste! Ist das nicht unglaublich? Das Wunderbare daran ist, dass ich das gleiche in ein paar Jahren vielleicht auch mit meinen anderen Roman-Versuchen machen kann! Ja, Distanz kann Wunder wirken. Bei mir muss es offensichtlich eine Distanz von mehreren Jahren sein. (Ich habe das schon einmal erlebt, mit einer ziemlich verkorksten Hundegeschichte. Als ich die nach ein paar Jahren gelesen habe, ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen: DIE PERSPEKTIVE STIMMT NICHT! Das war echt ein Klacks zum Ändern!)

So, genug der egozentrischen Euphorie! Ich wünsche dir sieben weitere Sonnentage und einen Esel vors Fenster! Und finde es großartig, dass du dich wirklich mit dieser merkwürdigen Sprache anlegst, die bei mir in der Klasse fast alle sprechen und von der ich trotzdem nie mehr als "öretmen" verstehe.

Dass du meine Einträge immer so schnell beantwortest, lässt mich ja ein bisschen fürchten, dass du doch ein wenig vereinsamst - aber Einsamkeit ist vielleicht das Schicksal großer Künstler, also tu dir nichts an, Du bist eben eine große Künstlerin, und in Kürze ist Mai und du kommst nach Wien und ich freu mich jetzt schon furchtbar darauf!!!

Alles Liebe und die allerherzlichste Gratulation zum Wolken-Oto (wieso eigentlich nicht Otto???)

Saskia

Andrea Karimé

am 11.2.2012

Liebe Saskia,

schreibtechnisch interessanter? Ah so :)

Allerdings klingt das was du von Ein- und Ausräumen und Ofen und Apfelkuchen schriebst, sehr sehr gemütlich. Was übrigens ein schöneres Wort als faul. Und ich find nichts Schrecklicher, als wenn es immer gleich nach einem Buch ans Nächste geht. Ich finde, man sollte sich auch Zeit nehmen, sich am neuen Buch zu erfreuen.

Ich mach aber auch grad mal eine Pause:) Lerne höchstens Vokabeln und lese und laufe durch die Stadt. Heute gucke ich mir die Arbeiten der Kunstkollegin aus dem Haus an. Und gehe auf den Wochenmarkt.

Aber ja, meine Wolken-Oto Geschichte ist endlich fertig und wird am 10.11.12 in der Philharmonie Luxemburg uraufgeführt. Das ist schon echt toll. Ich habe aber gerade das Gefühl, dass "schreibtechnisch " eine Sensation die nächste jagt. Und ich kaum zur Puste komme. Geschweige denn, Zeit zu haben, mich über eine Sache mal richtig ausgiebig zu freuen.

Inzwischen habe ich tatsächlich mit dem Fräulein Dill angefangen. Und es macht sehr viel Spaß. Ich kann mich momentan nur nicht entscheiden, ob ich es episodenhaft anlege, oder doch wieder einen fortlaufenden Erzählfaden. Deshalb hab ich es mal beiseite gelegt. Episoden find ich auch sehr schön, aber dabei hab ich schnell das Gefühl, dass es eintönig wird.

Der Esel ist zwar noch nicht da, aber dafür ein Hund. Wie die sich immer in meine Geschichte bellen, neuerdings...

Zwischen Geschichte und Korrespondenzen lerne ich normalerweise, (wenn ich nicht Pause mache:)), das widerspenstige und wunderschöne Türkisch und höre auf die Möwen, den Muezzin und die heiseren Hupen der Fährschiffe. Ja, der Bosporus ist nur 10 Minuten zu Fuß entfernt. Genauso weit ist es zum Fischmarkt und zur Galatabrücke. Um Espresso kaufen zu können, muss man schon länger laufen. Fast zwei Stunden brauchts zu Fuß hin und zurück um in einen französischen Supermarkt zu kommen. Heut morgen war es dabei so eisig, dass ich mich ziemlich verkühlt hab.

Liebe Saskia, ich wünsch dir natürlich einen Bandenbuchbestseller und weiterhin viel Freude und Gemütlichkeit zwischen Ofen und Schnee.

Herzliche Grüße aus dem heute sehr sonnigen Istanbul sendet dir

Andrea

Saskia Hula

am 9.2.2012

Liebe Andrea,

Das Frohe Schreiben und Leben im Schnee hat sich in ein ausschließliches Leben neben dem Ofen verwandelt! Ich habe keinen Buchstaben geschrieben, ich mache Ferien, räume Schränke aus und wieder ein, backe Apfelkuchen, sehe den Vogerln an meinem Futterhäuschen zu, lege Holz nach und lese. Das ist alles.

(Bei dieser Gelegenheit möchte ich das Buch "Was machen wir jetzt?" von Doris Dörrie empfehlen - ich habe es vor etwa 10 Jahren gelesen und toll gefunden, und jetzt habe ich es wieder gelesen und wieder toll gefunden. Das ist nicht selbstverständlich!)

Kurz bevor ich ins Burgenland gefahren bin, habe ich noch 20 Prachtexemplare meines neuen Bilderbuches "Die beste Bande der Welt" bekommen, und von denen trage ich jetzt eines ständig bei mir, weil es mich so freut, wie schön es geworden ist. Außerdem hat mir eine Buchhändlerin bereits versichert, dass sie es bereits EIN PAARMAL verkauft hat (das war etwa 2 Tage nach dem Erscheinen!), und insofern habe ich eine echte Chance auf einen Bestseller, der ja bekanntlich schon ab einer Verkaufszahl von 100000 beginnt.

Wahrscheinlich hat mich deswegen auch die Faulheit so überfallsartig übermannt. Ich lasse jetzt erstmal meinem beginnenden Bestseller den Vortritt und mische mich nicht schon wieder ein. Außerdem brauche ich das bisschen Kreativität, das ich aufbringen kann, dafür, dir zu schreiben, damit wenigstens du etwas Sinnvolles erzählen kannst, denn du erlebst ja, rein schriftstellerisch gesehen, im Moment deutlich mehr als ich.

Ich hoffe, du bist jetzt endlich bei dem angelangt, wofür du dein Stipendium bekommen hast, denn ich bin schon sehr gespannt auf den Esel mit den Büchern! (Aber vielleicht wird es ja jetzt - in Ermangelung eines Esels - ein türkischer Hund mit Büchern? Wäre doch auch überlegenswert!)

Und ich hoffe, du bist gegen die Eiseskälte in Istanbul gut gewappnet! Mit der rechnet man ja wohl eher nicht, wenn man in die Türkei fährt, selbt wenn es Februar ist! Lass dich also nicht unterkriegen, zieh dich warm an und fühle dich großartig, weil du so mutig bist, ganz allein in der Fremde und so!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 30.1.2012

Liebe Saskia,

Sittiche sind immer gut. Und in Verbindung mit einem Fundbüro schleudern sie einen angenehm weit weg von rosa Prinzessinen:). Und was die neue Selma angeht: Frag lieber erstmal nach. Allerdings wäre ein positiver Bescheid auch nicht wesentlich verbindlicher, oder?

Die ersten Tage hier in Istanbul sind sehr produktiv gewesen. Das Buch ist, wie du weißt, eh fertig und ich hab schon erste Illustrationen gesehen. Sehr sehr schön, nur könnten sie hier und da meines Erachtens noch "gefährlicher" werden. Mal sehen.

Dann hab ich noch was für den Hörfunk gemacht, was nun ebenfalls fertig ist, und jetzt sitze ich an meiner ersten wirklich tollen Auftragsarbeit,

(flüster: du siehst: ich bin immer noch nicht bei dem Projekt, für das ich das STIP bekommen habe!)

bei der Musik eine wichtige Rolle spielt. Die Geschichte ist auch fast fertig, gibt mir allerdings für den Schluss ein Rätsel auf. Oder eine Nuss zu knacken. Also arbeite ich an Kleinigkeiten (wie zB der Klitzekleinigkeit Sprache:)) und warte auf den Zauber, der alle Fäden einer Geschichte wie immer zusammenführt. Das ist fast spannend. Irgendwann löst sich das, aber ich weiß noch nicht in welcher Form und wann.

Zwischendurch übe ich Chormusik und lerne Türkisch, damit ich nicht wieder den falschen Käse kaufe und etwas mehr als Danke und gut sagen kann! Mein offizieller Kurs beginnt heute und da muss mich mich schon recht hinzwingen, weil es so arg schneit. Richtige Eier aus Schnee liegen auf den Holunderbuschblättern gegenüber!

Die Hunde sind sehr müde bei der Kälte. Und haben Federn aus Schneeflocken. Sie sagen iyi aksamlar - guten Abend - selbst am Morgen. Meistens seh ich auch nur den einen.

Görüsürüz und gute Besserung und frohes Schreiben und Leben im Schnee

wünscht dir Andrea

Saskia Hula

am 30.1.2012

Liebe Andrea,

Schneepause habe ich aufgrund von mangelndem Schnee nicht gemacht, dafür aber Grippepause. Über eine Woche bin ich zu Hause gesessen und habe zuerst vor allem gestöhnt, geächzt und gehustet und mich dann in zunehmendem Maße gelangweilt.

Zum Glück hat mein Freund mich gebeten, einen Geschäftstext zu redigieren. Und zum weiteren Glück hat der Briefträger ein Manuskript gebracht, für das ich vom Dixi-Kinderliteraturpreis als Tutorin ausgewählt wurde, das ich also lesen und beurteilen und mit Änderungsvorschlägen versehen sollte..So konnte ich mich wenigstens ein bisschen mit Texten beschäftigen, ohne auch nur eine klitzekleine eigene Idee zu haben. (Mein Onkel hat ja gemeint, das wäre doch sehr praktisch, wenn ich in Krankenstand bin, da könnte ich ja ein neues Buch schreiben ... Haha, so ist es ja doch nicht.) Ja, und dann haben zum Glück natürlich ganz liebe Freundinnen angerufen und sich nach meinem Befinden erkundigt. Das hilft auch immer, solche Zeiten zu überstehen;-)

Aber nun krieche ich langsam wieder heraus aus meiner Grippehöhle und werde die letzten Hustenreste abwerfen wie ein Schmetterling seinen Kokon (merkst du, wie lyrisch ich schön langsam werde;-)) Und dann heißt es erstmal Zeugnisse schreiben, denn bei uns sind in ein paar Tagen schon wieder Ferien! Ich fahre wieder ins Burgenland, diesmal sagt der Wetterbericht eiskalt voraus und vielleicht sogar Schnee. Das wäre natürlich genau das Richtige zum Schreiben. Dann brauche ich nur noch in meine Anfangssammlung zu greifen, und dann geht es auch schon los. Ich habe die Wahl zwischen einer sehr rosaroten Prinzessin mit Glitzer, einem Fundbüro, einem Wellensittich (aber bei dem fehlt mir noch alles außer der Idee, das macht es ein bisschen schwierig - vielleicht findest ja du den Anfangssatz?) und einer neuen Selma-Geschichte (von der ich eigentlich gar nicht weiß, ob der Verlag sie will; das sollte ich vorher vielleicht noch feststellen)

Ich hoffe, deine beiden Hunde sind inzwischen etwas kooperativer geworden und bringen Geschichten wie Stöckchen! Und außerdem hoffe ich, dass der Schimmel sich beleidigt zurückzieht, wenn du ihn lange genug ignorierst!

Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt auf deinen neuen Istanbul-Bericht!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 22.1.2012

Liebe Saskia,

als ich in Istanbul ankam, schneite es gerade. Ich rollte meinen Koffer durch freundlich belebte Nachtstraße, denn der Taxifahrer kannte die Adresse nicht. So ließ ich mich also zum Galata Kulesi (Galataturm) bringen und bin von dort gelaufen. Wie gut, dass ich im Sommer schon mal hier war und mir alles angeschaut habe, gell?

Das Atelier ist sehr schön und vor allem warm. Meine Nachbarin erzählte mir, dass zwei Tage zuvor in ganz Istanbul der Strom ausgefallen war und zwar richtig lang. Der Vermieter brachte schon spezielle Decken überall hin und die alten Herren spielten Tawla bei Kerzenlicht in den Cafés der schwarzen Straßen.

Das klingt zwar alles sehr romantisch, aber ich war doch froh, nicht dabeigewesen zu sein! Ich habs lieber warm...

Ob die Wand, die so verdächtige braunblaue Flecken hat, bei starkem Regen trocken bleibt, ist unwahrscheinlich. Bei der Nachbarin hats einen richtigen Sporengarten an der Wand wie Streuselkuchen. Nun ja!

Die zwei Hunde saßen einen Tag später schon wie bestellt auf den Treppen zum Turm. Der eine ganz oben, der andere zwei Stufen tiefer. Sie ließen sich Sonne auf das Fell kippen und nahmen keine Notiz von meinen Befehlen: Los, bringt mir Geschichten. Einen Türkischkurs fange ich nächste Woche an. Ist auch wirklich wichtig, denn mit Englisch kommt man hier nicht besonders weit. Ein Piano werde ich dafür hier haben, ist das nicht toll? Da kann ich meine Chormusik üben, zur Freude der mindestens zwanzig Katzen, die zu meiner Straße gehören.

Auf dem Schreibtisch hab ich erst einmal nur eine Kolumne und eine Radiogeschichte geschrieben. Die "richtigen" Dinge kommen erst jetzt. Mein Buchprojekt hat nun drei Teile und ist eine echte "heimliche Trilogie".

Deine Geschichtenerzählergeschichte und ihre Entstehung klingt spannend. Deine Beschreibung macht richtig Appetit und Neugierde. Man wartet ja richtig drauf, dass das Buch endlich in den Handel kommt. Und weiß natürlich, dass das wahrscheinlich ja noch dauert...

Und was kommt jetzt? Oder machst du erstmal Pause. Schneepause?

Liebe Grüße sendet dir Andrea

Saskia Hula

am 14.1.2012

Liebe Andrea,

das hast du aber richtig gut hingekriegt - ein Buch fertig schreiben, dann ab nach Istanbul, wo bereits das nächste aufgeschlagen wird ... Eine Stadt wie Istanbul ist ganz sicher sehr inspirierend, da laufen einem die Wüstenmäuse sicher nur so in Scharen nach.

Ich habe die Weihnachtsferien genützt, um meine "Geschichte vom Geschichtenerzähler, dem die Geschichten ausgegangen waren" fertig zu schreiben. Das war zuerst ein bisschen schwierig, weil ich genauso planlos war wie der gute einfallslose Geschcihtenerzähler; dann wurde es langsam spannend und schließlich ganz schön langwierig, weil ich eigentlich dauernd das Gefühl hatte, nur noch ein einziges Kapitel zu brauchen ... und noch eines ... und noch eines ..., während die Geschichte selbst immer länger und verflochtener wurde. Aber am Ende waren alle Fäden zu einem schönen Muster verstrickt, und ich war hochzufrieden.

Das ist überhaupt die Zeit, in der ich meine Geschichten am allerliebsten mag. Da gehören sie noch ganz allein mir, keiner redet mir drein und findet, ein kleiner Dialog am Anfang oder ein bisschen mehr Action am Ende wäre nett ... (Dabei bin ich ja ziemlich sicher, dass ich die nettesten und unaufdringlichsten Lektorinnen auf der ganzen Welt habe)

Ich bin sehr gespannt, wie sich Istanbul im Jänner anfühlt! Und was du so erzählst ... und ob du die beiden Hunde findest ... und welche Rätsel dir die türkische Sprache so aufgibt und wie du sie löst!

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 9.1.2012

Liebe Saskia,

die Musik und das Schreiben gehören für mich ebenfalls zusammen, auch wenn ich noch nicht genau formulieren kann, welche Verbindungen ich da ziehe. Zu sagen, meine Schreibe ist musikalisch wäre ja zu einfach. Obwohls es stimmt. Aber eines ist sicher: Musizieren inspiriert mich.

Zur Zeit übe ich das neue Programm unseres Kammerchors und treffe auf einen Reisesegen in althochdeutscher Sprache.

Ic dir nach sihe Ic dir nach sendi
mit min funf fingirin funui undi funfzic engili
Got dich gisundi heim dich gisendi

Ich sehe dir nach Ich sende dir nach
mit meinen fünf Fingern fünfundfünfzig Engel
Gott sende dich wieder gesund nach Hause

Das ganze von Buchenberg vertont ist ein Gedicht, das ich mir zur Zeit sehr oft anhöre. Und ich stelle fest, dass mein Chor sehr gut zu mir passt. Und wie nett ist denn ein Reisesegen mit engeli in meiner Situation?

Ich arbeite noch immer am Buch. Korrekturen, letzte Recherchen. Ich denke richtig fertig ist es gegen Ende der Woche. Macht aber diesmal ungeheuer Spaß, so pingelig zu sein. Mein Neffe führte mich diese Woche in ein Museum in Bonn, das eine Wüstenausstellung hat. Seitdem wohnt auch noch die Rüsselmaus im Buch.So kanns eben gehen.

Ansonsten freu ich mich nun auf das Istanbulstipendium. Darauf die Sprache ein wenig zu lernen und mein "Wörterhimmel"- Projekt anzufangen, Auch das Musikprojekt werde ich ja dort schreiben. In dem Viertel, in dem ich wohnen werde, gibt es ja zwei Hunde, von denen ich bereits viel gehört habe und die unbedingt kennen lernen will. Na ja du siehts, auch bei mir zappeln schon ungeduldig die Ideen.

Auch musste ich nun doch noch einige Lesungsanfragen zurückweisen. Das ist schon ein komisches Gefühl, aber nicht anders möglich. Vielleicht muss ich mich daran auch langsam gewöhnen.

Den nächsten Brief gibts dann vom Bosporus.

Ich wünsche dir ein ganz tolles 2012 mit viel Erfolgsbuchstaben und Glücksmusik.

Andrea

Saskia Hula

am 2.1.2012

Liebe Andrea,

Weihnachten ist überstanden, das Neue Jahr ist da, und es kommt nur langsam in die Gänge ... Aber das ist ja auch schön so. In den letzten Jahren bin ich Anfang Jänner immer weggefahren (was auch sehr schön war), heuer bin ich da und lasse die Zeit einfach mal verstreichen. Räume ein bisschen auf, schlafe lang und plane wenig.

Letzte Woche war ich noch fleißig und habe eine Geschichte fertig geschrieben und eine, bei der ich monatelang angestanden bin, über die entscheidende Hürde gebracht. Jetzt muss ich nur noch die nächste Selma überarbeiten, aber das sollte nicht allzu lang dauern.

Ich glaube, Musik und Schreiben gehören irgendwie zusammen. Ganz viele Autoren, die ich kenne, machen gleichzeitig Musik - du zum Beispiel, aber auch viele andere. Ich finde es dabei ausgesprochen entspannend, nicht kreativ zu sein, sondern nur mal den Spuren anderer zu folgen.

Unsere gemeinsame Schreibwoche fand ich übrigens auch wunderbar. Für mich wäre das sowieso das optimale Arbeitsumfeld: ein paar andere Autoren in Austauschweite, Anregungen von allen Seiten, tausend Ideen, die in der Luft liegen ... So ein Schreibhaus müsste man haben, das abwechselnd von verschiedenen Autoren genutzt wird - du kennst ja so etwas von deinen Literaturhäusern. Aber dort geht es ja weniger um den Austausch, oder? Mir ist das Gemeinsame schon auch wichtig - jeder liest vor, woran er arbeitet, die anderen geben ihren Senf dazu, das finde ich einfach herrlich.

Naja, mal sehen, was das Neue Jahr in diese Richtung bringt. Noch habe ich ja nicht meine Jännerdepression, die mich alljährlich dazu bringt, wie eine Verrückte Urlaube, Seminare und dgl. zu buchen.

Dir wünsche ich jedenfalls ein sehr spannendes, erfolgreiches und erfüllendes Jahr 2012 ohne Schimmel, dafür mit aufregenden 3 Monaten in Istanbul, viel Inspiration, dankbare Verlage, begeisterte Leser und was du dir halt selbst noch so dazu wünscht!

Alles Liebe!

Saskia

Andrea Karimé

am 28.12.2011

Liebe Saskia,

hast du Weihnachten gut überstanden?

Bei mir war es mit Verwandten- und Freundebesuchen wirklich sehr ausgefüllt. Die große 1.Weihnachtsfeiertagstafel wurde bei mir gedeckt, und nach dem Essen hat mein großer Neffe meinen Computer neu ausgestattet mit allem Möglichen. Der kleine hat dazu getrommelt und Klavier gespielt wurde auch. Also so richtig nach meinem Geschmack.

Aber jetzt sitz ich wieder in rückenunfreudlicher Haltung am Manuskript.

Ich liege in letzten Buchzügen. Schreibe es grad fertig und dann noch einmal überarbeiten. Macht aber Spaß, weil mir dauernd nette Erfindungen begegnen und weil ich mich in Erinnerungen und aktuell und mit Google Earth grad dauernd in den Sinai begebe. Bis zur Türkei möchte ich das fertig haben und mich dann den neuen Sachen widmen.

Mit meinem Istanbulstipendium ist es allerdings so: Die Künstlerin vor Ort sieht den Schimmel an den Wänden. Das Kulturamt Köln sagt: Kein Schimmel zu sehen, Sie können einziehen! Mmh! Ich muss also selbst schauen, was da los ist. Deshalb packe ich den Koffer nur sparsam. Mit Heizlüfter, flexiblem Rückflug und Büchern. Und Geschichtenideen, aber die sind ja bekanntlich leicht, wie Schwebegold.

Dein Jahr war wirklich auch sehr erfolgreich. Das mit den Anfängen ist natürlich super! Ausgesorgt! Gratuliere!

Einiges hatten wir letztes Jahr schönerweise zusammen. Zum Beispiel den Ehrenplatz. Das gemeinsame Schreiben in der Türkei hat mir mir auch sehr viel Spaß gemacht. Das sollten wir wieder machen. Und natürlich die Korrespondenzen fortsetzen.

Die Musik ist ja auch immer in meinem Haus. Deshalb spiel du nur Klavier. Die Bücher werden davon nicht weniger, da bin ich überzeugt!! Ich hab im Sommer ein 10 Tage- Singprojekt vor. Ich weiß aber noch nicht, ob es klappt.

So nun reise ich wieder in den Sinai wo die Berge rosa sind wie Erdbeersahne.

Dir ein tolles Silvester und ein Super-Musik-Buchstaben- 2012 gewünscht.

Andrea

Saskia Hula

am 22.12.2011

Liebe Andrea,

mein Rückblick ist dieses Jahr ein fast ausschließlich positiver. Das einzige, was mir wirklich Sorgen gemacht hat, war die Operation meiner Mutter. Aber zum Glück hat sie sich sehr schnell erholt, und es geht ihr wieder genauso gut wie vorher.

Ansonsten war ganz viel Schönes in diesem Jahr.

Interessante Lesereisen (nicht zu viele!), vier neue Bücher, ein Ehrenplatz in der Kollektion zum Österreichischen Kinderbuchpreis (immerhin!), ein schreibmäßig sehr ergiebiger Sommer mit zwei tollen Schreibwochen, schöne Urlaube, Liebe, Freude, Eierkuchen ... Und natürlich unser Briefblog, der war doch auch eine feine Idee.

Unglaublich viele Anfänge hab ich geschrieben. (Ich könnte mich also jederzeit völlig uninspiriert hinsetzen und arbeiten, denn die Ideen sind ja schon da)

Meine Kinder sind zwar eigentlich schon flügge, aber trotzdem noch da, was ich sehr schön finde. Und vorgestern haben wir sogar ein Klavier bekommen, das finde ich auch so toll. Wundere dich also nicht, wenn 2012 schreibmäßig bei mir doch nicht so großartig wird. Vielleicht spiele ich ja lieber Klavier. Dazu hatte ich schon als Kind große Lust. Die ist mir leider vergangen, sobald ich eine Klavierlehrerin bekommen habe. Ich habe da also noch etwas nachzuholen!

Tja, der einzige Schatten an so schönen Jahren ist das Gefühl, dass es nicht ewig so weitergehen kann. Aber da es ja sowieso nichts nützt, sich schon vorab zu sorgen, genieße ich die unbeschwerte Zeit und freue mich über das Leben. Und auf das, was noch kommt.

Aber jetzt bringe ich jedenfalls erst mal Weihnachten hinter mich. (Für Weihnachten fehlt mir, fürchte ich, die sentimentale Ader ... Mir kommt es immer ein bisschen absurd vor, all diese merkwürdigen Bräuche mit abgesägten, geschmückten Bäumen im Zimmer ...)

Trotzdem wünsche ich dir natürlich Frohe Weihnachten! Das glückliche Neue Jahr kommt dann nächstes Mal.

Alles Liebe, Saskia

Andrea Karimé

am 18.12.2011

Liebe Saskia,

ich habe 2011 an einem Schulbuch mitgearbeitet, zumindest Lesetexte erstellt. Diese sollten literarischen Charakter haben und gleichzeitig schulbuchtauglich sein. Zumindest aus Sicht der Lektoren. Dann gab es aber so viel Kriterien, dass es mir überhaupt keinen Spaß mehr gemacht hat. Von wegen literarisch. Rechtzeitig bevor ich richtig einstieg, stellte der Verlag die Produktion ein, und ich bekam ein Ausfallhonorar.

Also: So richtig ist das auch für mich nichts!

Dein Weihnachten klingt aber echt sympathisch. Schnee hätt ich auch supergern, aber im warmen Köln kann man davon nur träumen. Familie ist hingegen auch bei mir angesagt. Zumindest am Heiligabend. Ansonsten werd ich wahrscheinlich die Ruhe nutzen und auch was schreiben, umarbeiten, neu dichten ect. Der Istanbulkoffer darf nun von Kulturamstseite offiziell noch nicht gepackt werden. Sie müssen erst ein Ausweichquartier finden, weil die Wohnung schimmelig ist.

Mein Jahr zweitausenelf fing ja mit der arabischen Revolution und einem vereitelten Kairobesuch und dem Tod eines Freundes an. Aber auch mit der sensationell schnellen Produktion und Veröffentlichungsmöglichkeit des Himmelsklaviers und der Radiogeschichte. Also in jedem Fall überraschend.

Der Sommer war sehr schön, auch das Schreiben für Erwachene an der türkischen Ägäis. Veröffentlicht hab ich zwei schöne Bücher und einen Radiobeitrag. Und für meinen Geschmack sehr viel Anerkennung bekommen. Fortbildungen hab ich gemacht, die mir sehr genützt haben und Kontakte ausgebaut. Briefblog aufgebaut:)

Ist das Rückblick genug? Jetzt wärest du dran!

Liebe Grüße sendet

Andrea

Saskia Hula

am 11.12.2011

Liebe Andrea,

ja, ich gebe zu, ich schenke doch auch Bücher und nicht so viele Socken. Bei den Socken ist es gar nicht so leicht, mit der Größe und den Farbvorlieben ... Da macht Bücheraussuchen schon mehr Spaß.

Die schöne Idee mit dem Lehrerbuch habe ich leider nicht weiterverfolgt, weil es mir doch ein bisschen anstrengend vorkommt ... Und außerdem habe ich keinen Spaß am Schreiben, wenn ich nicht auch meinen literarischen Anspruch verwirklichen kann. (Das ist vielleicht eine Ausrede, aber irgendwie auch wieder sehr glaubwürdig, finde ich. Und vielleicht stimmt es ja auch.)

Also doch lieber wieder Kinderbücher. Ja, die Weihnachtsferien habe ich literarisch wenigstens ein bisschen verplant - aber das wird sicher ganz nett. Bei uns im Burgenland stehen alle immer erst so wahnsinnig spät auf, dass es erst gegen Mittag Frühstück gibt. Und die Zeit davor eignet sich ganz hervorragend zum Schreiben. Wenn ich dann genug geschrieben habe (das geht bei mir relativ schnell), beginne ich mit dem Frühstücksgeschirr zu klappern, wenn das nichts nützt, schreie ich durchs Haus, wenn das auch nichts nützt, gehe ich in die einzelnen Schlafzimmer und wecke direkt auf ... Und dann gibt es eben endlich doch noch Frühstück, und ich bin wunderbar aufgelegt, weil ich schon so kreativ war. Genau so stelle ich mir das also vor. Mal sehen, ob es dann auch so wird.

Was ich furchtbar gern hätte, damit das Schreiben so richtig stimmungsvoll ist: Einen Haufen Schnee vor dem Haus. Das hatten wir leider schon lange nicht mehr, aber einmal waren wir richtig eingeschneit, und das war großartig. (Naja, wir hatten auch genug Essen im Haus) Draußen Schnee und drinnen flackerndes Feuer im Ofen, das ist eindeutig das Beste am Winter, der mir ansonsten gerne gestohlen bleiben kann.

Tja, und dann ist das Jahr auch schon wieder um.

Du weißt ja, dass ich ein großer Fan von Rückblicken bin, also: Wie war 2011 für dich? Mehr schön als schaurig?

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 30.11.2011

Gruezi Saskia,

hey klasse!!! Gratuliere zu allen guten News. Gruess deine Tochter von mir. Das will ich doch hoffen, dass sie alles fertig schreibt!!!

Oh ja! Dein Buch ist sehr notwendig. Das kann ich bestaetigen. Und es wird ausserdem gut zu lesen sein!!! Das lohnt sich also! Du bist ja echt produktiv. Machst du wenigstens mal ne Weihnachtspause? Aber sicher hast du die Zeit literarisch verplant.

Ich bin mal wieder in Zuerich und unterrichte alles moegliche, du kennst mich ja. Zum Beispiel erklaerte ich den Kindern heute, was meine Handtaschenwoerter sind Zum Beispiel: Banakamm: Guten Tag auf Tamilisch. Immer noch sind die Lesungen hier toll. Sehr nette Lehrer und Bibliothekare und unglaublich tolle liebe Kinder.

Nun ja. Adventlich ists mir bei mir zumindest musikalisch: Engel, Luxhimmel und Jubilate Deo. Und natuerlich in Geschichten. Das Kamel und der Weihnachtsmann. Muss ich hier dauernd lesen. Und das Kamel mit der Sternenkette und die Schlangengeschichte vom Ohrenbaer.

Selma wird uebrigens von Emilia, einer kleinen Freundin sehr verehrt nun muss schnell der zweite Band geschenkt werden. Und natuerlich das Hoerbuch.

Ich bin dies Jahr auch entspannt, was den Weihnachtsstress angeht! Schenke nur Buecher, die ich schon alle bestellt habe, da ich, genau wie du, ie Stadt meide. Dazu bastle ich mit meinem Neffen Poesiegeschenke in allen Formen.

Was nur Spass ist: Poesie und Pralinen. Auf Wiederluege und Banakamm.

Andrea

Saskia Hula

am 26.11.2011

Liebe Andrea,

wie schön, dass deine Workshops so gut angekommen sind! Das Plauderlauer-Gedicht ist ja wirklich entzückend, und wenn Lehrer dann so etwas auch noch schätzen können, umso schöner!

Ich habe jetzt eine neue Schreibidee, die auch mit Lehrern zusammenhängt bzw. eigentlich sogar für Lehrer gedacht ist. Nämlich ein Buch mit dem Arbeitstitel "100 wichtige Dinge, die Junglehrer unbedingt wissen sollten, ehe sie sich auf den Weg zum Burnout machen". Da gibt es eine ganze Menge zu sagen, finde ich. Ich sehe ja an Kai, wie grauenvoll diese Ausbildung auch heute noch ist, zumindest bei uns in Österreich. Mag sein, dass ihr es da besser habt.

Kai , meine wunderbare Tochter, hat jetzt übrigens auch ihre erste öffentliche Lesung hinter sich - eine sehr nette Veranstaltung vom Institut für Jugendliteratur (und einigen anderen), bei der junge Autoren je 7 Minuten Zeit hatten, um ihre Texte vorzulesen. Es waren durchwegs interessante Texte, halb Prosa, halb Drama. Kai hat den Anfang ihres in Arbeit befindlichen Jugendromans vorgelesen und der ist auch ziemlich gut angekommen. Jetzt muss sie ihn nur noch fertig schreiben;-)

Ich war auch fleißig, ich habe endlich die Weihnachtsgeschichte geschrieben, die ich für eine Anthologie zugesagt habe, und es hat richtig Spaß gemacht. Zuerst hätte es eine böse Geschichte werden sollen, bei der ständig Leute ausgeladen werden, damit der Weihnachtsabend auch garantiert friedlich wird - so lange, bis dann am Schluss alle zwar friedlich sind, aber auch völlig allein. Aber da ich ja nicht der Typ für böse Geschichten bin, habe ich dann doch eine nette daraus gemacht. Damit kann ich mich eigentlich zurücklehnen und ausruhen, denn mein Jahrespensum ist erfüllt.

4 Wochen noch bis Weihnachten! Für mich heißt das: Nicht mehr einkaufen gehen, denn den Weihnachtswahnsinn in den Geschäften halte ich nicht aus. Ich werde dieses Jahr einfach allen Menschen Socken schenken. Man hat doch ständig zuwenige Socken, oder nicht? Meine sind jedenfalls dauernd vereinzelt, löchrig, und manche rutschen auch noch ... Richtig gute Socken in richtig schönen Farben. Die lasse ich mir schicken. Dann kann ich in Ruhe 4 Wochen lang zu Hause bleiben und Tee trinken.

Was machst du denn so im Advent?

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 17.11.2011

Liebe Saskia,

genau, so gern bin ich auch nicht von zu Haus weg!

Nach zwei Wochen Lesereise - erst Zürich, dann Warendorf- reicht es mir wirklich. Diese Lesereisen sind unglaublich anstrengend. Die Logistik zum Beispiel. Das Kofferschleppen. Oder die armen armen Vögelchen, die von den LehrerInnen abgeschossen werden, weil man nicht die Funke ist. Nee, es reicht!

Auch wenn es schöne Seiten daran gibt.

Zum Beispiel haben die Workshops in Zürich derart gut geklappt; ich kanns kaum glauben! Verständnisvolle LehrerInnen; ausnahmsweise mal wurden meine Methoden begrüßt! Und sogar die Ergebnisse!!! Haben die Schweizer einen weiteren Horizont? Jedenfalls scheinen sie mehr in der Lage zu sein, die Textgeschöpfe der Kinder zu schätzen, als da wären

"das Plauderlauder eines Ringlings,
ein Vogel namens Bird,
die Freiheit unter weißen Wolken
und der Genuss von Schokoladenbier
in Gesellschaft eines Gurkentiers."

Überzeugend, gell?

In Warendorf, wo die Welt noch in Ordnung scheint, hab ich auch nur nette Kinder getroffen, eine noch nettere Bibliothekarin, und ich bin stundenlang an der Ems herumlaufen, um mich mit Reihern und Blesshühnern zu treffen.

Trotzdem: Ich bin froh, wieder zu Hause zu sein. Und leg die Füße hoch, und am Wochenende sing ich mal wieder.

Zu den Büchern und der Schuld muss ich dir zum Teil recht geben, würde aber nicht soweit gehen, zu behaupten, dass es ein rosa Gen oder Pferdegene bei Kindern gibt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Manipulation durch den Markt diesbezüglich eine größere Rolle spielt. Ich stelle immer wieder fest, dass die Kinder nach Lesungen gern meine Bücher lesen wollen, sie mögen, nur finden sie die ja nicht in einem Buchladen.

Warum eigentlich nicht? Weil die Mayersche zum Beispiel in der Regel nur Publikumsverlage unterstützt. Oder?

Herzliche Grüße,

Andrea

Saskia Hula

am 10.11.2011

Liebe Andrea,

ich musste richtig lachen, als ich deinen Satz "Ich war noch nie so lang weg von zu Hause" gelesen habe. Offensichtlich habe ich dich falsch eingeschätzt - ich hätte gedacht, du wärst absolut daran gewöhnt, ständig woanders zu sein! (Ganz im Gegenteil zu mir, die ich mich bereits nach der ersten Urlaubswoche nach zu Hause sehne ...) Aber du wirst sehen, es wird toll! Und ganz sicher fällt dir dann auch wieder ein, was du eigentlich schreiben wolltest, wenn dich nämlich niemand davon ablenkt.

ich komme gerade von der Podiumsdiskussion auf der BuchWien und kann dir also ganz aktuell berichten. Zuerst ging es ja um die Zusammenarbeit, da wurde einfach ein bisschen erzählt ... Danach gab es noch eine interessante Runde mit Verlegerin, Vertreterin, Buchhändlerin mit dem Thema "Verlegte Bilder" und der Frage "Wer ist schuld daran, wenn Bücher kein Erfolg sind?" (Wäre auch für dich interessant gewesen, weil es nämlich ausgerechnet deine Verlegerin war!)

Nun, die Frage wurde natürlich nicht beantwortet, schließlich waren alle Anwesenden total nett und bemüht und keineswegs dafür geeignet, sich die Schuld in die Schuhe schieben. zu lassen. Für mich beantwortet sich die Frage aber sowieso von selbst: Die KINDER sind schuld. Die wollen doch dauernd rosa Ponys und gefährliche Monster und sonst gar nichts. Die greifen immer zu den doofen Büchern, ich sehe das dauernd! Naja, die ELTERN sind vielleicht auch noch schuld, denn die müssten ihre Kinder eben viel mehr hin zu anspruchsvollen Buch erziehen.

Dabei kann man den Kindern wirklich nicht vorwerfen, dass sie - wenn sie schon lesen müssen - lieber in ihre schlichten Welten eintauchen als in die schwierigen. Ich verstehe das, ich bin da gar nicht so anders. Das Problem ist nur, dass die "schlichten" Bücher natürlich die Sehnsüchte, die sie wecken, dann überhaupt nicht erfüllen (zum Beispiel weil sie todlangweilig sind).

Wir sollten also im Grunde genommen endlich mal ein richtig gutes rosa Glitzerbuch schreiben. Oder ein faszinierendes Dinosaurierbuch. Blöd nur, dass einem so etwas nie einfällt.

Liebe Grüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 6.11.2011

Liebe Saskia,

ich bin immer noch chronisch aufgeregt wegen des Istanbulstipendiums.

So lange war ich noch nie von Zuhause weg. Und schon gar nicht in Sachen schreiben. Und auch noch bezahlt. Langsam kommen die Formalia in die Gänge, Vertrag, Buchung, Untermieter usw. Gestern habe ich nochmals meinen Projektvorschlag gelesen, wegen dem ich ja ausgewählt uwrde, und ich es war seltsam; ich hatte wirklich vergessen was ich da geschrieben hab. Muss das Zeug mitnehmen, damit ich wirklich meinen selbstgegebenen Auftrag erfülle :)

Türkisch lerne ich nun langsam (sehr langsam), die Lettern mit Wölkchen und Regen finde ich entzückend, und jeden Tag entdecke neue schöne Wörter mit und ohne frisches Umläutlein. Beizeiten wird davon zu lesen sein.

Dein Buchtipp ist vorgemerkt, ich brauch ja viel zu lesen dort. Hab schon Nachschub bestellt, bei jenen, die mich besuchen.

Du hast völlig recht. Ich hab mir auch wieder frei gegeben. Gestern und vorgestern. Ja, das ist gut für die Kreativität, bescheinige ich dir hiermit, nach erfolgreicher Testphase. Promt hatte ich wieder Ideen und Spaß am Dichten heute morgen. Ich glaub mit einreden hat das gar nichts zu tun.

Ich bin sehr gespannt, was du von der Disussion schreibst. Die Zusammenarbeit mit Illustratoren finde ich auch immer sehr karg. Ich würde liebend gern mal etwas gemeinsam entwickeln, aber bisher war das alles rein additiv.

So und nun geht es nach Zürich.

Liebe Grüße von Andrea

Saskia Hula

am 4.11.2011

Liebe Andrea,

was du fast nie machst, mache ich ständig: Ich gebe mir frei. Und außerdem rede ich mir auch noch ein, dass diese freien Tage ganz, ganz wichtig sind für meine Kreativität. Wenn nicht das Allerwichtigste.

Damit ich so richtig frei habe, war ich gerade 5 Tage in Rom. Altes und noch Älteres ansehen. Es war beeindruckend, herrlich sonnig und auch ein bisschen erschreckend, weil nämlich so unendlich viele Menschen unterwegs waren, die sich genau die gleichen alten Dinge ansehen wollten ...

Außerdem habe ich ein großartiges Buch gelesen, es heißt "Raum" und ist von Emma Donoghue, einer irischen Autorin. Tolle Sprache, interessante Perspektive, spannende Geschichte. Unbedingt lesen! (Ist allerdings noch neu und gebunden, fürchte ich)

Nächste Woche ist ja die BuchWien, und ich werde sie zum erstenmal besuchen, nämlich anlässlich einer Podiumsdiskussion zum Thema "Mein Buch - dein Buch". Da reden Autoren und "ihre" Illustratroren" über ihre Zusammenarbeit oder (da es ja selten eine gibt, finde ich), über ihr gemeinsames Ergebnis. Ich werde mit Verena Hochleitner da sein, die ja mein Feenbuch illustriert hat. Außer uns werden natürlich noch ein paar andere hochkarätige Paare da sein, das wird sicher ganz interessant.

Tja, sonst bin ich heute völlig übermüdet, weil der Residenz-Verlag gestern den Geburtstag seines Kinderbuchprogrammes "10 Jahre Nilpferd" gefeiert hat und ich eindeutig viel zu spät nach Hause gegangen bin. Insofern: Gute Nacht!

Ein großes und herzliches Gähnen,schickt dir

Saskia

Andrea Karimé

am 26.10.2011

Liebe Saskia,

das ist wirklich ein wunderbares Bild: ein Autorenvogel, der nicht fliegen kann, wie der Strauß, das federnde Wundergeschöpf.

Ich wünsche dir noch viele Kolibritage.

Was ich für ein Vogel bin? Das wechselt sehr häufig! Es gibt ja außerdem so viele Schreibvögel und manche picken mehr auf meinem Balkon herum, als auf meinem Blatt, geschweige denn, dass sie sich entscheiden, meine Identität anzunehmen. Aber Gottseidank kann ich die Gedanken an die Markttauglichkeit immer öfter aussperren. Oder sie den Piepmätzen zum Fressen geben. Die sollen auch oder gerade Kolobris sehr gut schmecken.

Die Zeitung schrieb neulich über mich: Kinderbuchautorin mit Hang zu Haien im Schnee. Nun ja! Also sind das meine Kolibris? Hilfe!

Ich hab jetzt erstmal Leseprobe und Exposee fertig und mich heut gefreut deswegen. Und mir morgen frei gegeben. Denn das mach ich nicht oft, am besten nie. Also morgen mal. Ich werde dann nur sinnlos Sinnliches tun wie Eierlikörtorte essen oder in ein Theaterstück von der Jelinek gehen. Und sicher fällt mir noch mehr ein, unter diesem erstaunlich blauen Herbsthimmel.

So und mit dieser Aussicht lässt es sich doch leben, und weiterwörtern, irgendwann, nach der Pause.

Liebe Grüße sendet

Andrea

Saskia Hula

am 25.10.2011

Liebe Andrea,

ja, so ein hochqualifizierter Neffe kann natürlich auch eine Gefahr sein;-)

Du kannst dich sicher an meinen flockigen Sommertext in Ürkmez erinnern, der folgendermaßen begann:

Schreiben Sie uns doch mal eine Serie, sagt die Lektorin und lächelt mir aufmunternd zu. Irgendetwas mit Abenteuern vielleicht. Am besten etwas für Jungs. Die kommen sowieso dauernd zu kurz.

Oje, denke ich.
Okay, sage ich.
An den musste ich denken, während ich mich jetzt eine Woche lang - wieder einmal - mit der Idee für eine Serie beschäftigt habe. Dabei war die Vorgabe natürlich nicht genau gleich, das wäre ja auch zu vorhersehbar gewesen. Trotzdem habe ich mich brav mit Zielgruppen und Markttauglichkeit befasst und dabei - leider, leider - das große Gähnen bekommen. Dabei würde ich so gern!!! Ich bin ja nicht doof. Und eigentlich sollte es doch - was die Motivation betrifft - keine Rolle spielen, ob man etwas Großartiges schreibt, das nicht besonders markttauglich ist oder etwas Großartiges, das auch noch dazu markttauglich ist, oder? Ich meine, wenn man es sich schon aussuchen kann, dann nimmt man doch das Markttaugliche, oder nicht?

In meinem Fall leider nicht: In dem Augenblick, wo der Gedanke der Markttauglichkeit auch nur in die Nähe meines Manuskriptes kommt, schreibe ich überhaupt nichts Großartiges mehr. Im Gegenteil, ich werde schreibunfähig. Wie so ein riesiger Vogel Strauß flugunfähig ist. Das ist doch mal ein hübscher Vergleich, oder? Da läuft der Arme durch die Wüste, schwingt die Flügel, ohne sich auch nur einen Zentimeter vom Boden zu heben und gerät langsam außer Ateim ... Und daneben lacht sich der kleine Kolibri schief.

Naja, das ist zugegebenermaßen ein schiefes Bild. Vogel Strauß und Kolibri leben, fürchte ich, in zwei völlig verschiedenen Welten. (Das mag ich an diesem Brief-Blog übrigens so: Man kann die schiefen Bilder einfach drin lassen!) Aber es hat trotzdem was, mein Bild. Heute hab ich jedenfalls ganz kolibirimäßig auf die Markttauglichkeit gepfiffen und einfach drauflosgeschrieben. Das hat wenigstens Spaß gemacht! Mal sehen, ob es morgen auch noch so ist.

Was für ein Vogel bist du gerade?

Alles Liebe,

Saskia

PS: Die lieben Leute aus Baden sind bereits vorgemerkt! So was ist ja immer gut zu wissen!

Andrea Karimé

am 18.10.2011

Liebe Saskia,

über deinen Satz "Nun so ist es nicht zwingend!" im Zusammenhang mit der obligaten Kindesliebe der Kinderbuchautoren hätte ich mich stundenlang amüsieren können. Köstlich.

Klar mag ich auch Kinder. Ich liebe sie. Aber sie gehen mir bei Lesungen ebenfalls gelegentlich auf die Nerven. Aber wenn es ich genau betrachte, sind es eigentlich die Lehrerinnen, die mir dann auf die Nerven gehen, die mit gehässigem "Sehen Sie so einfach ist das nicht" -Blick reglos am Rand sitzen, ohne sich einzuschalten. Als ob es das gleiche wäre: 25 Kinder zu unterrichten, oder 80 Kindern in einem Theaterraum frontal vorzulesen; was definitiv, das wissen wir beide aus erster Hand, keine machen möchte.

Die meisten Lesungen klappen aber irgendwie, nur bin ich tatsächlich auch der Meinung, dass sie eigentlich nicht viel bringen. Die Verkaufszahlen erhöhen sich nicht unbedingt und wenn Lehrerinnen sie nicht vor und nachbereiten, bringts kaum mehr als das leicht verpuffende Gefühl des vergnüglichen Konsums für die Kinder. So ist das.

Die Lesung in Baden war aber sehr schön. Ich glaube, dass du damals nicht bei den gleichen Veranstaltern warst, denn die waren sehr präsent und sympathisch. Und außerdem noch nicht lang im Amt. Und sehr lustig war: Sie waren sich nicht einig, ob wenn von uns beiden "erfolglreichen Schriftstellerinnen" sie nun endgültig einladen. Wenn da also mal was kommen sollte: Unbedingt annehmen.

So jetzt schaue ich auf meinen Herbst mit gelb werdendem Bambus und ohne Gaddafi und schreibe dabei das neue Buch. Gestern hab ich meinem kleinen Neffen den Anfang vorgelesen, aber er ist so infiziert, dass er mir dauernd - ob ich wollte oder nicht- Verbesserungsvorschläge machte. :)

Herzliche Grüße sendet Andrea

Saskia Hula

am 17.10.2011

Liebe Andrea,

dafür, dass du es nicht erklären kannst, hast du es aber sehr schön erklärt. Sehr nachvollziehbar. Fast schon nachmachbar. (Wenn es so leicht wäre!)

Ich hatte heute drei Lesungen, von denen zwei ausgesprochen mühsam waren. Und ich wage zu behaupten: Es lag nicht an mir. Also auf die Gefahr hin, dass es die ganze Welt weiß: Ich fand diese Kinder heute Vormittag wirklich ziemlich furchtbar.

Ich finde, das gehört auch einmal gesagt! Es gibt ja so ein hartnäckiges Gerücht, dass es sozusagen in der Natur des Kinderbuchautors liegt, Kinder großartig zu finden. Nun, so ist es nicht zwingend. Man kann durchaus Bücher für Kinder schreiben und die Nähe von Kindern trotzdem lieber meiden. (Ich wechsle z.B. meistens den Waggon, wenn ich eine Schulklasse in der U-Bahn entdecke)

Dabei mag ich Kinder sogar wirlklich (sonst würde ich nämlich nur mehr Bücher schreiben und nicht mehr in die Schule gehen ...) Aber erstens mag ich Kinder - wie auch alle anderen Menschen - vor allem im Einzelkontakt und nicht als große Masse. Und zweitens mag ich sie - ebenfalls wie alle anderen Menschen - am liebsten, wenn sie liebenswert, kreativ , interessiert und gut erzogen sind.

Ja, also so war das heute. Jetzt, wo ich es dir erzählt habe, ist mir gleich viel leichter. Und ich kann mich beinahe schon wieder auf meine morgigen Lesungen freuen ...

Liebe Grüße!

Saskia

Andrea Karimé

am 18.10.2011

Liebe Saskia,

genau weiß ich noch nicht, ob ich zur Buchmesse geh'; ich hab Lesungen und könnte es schaffen, weil ich an Frankfurt vorbeikomme. Falls ja, bekommst du zumindest von der Presiverleihung einen schönen kleinen Bericht.

Deinem Buch wünsch ich aber viel Erfolg beim Rumturnen zwsichen den 24000 Neuerscheinungen. Ich mags nämlich eigentlich gar nicht auf der Buchmessse. Finds einfach frustrierend und frag mich jedesmal, warum ich eigentlich unbedingt das vierundzwanzigtausenderste. Buch schreiben möchte. Ja, warum eigentlich?

Den Schwalbengarten hab ich natürlich nicht vergessen, wie kommst du darauf? Nicht ein einiziges der, wenn auch tatsächlich unzähligen, Bilder lass ich, wenn möglich, vorbeizwitschern. Der Schwalbengarten ist ja noch eine Erzählung geworden, in der Türkei, als ihr schon wegwart. Von einem alten Mann und seiner Enkelin...

Das Bildermachen kannst du aus meiner Sicht wirklich sehr gern mathematisch angehen oder astrophysisch. Hauptsache das Ergebnis ist "poetisch aufscheuchend". Und das ist es doch sicherlich, in Verbindung mit Hauptsatzliebe und Wortwiederhoungen. Womit ich eigentlich sagen will, dass der Weg uninteressant ist. Wo ich die Sachen herhab? Schlicht Einfälle, sonst nichts. Ich glaub, dass ich sehr bildlich sehe und denke, und dass ich einen Hang habe, in allem und jedem das Geschöpf zu sehen, das sich bewegt oder spricht oder kichert. Dann lieb ich noch die Wolken, den Himmel, da existiert nämlich so ein Kleber. Wortkleber. Der Schalbengarten ist so ein Wolkenwort. Du siehst: Erklären kann ich gar nichts. Das Bildliche macht sich wieder breit.

Alles Liebe von

Andrea

Saskia Hula

am 8.10.2011

Liebe Andrea,

was für ein wunderschönes Bild von den Geschichtenbooten, die nicht immer dort ankommen, wo sie sollen - das muss ich mir unbedingt merken, als Lehrerin ist man immer so schrecklich versucht, alle diese Geschichtenboote an eine einzige Leine zu hängen und mit einem riesigen Dampfer anzuschleppen ...

Woher nimmst du überhaupt diese Bilder? Ich habe ja schon versucht, mir da etwas von dir abzuschauen (hast du hoffentlich nicht bemerkt!). Und nach langer Beobachtung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es eine Möglichkeit wäre, einfach mal eine Sammlung aus schönen Wörtern zu machen und sie dann ungewöhnlich zusammenzusetzen. Du erinnerst dich vielleicht an den "Schwalbengarten", an dem wir in der Türkei vorbeigegangen sind? Naja, wahrscheinlich erinnerst du dich nicht, weil dich eh ständig solche Kombinationen überfallen, und zwar ohne dass du danach suchst.

Aber ich gebe zu, das ist eine eher mathematische Kompensation und keine sehr poetische, wie ich überhaupt einen eher mathematischen Zugang zum Schreiben habe. Ich mache zum Beispiel gern logische Reihen (was meine Vorliebe für Wortwiederholungen erklären würde), ich mag Symmetrien und Aufzählungen, Parallele und Tangenten und Winkel. Mein mathematisches Interesse hört allerdings ungefähr in der 9. Schulstufe auf, ich stehe eindeutig mehr auf natürliche Zahlen als auf Irrationale, vielleicht bin ich ja deshalb auch so ein Verfechter des Hauptsatzes.

So, die Frankfurter Buchmesse kommt auf uns zu - ich nehme an, du fährst hin? Du hast es ja nicht weit, und es kann schon nett sein, so ein bisschen von Stand zu Stand zu wandern (es kann aber auch der pure Stress sein; für mich vor allem deshalb, weil ich mir ja keine Gesichter merke - und zwar gar keine! - und deshalb nie weiß, wen ich da gerade begrüße ...) Deshalb bin ich auch ganz zufrieden damit, dass ich zu Hause bleibe. Eine Geschichte von mir darf trotzdem auf die Messe mit, und zwar im Gepäck von Eva Muszynski, die die Bilder dazu macht. Und das macht es dann auch wieder ein bisschen spannend.

Ich freue mich also auf deinen Messenbericht!

Alles Liebe!

Saskia

Andrea Karimé

am 2.10.2011

Ok, liebe Saskia,

von hier aus erreiche ich dich sicher, oder? :)

Der Schreibbetrieb ist wirklich ein einziges Ärgernis. Wenn man Glück rutscht man rein und wird von den Anforderungen des Markts zermahlen, oder man geht in die Randlage, schimmert ein bisschen und wartet dort auf den Untergang. Oder? Also so oder so ist die Liebe zum Schreiben sehr gefährlich.

Interessant ist aber doch wohl, dass man offenbar selbst als annerkannte Autorin nicht anders behandelt wird als ein blutiger Anfänger.

Ich wünsche dir jedenfalls einen vollen Mailbriefkasten mit Schreiben, die so beginnen: Wir freuen uns, Ihnen...

Danke übrigens für deine wirklich aufbauenden Worte zum Kinderbuchprojekt. Es wird tatsächlich sehr schön. (Lehrerinnen können übrigens einen Klassensatz kostenlos beziehen:) Die Grafikerin macht gerade eine sehr originelles Layout dafür, und nächste Woche geht es in Druck. Also ich freu mich drauf. Die Geschichtenboote kommen zwar nicht immer da an wo es passen würde, aber so ein Boot hat man ja nicht immer unter Kontrolle wenn der Sturm der Worte...

Ich bin an meinem Exposee dran, diesmal wird es was Kriminalistisches. Zumindest in Andeutungen. Meine rebellische Figur ist schon da und der Bösewicht auch. Mein Neffe war der Ansicht, es solle ein ganz dickes Buch werden und erzählte auch schon den Beginn der Fortsetzung, ganz in der Tradition einer sehr bekannten, in magischer Zahl erscheinenden Satzzeichen. Hilfe! :) Die kennt er nämlich in und auswendig.

Liebe Grüße von

Andrea

Saskia Hula

am 28.9.2011

Liebe Andrea,

Ja, manche Lehrer haben tatsächlich interessante Aufsatzkriterien. Besonders bei Wortwiederholungen spießen sie sich oft mit meinen. Ich mag nämlich Wortwiederholungen, wie du sicher weißt. Warum auch nicht? Wenn es ein wichtiges Wort ist, darf es doch ruhig immer wieder und wieder und wieder kommen ...

Ich würde jedenfalls lieber siebzehnmal "Meine Mama" schreiben als auch nur ein einziges Mal "die Frau, die ich meine". Naja, kennst du ja alles.

Klingt jedenfalls schön, was du über deine Kindertexte schreibst! Das wird sicher ein wunderschönes Buch!

Ich habe ja noch immer keine Zeit zum Schreiben. Was aber nicht heißt, dass ich keine Zeit hätte, um mich über das Schreiben zu ärgern. Nein, nicht über das Schreiben. Sondern über den Schreibbetrieb!

Wofür ich nämlich auf jeden Fall Zeit hätte, wäre eine nette kleine e-mail, in der steht: "WIr freuen uns, Ihnen nun endlich den Vertrag für Ihr Buch XY schicken zu dürfen!" Oder auch nur "Wir freuen uns, Ihnen mitzuteilen, dass wir ernsthaft daran denken, Ihnen nun bald doch einen Vertrag für Ihr Buch XY zu schicken". Oder wenigstens "Wir haben wieder einmal darüber gesprochen, Ihnen eventuell bald einen Vertrag für Ihr Buch XY zu schicken." Zur Not würde mir auch ein "Halten Sie durch! Wir sind zwar noch nicht ganz sicher, aber vielleicht bekommen Sie doch tatsächlich einen Vertrag für Ihr Buch XY!" reichen.

Aber was kriege ich? Nichts! Im besten Fall eine Abwesenheitsnotiz! Und dann wieder: Gar nichts. An manchen Tagen habe ich echt das Gefühl, die Buchwelt ignoriert mich absichtlich. Was heißt, die Buchwelt. Die Welt. (An anderen Tagen melden sich dann wieder alle gleichzeitig, aber davon habe ich JETZT genau gar nichts!)

Und das Schlimme ist: Ich bin eignentlich nur glücklich, wenn etwas passiert. Ich bekomme gerne mails, ich liebe es, wenn mein Telefon läutet, ich mag es, wenn man mich etwas fragt. Und ich hasse es, wenn mir mein e-mail Programm sagt "Sie haben keine neuen Nachrichten": Da fühle ich mich echt persönlich gekränkt.

Aber bitte, dann ignoriere ich die Welt eben auch. Dann lese ich eben jetzt ein Buch und schalte meinen Computer einfach ab. Das haben sie jetzt davon!

Und falls du was von mir willst: Du weißt ja, wie du mich erreichst!

Alles Liebe!

Saski


Nachtrag einen Tag später:

Wie das Leben so spielt: Da komme ich nach Hause und finde im Postkasten einen dicken Umschlag mit 20 Briefen von lauter Viertklasslern, die mein Buch "Mamas Liste" gelesen und ganz toll gefunden haben ... Und einen zweiten Umschlag, in dem mir berichtet wird, dass die Kinder eines Kindergartens in Linz "Bei drei auf den Bäumen" innig lieben ... Und dann kriege ich auch noch tatsächlich die mail vom Verlag. Die wegen dem Vertrag, du weißt schon. Nur dass leider drinsteht, dass das mit dem Vertrag nun doch nichts wird, auch wenn das ganz furchtbar schade wäre ... Tja, so ist es, das Autorenleben. Mal toll und mal nicht ganz so toll.

Bis bald!

Saskia

Andrea Karimé

am 23.9.2011

Liebe Saskia,

wie gut ich sie kenne, die Maläse, Überschriften, Unterstreichungen, Punkt und Komma. Das Mühsame.

Vor allem das, was einem vom Schreiben abhält. Das Geld verdienen. Solange Schreiben und Geld verdienen nicht immer eins sind, gibts eben einen Interessenskonflikt. Kampf um die Bedeutungshoheit. Das Geld verdienen siegt meistens. Trotz Freiberuflichkeit.

Wenigstens schreibe ich hin und wieder in der Bahn. Wenn ich keine Ideen notiere, denke ich dort wie du über vieles nach. (Ich müsste auch schon längst Exposee und Leseprobe für ein neues Projekt beginnen, aber ich komme einfach nicht dazu:))

Und manchmal schreibe ich in der Bahn auch einen Blogbrief an dich, wie gerade.

Ich komme vom Singwochenende mit Konzert, das sehr schön war und voller Wörter. Gesungen haben wir von Hexen, Eidechspfoten, müden Welten, lauen Mondnächten und winzigen Schneeflocken. Das scheucht das poetische Ich auf.

Was sehr gut tut, nachdem ich in der Woche alles andere gemacht habe, als schreiben. Ich tippte zum Beispiel Texte von Kindern, schlug mich mit Druckereien herum, versuchte Übersetzer zu finden und verbrachte Stunden damit, ein Buch aus den getippten Texten zu produzieren. (Dabei lavierte ich mich wenig erfolgreich durch den Dschungel der Lehrerinnenkommentare, die von seltsamem Textverständnis zeugen. Aber das Buch ist voll von gern geschriebenen Gedichten und Geschichten. Texte, über die Kinder bestimmt haben, nicht Aufsatzkriterien. Und das ist wahrscheinlich das Problem.)

Aber zwischendurch fahre ich eben auch Bahn und da gibts dann Wörter, mal mehr und mal weniger. Ob sie sich zum Geld verdienen eignen? Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Liebe Grüße
Andrea

Saskia Hula

am 21.9.2011

Liebe Andrea,

ich denke im Moment in Bus und U-Bahn auch über vieles nach.

Wie ich meine Schulkinder zu einer ordentlichen Heftführung kriege zum Beispiel. Welche Bäume bei uns im Park stehen und woran ich sie erkenne, damit ich meinen Schülern beibringen kann, wie sie sie erkennen können. Wie ich den verdammten Schwimmtermin (Donnerstag 8 Uhr Früh!!!) verschieben kann. (Kann ich nicht, weiß ich eh schon, aber ich HASSE es, in der Früh schwimmen zu gehen!!!!) Ob ich nächste Woche in Englisch lieber das Lied vom Wetter mache oder doch das Buch mit den Tieren. Wann ich meine Jahresplanung machen soll, wo ich doch den ganzen Tag damit beschäftigt bin, den morgigen Tag zu planen.

Und dann kommt der Augenblick, an dem ich feststelle, dass ich morgen Schreibtreffen habe, aber keinen Text. Weil ich einfach keine Sekunde Zeit hatte, einen zu schreiben. Auch keine Nerven dafür und - ganz ehrlich - auch kein großes Interesse. Weil ich es momentan wahnsinnig wichtig finde, dass meine Schüler endlich den richtigen Hefteintrag erlernen, du kennst das ja Überschrift in der Mitte und BUNT, danach eine Zeile auslassen, und dann mit FÜLLFEDER der erste Satz ... Und die Großbuchstaben sind genau doppelt so groß wie die Kleinbuchstaben, das große J geht unter die Zeile, das große I jedoch nicht, und wer killern muss, schreibt anschließend mit Bleistift drüber, weil das einfach besser aussieht ... Und der ilsamische Religionsunterricht findet jeden Dienstag von 15:00 bis 15:50 statt, und wer nicht hingeht, kriegt keine Note.

Sollte ich je zu einer Stunde freier Zeit kommen, werde ich also meine Jahresplanung machen, die völlig sinnlos ist, weil ich mich sowieso nie daran halte, die aber trotzdem sein muss.

So wird der September vergehen, und der Oktober wird beginnen. Irgendwann wird der Tag kommen, an dem ich statt um 17:00 um 14:00 nach Hause gehe und auf einmal nichts zu tun habe. Und genau dann werde ich - möglicherweise - wieder etwas schreiben. Kann gut sein, dass es mit ordentlicher Heftführung zu tun hat. Oder mit den heimischen Bäumen. Oder aber - viel besser - mit dem DÄMLICHEN Schwimmunterricht.

Bis dahin tue ich einfach so, als würde ich Bücher schreiben ... Und morgen beim Schreibtreffen höre ich einfach zu.

Heftige Schulgrüße!

Saskia

Andrea Karimé

am 17.9.2011

Liebe Saskia,

nebenan schläft der kleine Neffe, nach dem er den ganzen Tag geschrieben und musiziert hat. Wir haben eine Geschichte, die wir immer weiterschreiben, und wo natürlich wir die Hauptpersonen sind. Mit Kühlschrankmagnetwörtern hat er dann noch gedichtet wie ein Weltmeister, während ich das Bad geputz habe. Mein Lieblingsvers war Armträne vergleichen, seins : Donnerkopf ! Wann wieder schreiben?

Genau: wann wieder schreiben?, war die Frage der letzten Woche. Momentan kommen wieder Ideen für das nächste Kinderbuch. Im Bus und in der Bahn schreib ich jetzt deshalb immer Einfälle auf. Diese Motibvation war lange weg!

Mein aller erster richtig mehrsprachiger Buchworkshop letzte Woche war ganz toll!

Das Buch wird heißen "Das Vanillekind und andere Texte der Bärenklasse..." (Vanillekind ist eine Erfindung eines deutschtürkischen Mädchens und heißt auf Türkisch vanillgaçocuk .) Ich bin begeistert.

So eine Hin- und Herkooperation mit einer Illustratorin ist ja was ganz Tolles, da beneide ich dich richtig drum. Vielleicht werd ich das auch mal haben. Ich wünsche dir jedenfalls viele Einfälle und Sperriges weg. (Einfach zum Sperrmüllplatz damit! Die Maus freut sich bestimmt! Und wenn sie erst den Wortabfall ankabbert....)

Herzliche Grüße vom Wörterberg,

Andrea

Saskia Hula

am 10.9.2011

Liebe Andrea,

Unglaublicherweise ist die erste Schulwoche vorbei vergangen. Alles danach ist hoffentlich nur mehr halb so schlimm.

Eigentlich dachte ich ja, ich könnte frühestens Ende Oktober wieder ans Schreiben denken, aber wie es so ist, habe ich mich bereits heute wieder über meine momentan etwas sperrige Bilderbuchgeschichte gesetzt (für die ich übrigens auch in der Türkei am Strand die Idee hatte!), und zwar einfach deshalb, weil mir die Illustratorin, für die ich die Geschichte geschrieben habe, schon ein paar ganz tolle Entwürfe geschickt hat. Da macht es dann gleich wieder Spaß!

Überhaupt ist es eine tolle Sache, gemeinsam ein Bilderbuch zu entwickeln - wenn wir das Buch jetzt auch noch an den Mann (bzw. an den Verlag) bringen, dann bleib ich bei dem Konzept!

Mein Weihnachtsbilderbuch "Pfoten weg vom Weihnachtsbaum!" ist jetzt auch eingetrudelt, das sieht sehr nett und witzig aus (das soll es auch, denn es ist auch vom Text her eher witzig als besinnlich).Damit kann also die Vorweihnachtszeit beginnen, hurra!

(Bei uns hat es heute allerdings noch an die 30 Grad; jetzt langsam dürfte es dann von mir aus langsam kühler werden, im September mag ich nicht mehr ins Bad gehen, und nachdem ich leider keine Dachterrasse, keinen eigenen Pool und auch keinen Schwimmteich habe, habe ich auch nicht viel von dem Wetter; aber ich will auch nicht jammern, denn die Sonne wird mir lang genug abgehen ...)

Vielen Dank für das Angebot mit dem Chinesen, aber ich hab eh eine ehemalige chinesische Schülerin, die wird mir hoffentlich vorlesen!

So, ich hoffe, du bist wieder ganz in Köln angekommen und es geht dir spätsommerlich gut!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 3.9.2011

Liebe Saskia,

es stimmt, ich bin erst seit zwei Tagen wieder in Deutschland, und ich laufe herum wie Falschgeld.

Am ersten Tag hab ich so mein Viertel mit den Füßen abgemessen. Mehr nicht!

Am zweiten zog Wäschegeruch durch die Wohnung und der Kühlschrank wollte gefüllt werden.

Das Wetter erleichtert mir Gott sei Dank die Eingewöhnung in Köln, ist es doch so warm hier wie in Istanbul. Sitze also immer noch im leichten Hemdchen zwischen Buchstaben und Sonnenstrahlen. Mailbuchstaben, Tagebuchstaben, Blogbuchstaben usw.

Mit den Ideen magst du recht haben!

Auch mein Rückreisegepäck Gepäck war voll damit und süß und schwer, wie das Helwadessert, dass Ayda Aksit uns am vorletzten Tag in Ürkmez zubereitet hat. Butter, Öl, Zucker, Milch und Mehl. In der Pfanne gebraten und zu kleinen Fladen geformt. Ein paar Sachen habe ich vor Ort noch umgesetzt, anderes ruht in den Tiefen meines Datenmeers im Computer.

Leider stellte ich bei meiner Ankunft fest, dass ich wieder Geld eintreiben muss. Es ist unfassbar, wie lange manche Arbeitgeber damit auf sich warten lassen. Motivierend ist das nicht. Ein weiterer Stein auf dem Weg der Selbstdisziplinierung!

Gratuliere zu den chinesischen Ausgaben. Hier treffe ich bald einen Jungen, der chinesisch lesen kann. Wenn du mir das Buch schickst, kann ich versuchen es aufzunehmen.

Viel Spaß beim Ideenauspacken.

Liebe Grüße sendet dir Andrea

Saskia Hula

am 29.8.2011

Liebe Andrea,

da du ja, wie ich aus erster Hand weiß, gerade nicht bloggen kannst, verzichte ich auf eine Antwort und schreibe einfach mal weiter ...

Ich bin also gut in Wien gelandet, habe auf dem Heimweg noch ein paar Berge bestiegen und mir einen höllischen Muskelkater geholt, und jetzt beginnt der Ernst des Lebens wieder.

Aus Izmir habe ich ja merkwürdigerweise ganz viele Kinderbuchideen mitgenommen, obwohl wir uns nie mit Kinderbüchern beschäftigt haben. Was übrigens meine Theorie bestätigt, dass man Ideen nicht direkt anschauen darf, weil sie sonst flüchten. Viel besser ist es, sich seitlich zu nähern, so zu tun, als interessierte man sich für etwas Anderes, und dann im entscheidenen Moment - patsch - zuzuschlagen!

Was ich hiemit auch tue. Der Koffer ist aufgepackt, die Wäsche ist in der Waschmaschine, und ich schaue mir jetzt mal an, was ich da an Anfängen und Überschriften und Textstückchen mitgebracht habe. Und was ich daraus machen kann.

Heute im Postkasten habei ich übrigens die chinesische Ausgabe vom "Lesemuffel" und vom "Mathemuffel" gefunden! Beide schauen wirklich allerliebst aus! Und ich würde nur allzugern einem kleinen Chinesen beim Lesen zuhören! Vielleicht finde ich ja sogar einen, in meinem Viertel wohnen sicher die allermeisten Chinesen Wiens, hier gibt es sogar eine chinesische Buchhandlung!

So, du solltest dich ja auch langsam auf den Weg zurück machen. Heute noch Izmir, morgen dann Istanbul, stimmt´s? Und Ende der Woche wieder nach Köln. Ich freu mich darauf, von dir zu hören!

Alles Liebe!

Saskia

Saskia Hula

am 13.8.2011

Liebe Andrea,

meine Schreibwoche war sehr produktiv! Ich hatte aber auch die idealen Arbeitsbedingungen: Keine Ablenkungen (wir haben wieder in einem Haus fern von jeder Zivilisation gewohnt), schlechtes Wetter (und damit kein Grund hinauszugehen), Kälte (da bewegt man die Finger gleich schneller auf der Tastatur) und vor allem andere Schreibende rund um mich. Das ist schon ziemlich inspirierend, finde ich.

Für mich ist es außerdem eine echte Motivation, etwas zu schreiben, wenn ich weiß, dass ich das anschließend vorlesen soll. Ansonsten neige ich ja ganz gern zum Aufschieben.

Ich habe meine begonnene Geschichte tatsächlich fertigbekommen, und zwar gleich zweimal: Zum ersten Mal gleich am ersten Tag. Da hatte ich nämlich endlich eine Idee, wie es weitergehen könnte, und dann hab ich die Geschichte einfach mal runtergeschrieben. Eigentlich hätte es das sein können. Aber dann habe ich mich doch entschieden, eine andere Art Geschichte daraus zu machen, mehr einzelne Szenen, mehr Dialoge, mehr Ausführlichkeiten und so. Und daran habe ich dann in den nächsten Tagen gearbeitet. So wurde aus einer 6-Seiten-Geschichte eine mit 15 Seiten. Eine ziemlich lustige übrigens, finde ich. Gestern in letzter Minute hab ich dann noch den Schlusssatz geschrieben.

Heute bin ich nach Hause gekommen und habe das Paket mit meinen neuen Selma-Büchern vorgefunden. Das ist ja immer ein schöner Moment. Fehler hab ich auch noch keinen gefunden (ich hab allerdings auch nicht danach gesucht), nur eine etwas unmotivierte weiße Seite mitten im Buch, das ist ein bisschen komisch. Aber besser als eine schwarze, oder?

Meinen Koffer hab ich ausgepackt, aber nicht weggeräumt, weil ich ihn sowieso gleich wieder einpacke. Die Wettervorhersage für Izmir sagt für die kommenden 14 Tage nur eine einzige Wolke voraus, und die an einem Tag mit 33 Grad. So eine Häufung von Sonnentagen hab ich schon lange nicht mehr gesehen, und deshalb freu ich mich jetzt auch schon ganz wild. Auf dich übrigens auch, ich glaub, wir werden es sehr nett haben!

Und für das Seminar hab ich natürlich auch nichts vorbereitet. Ich lasse mich überraschen. Zur Not schreib ich halt noch ein Buch fertig, hihi.

Bis Dienstag!!!

Saskia

Andrea Karimé

am 8.8.2011

Liebe Saskia,

die Koffer für die Türkeireise sind gepackt. Bald sehen wir uns ja dort. Ich komme mit dem Bus von Istanbul und hoffe ich finde Euch. Ich freu mich so wahnsinnig, allein wegen der Temperaturen, es ist Vlies -und Regenjackenzeit auch in Deutschland und ich bibbere in meinem Arbeitszimmer, das ich nicht heizen mag.

(ich bereite übrigens gar nichts vor, Du?)

Ich hoffe auch, dass ich unterwegs die leicht zu schreibenden Texte finde, was ja meistens so ist. Ja das finde ich auch bemerkenswert. Manche fließen wirklich wie von selbst aus der Feder. Wie das Himmelsklavier. Am Mustafa hab ich schon mehr "gebastelt".

Ich finde es übrigens nicht schlimm, viel Unfertiges mit mir herumzuschleppen. Immer wieder habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich irgendwann mal eine Leseprobe für eine Bewerbung brauche oder gern auf so etwas Unfertiges zurückgreife, das sich dann, eben im günstigen Moment, sehr schnell fertigstellen lässt. Manchmal denke ich, es gibt wie bei Montessori eine "sensible Phase" für Texte. Beim Himmelsklavier war es definitiv so. Die durch den Tod eines Dichterfreundes ausgelöste Frage hat ein ganzes Buch inspiriert und schnell zu Papier gebracht.

Meine Schwester hat übrigens sehr schöne Fotos von mir gemacht. Endlich wieder ein aktuelles Pressefoto. Und noch mit dem Himmelsklavierstapel.

Wie war deine Schreibwoche?

Herzliche Grüße,

Andrea

Saskia Hula

am 1.8.2011

Liebe Andrea,

Nein, gar nichts ist verschwunden, ich habe einfach mal von unterwegs in mein Postfach geschaut ... Aber so richtig Wichtiges gab es sowieso nicht. Das "Highlight" war eine Einladung, an einer Weihnachtsanthologie mitzuschreiben, was ich auch gern mache.

Ansonsten ist mir das Internet in keiner Weise abgegangen, wir haben so richtig Urlaub gemacht - wenigstens sofern man Urlaub bei 22 Grad machen kann. (Ich bin da ein bisschen sonnenfixiert ...)

Zu deinem zerknautschten Himmelsklavier fällt mir auch was ein: Die Belegexemplare meiner Schwester von "Mahlzeit, Monster" waren allesamt falsch gebunden, da gab es doppelte Seite und fehlende, ganz schrecklich!.Sie hat dann vom Verlag zum Trost gleich doppelt so viele - richtig gebundene - Bücher bekommen, das fand ich sehr nett.

Ich bin jetzt eine Woche in Wien und fahre dann auf Schreibwoche nach Gutenstein. Ich bin ja schon neugierig, was ich dort zustande bringe. In den letzten Monaten hab ich etwas einreißen lassen, was sonst nicht so meins ist: Ich habe immer wieder was Neues angefangen, ohne das Alte fertigzuschreiben. Jetzt habe ich drei oder vier Anfänge, die ich eigentlich mal weiterspinnen sollte. Irgendwie finde ich es belastend, diese unfertigen Sachen mit mir mitzuschleppen.

Es ist schon komisch, wie verschieden leicht mir meine eigenen Texte von der Hand gehen. Manche schreiben sich fast von selbst, da muss ich nur tippen. Und andere (die meisten): Oje, die sind richtig viel Arbeit.

Gratuliere zur perfekten Lesprobe! Daran hast du ja nun wirklich lang gearbeitet - ich wünsche ihr einen möglichst baldigen und fulminanten Erfolg! Und deinen Stipendienanträgen natürlich auch!

Was das Kombinieren vom Lehrersein und Schreiben betrifft, bin ich ganz zufrieden. Das liegt aber vermutlich daran, dass ich Schreiben so anstrengend finde, dass ich sowieso nicht länger als ein, zwei Stunden am Tag damit verbringen will. Und da bleibt mir dann eben eine ganze Menge Zeit übrig ...

So, jetzt muss ich mich aber schön machen für mein neues Verlagsfoto! Und dann durch den Regen (schon wieder, verdammt!!!) möglichst unzerstört zum Fotografen kommen. In der Türkei hat es übrigens durchgehend über 30 Grad. Da können wir uns ja schon mal darauf freuen.

Alles Liebe!

Saskia

Andrea Karimé

am 26.7.2011

Liebe Saskia,

heute habe ich das Paket mit den Belegexemplaren des Himmelsklaviers erwartungsvoll aufgemacht und wurde enttäuscht: Neun von zehn Freiexemplaren waren zerknautscht und sahen aus wie vom Wühltisch. Schrecklich! Der Verlag ist aber so nett und lässt mir neue zukommen. Das war dann wieder eine gute Nachricht. Und ich muss die zerknautschten nicht mal zurückschicken!

Ansonsten ist die Leseprobe des Zitronenjungen nun picobello! Ich bin sehr zufrieden. Hab zwar von der Agentur noch keine Nachricht, aber das Gefühl, dass sich die Mühe gelohnt hat. Ich mache gerade Pause vom Manuskript, schreibe Bewerbungen für Stipendien und stelle dafür Arbeitsdokumentationen zusammen. Was auch echt schön ist, weil es mir so vielfältig vorkommt.

Nebenbei helfe ich mit, den Nachlass meines verstorbenen Dichterfreunds in ein Buch zu bringen. Da gibt so so viel schönes Material, Texte, aber auch Zeichnungen und Aquarelle. Teilweise zwischen Konferenzprotokolle virtuos gekritzelt oder in Kalendern verstreut. Zeugnisse unermüdlicher Produktivität , nebst Lehrerberuf; das was ich nicht schaffen könnte. - Du schon eher, oder?

Die Kölner Strandbar kenne ich, meine Schwester hat mich mal mit hingenommen: ein Besuch ist wirklich lohnenswert.

Wie ist dir die Internetaskese bekommen? Ich fand das ja echt toll, auch jetzt behalte ich es noch bei, dass ich nur dosiert an den PC gehe.

Sind nun wirklich wichtige Nachrichten verschollen?

Gutes Ankommen wünsche ich dir jedenfalls und weiterhin schöne Ferien

wünscht dir
Andrea

Saskia Hula

am 15.7.2011

Liebe Andrea,

wird denn dein Buch wirklich auf Slowenisch übersetzt? Das finde ich aber toll! Vor allem die Möglichkeit, da selbst mit zu übersetzen ... Das stelle ich mir sehr spannend vor.

Ich wäre ja gern Übersetzer. Leider kann ich keine Sprache gut genug, aber wenn ich das könnte, würde ich richtig gern übersetzen. Vor allem natürlich meine eigenen Texte;-)

Meine Löwe-und-Maus-Geschichten sind übrigens so gut wie fertig, ich war echt fleißig, und außerdem ist mir auch ständig was eingefallen.

Jetzt mach ich mal Pause. Nämlich so richtig. Morgen fahre ich in die Toskana. Ohne Laptop. Einfach Urlaub machen. Und ich komme erst in zwei Wochen wieder zurück. Es kann also sein, dass mich wichtige e-mails nie erreichen, weil sie nämlich nach 2 (oder 4?) Wochen automatisch gelöscht werden, wenn ich sie nicht lese. Naja, ich riskiere das mal. Es betrifft sowieso nur die mails. die ich morgen oder übermorgen bekomme. Und vielleicht sind es ja auch 4 Wochen, das wäre natürlich praktisch.Ansonsten muss es der- oder diejenige halt noch mal probieren. Urlaub muss schließlich sein. Gepackt hab ich schon.

Also, auf nach Italien! Ich freu mich.

Dir eine schöne Zeit! (Köln hat übrigens laut der Zeitschrift "Freundin" neben Wien eine der fünf schönsten Strandbars der Welt, die anderen sind auf den Malediven und so ... Ich kenne die in Wien leider auch noch nicht, aber du kannst dich ja schon mal über die in Köln freuen ...)

Bis bald und ganz liebe Grüße
von
Saskia

Andrea Karimé

am 10.7.2011

Liebe Saskia,

so jetzt bin ich wieder zurück mit schönen Eindrücken und Wörtern und Bildern als Souvenirs. Zum Beispiel der Abendvogel mit seinem entschiedenen Staccatopfiff, einen Schlag lang, drei Schläge Pause und das den ganzen Abend lang über unserer Terrasse. Oder die Ameisen, die tagelang unermüdlich an der großen toten Grille auf dem Weg gearbeitet haben...

Was sehr spannend war: Ich konnte verfolgen, wie Kaugummi und Verflixungen auf Slowenisch übersetzt wird. Das ist ja wirklich schwer, wegen der vielen erfunden Wörter. Für Verflixungen allein gibt es keinen Ersatz. Manchmal haben wir bei den arabischen Wörtern Alternativen genommen um passende Wortspiele für das Slowenische zu finden.

Ich liebe kreative Missverständnisse wie das mit der Nalle! Vieles vom Kaugummi ist ja so entstanden und ich will unbedingt damit weiter arbeiten. Das meine ich ja mit der Köstlichkeit der (Wortschöpfungen und) Mehrsprachigkeit. Das sind richtige kleine Sprachwunder.

Das mit deiner Geschichte finde ich schade, aber die Seite ist ja nicht der Müll, Gottseidank! Und der Löwe ist ja eh super. Und das was du mit den Zahlen beschreibst nenne ich künstlerische Intuition. Ha! Das ist doch mal was! Ich wünsche dir von Herzen, dass alles gut geht! Was sollte denn da eigentlich noch schief gehen?

Alles Liebe,
Andrea

Saskia Hula

am 7.7.2011

Liebe Andrea,

ja, ein Wunder wünschen wir uns doch alle! Oder am besten gleich mehrere. Kein Wunder also, dass Wunder gut ankommen;-)

Deine kleine Nalle musst du unbedingt gut aufheben! Die gefällt mir jetzt schon. Ich liebe ja auch den weißen Neger Wumbaba, kennst du den? Der ist kein Lese- sondern ein Hörirrtum und stammt aus der letzten Zeile von "Der Mond ist aufgegangen": ...(der weiße Nebel wunderbar ...)

Ich musste jetzt meine gerade träumerisch entstehende Geschichte kurzfristig in den Tiefschlag verlegen, weil ich nämlich den dritten Band vom Löwen auf dem roten Sofa schreibe, und das ist schon ein bisschen eilig. Naja, nicht so richtig eilig. Aber ich habe ungern Stress beim Schreiben. Ich brauche das Gefühl, dass ich - auch wenn alles schief geht - noch einmal in Ruhe von vorne anfangen kann.

Aber ich hoffe natürlich, es geht nichts schief. Der Löwe ist eines der (wenigen) Bücher, bei denen mir das Schreiben wirklich leicht fällt. Da machen die Figuren einfach, was ihnen einfällt, und irgendwie passt es dann immer. Manchmal ist das echt fast schon unheimlich. Ich habe z.B. im letzten Kapitel des zweiten Bandes ein Schaf eingeführt, das seine Herde verloren hatte, und diese Herde bestand aus genau dreihunderteinundzwanzig weißen und zwölf schwarzen Schafen. Man könnte meinen, zwei völlig beliebige Zahlen (was sie natürlich auch waren) Aber, ha! Jetzt, wo ich daran weiterschreibe, habe ich die ganze Herde zusammengezählt und da sind es doch glatt dreihundertdreiunddreißig Schafe in Gegensatz zu genau drei Tieren auf dem Müllplatz (nämlich Löwe, Maus und Schaf), und besser und schöner hätte man sich das doch gar nicht ausdenken können, oder? Das ist natürlich nur ein sehr kleines Detail, aber mich freut es. Ich mag Zahlen nun mal sehr.

So, ansonsten gibt es nichts Weltbewegendes zu berichten!

Ich bin gespannt, wie deine Urlaubswoche war!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 1.7.2011

Liebe Saskia,

herzlichen Glückwunsch zu den Ferien. Ich stoße im Geiste mit dir an. Viele schöne unbeschwerte Stunden wünsche ich dir!!

Und die Vorfreude teile ich natürlich. Mein kleiner Kindergedichtzyklus ist fertig und angenommen, was sehr schön ist. Für Kinder zu dichten ist was ganz Besonderes für mich. Die ausgetretenen Pfade zu verlassen und gleichzeitig nicht zu kryptisch zu schreiben. Wie aus einer großen geheinmnisvollen Gewürzmühle süßen Poesiepfeffer fein aufstreuen...

Ansonten wird an diesem Wochenende wieder "nur" gesungen. Aber bei so viel Schwingung wird auch das aktuelle Schreiben angestoßen und inspiriert. Und immer wieder passiert es, dass ich irgendetwas in die Noten schreibe. So wurde die lustige kleine Nalle entdeckt, durch falsche Artikulation von preiset ihn alle bei Bach. Mal sehen wo dieser Wortfisch hin will.

Hier noch ein kleines Anekdötchen von der letzten Lesung. Ein Junge aus der ersten Klasse fragte zu meinem Kamelbuch:

"Ist das von Jesus und so. Da ist doch auch ein Kamel?"
Autorin entschieden und bedauernd: "Nein! "
Kind: Entäuschte Gesichtslänge, langer Vokal: "Ooch!"
Autorin mit Überzeugung: "Aber es kommt auch ein Wunder vor!"
Kind, aufgehellt: "Dann ist ja gut! Dann kannst du es lesen!"

Viele Grüße von
Andrea

Saskia Hula

am 30.6.2011

Liebe Andrea,

Morgen. Ist. Bei. Uns. Schulschluss.

Der schönste Tag im Jahr!

Es ist unglaublich, wie befreiend so eine Zeugnisverteilung sein kann - dafür nehme ich gern jeden Neid der Welt in Kauf! Und zwar ohne das geringste schlechte Gewissen. Schließlich ist das Schuljahr anstrengend genug.

Das Theaterstück haben meine Schüler auch mit viel Begeisterung hinter sich gebracht, jetzt muss ich nur noch die letzten Regale ausräumen, und dann geht es in die Sommerferien. Für 9 Wochen.

Außerdem habe ich ziemlich überraschend zwei Buchverträge zugeschickt bekommen - wenn man aufhört, auf sie zu warten, kommen sie anscheinend von selbst. Manchmal jedenfalls. (Meistens nicht)

Gedichte schreiben finde ich auch toll, obwohl sich mir nicht so viele Wortschöpfungen aufdrängen wie dir. Ich bin eher der Haus-Maus-Typ, aber wenn man es geschickt macht, kann das ja auch nett sein.

Tja, zu meiner schönen Geschichte bin ich diese Woche leider nicht so richtig gekommen. Erstens war ich übers Wochenende in Krummau und hab mich dort ausschließlich den schönen und angenehmen Dingen des Lebens hingegeben, und zweitens ist die letzte Schulwoche eben doch arbeitsintensiv.

Aber ich werde meinen Laptop einfach den ganzen Sommer über mit mir herumschleppen. Dann wird schon der eine oder andere Text entstehen, hoffe ich.

Wie wirst du denn den Sommer bis zu unserem Türkeitreffen verbringen?

Vorfreude- und feriengetränkte Grüße!

Saskia

Andrea Karimé

am 23.6.2011

Liebe Saskia,

freut mich, dass dir mein Amselglissando gefällt, das Original stammt aus einer Blanka Beirut Kolumne von ich weiß nicht wann. Typischer Fall von Sichselbstzitieren wenn einem nichts einfällt...:)

Auf diese neue Idee bin ich gespannt wie ... und hoffe in der Türker brühwarm davon zu hören! Diese Art von Träumen kommt mir sehr entgegen. Das hast du wunderbar gesagt: nicht so ungeordnetes Träumen. Aber eben auch nicht geordnet. Träumen nur klar und freundlich.

Ich mach ja grad auch was, was ich nicht gewohnt bin: Gedichte für Kinder schreiben. Das macht so wahnsinnigen Spaß, allein weil so lustige Wortgesellen aufgetaucht sind, die mich durch gezielte Nasenstüber inspirieren. So gibt´s eben immer was Neues.

Das aktuelle Projekt zieht sich aber ein wenig. Nun ja ich denke aber dass es sich lohnt und dass ich wahnsinnig viel dran lerne!

Die Chrowochenenden sind wirklich toll. Ich könnte gar nicht ohne sein. Beim letzten haben wir zeitgenössische geistliche Stücke gemacht. Zum Beispiel das gespenstisch geheimnisvoll sphärische "Miserere" des polnischen Komponisten Josef Swider. Sowas zieht dann einfach in mir ein und klingt schwingt und hallt noch tagelang nach.

Manchmal möchte ich auch gern mehr Zeit haben. Was ich tun würde? Mit einer komplett freien Woche? Irgendeinen Yoga oder Taiji Retreat. Wandern käme ich ein Stück mit und dann nach Australien.

Ich wünsche dir weiter viel Spaß beim freien klaren Spaziergang durch deinen Textkosmos.

Andrea

Saskia Hula

am 18.6.2011

Liebe Andrea,

dein wunderbares Amselglissando hab ich gleich in meine neue Geschichte eingebaut! Jedenfalls mehr oder weniger.

Ich habe nämlich eine neue Idee, was heißt Idee, ich bin mitten in einer neuen, kleinen Geschichte, von der ich überhaupt nichts weiß außer das, was bereits passiert ist. Ich bin ja sonst auch nicht so besonders strukturiert beim Schreiben, aber dass ich so wenig weiß, ist auch bei mir selten. Es ist fast ein bisschen wie Träumen, nur nicht so ungeordnet.

Da es aber eine märchenhafte Geschichte ist, gehe ich ihr einfach mal nach wie der Held im Märchen, der sein Glück in der Welt machen will und warte gespannt darauf, was hinter der nächsten Kurve ist: Drache oder Prinzessin.

Ansosnten beneide ich dich um dein Chorwochenende, weil ich Chorwochenenden einfach toll finde, aber nie eines habe, weil ich ja in gar keinem Chor mehr singe. Nur in unserer privaten kleinen Singrunde, die aber keine Wochenenden macht und auch nicht ganz so professionell ist wie ein richtiger Chor mit einem richtigen, wunderbaren Dirigenten. (Du weißt, ich liebe Dirigenten ...)

Irgendwie ist es schwieirg, alles im Leben unterzubringen, was man gerne machen würde und dabei noch keinen Stress zu haben. Ich würde zum Beispiel auch gerne mal eine ganze, große Strecke durch die Welt wandern, aber irgendwie hat diese Wanderwoche nie Platz in meinen Ferien, obwohl die ja durchaus lang genug sind. Fast jedenfalls, denn wären sie wirklich lang genug, würde sich alles ausgehen. Die Chorwoche, die Tanzwoche, die Wanderwoche, die Woche auf der Alm ...

So gehen sich gerade mal 2 Wochen Toskana, ein bisschen Burgenland, eine Schreibwoche in Österreich und eine in der Türkei aus, dazwischen ein bisschen Familie und Bad und Schanigarten.. Eigentlich eh total viel. Da muss das Chorsingen halt leider warten.

Was singt ihr denn überhaupt Schönes? Und was würdest du tun, wenn du ein paar zusätzliche Wochen hättest?

Liebe Grüße,
Saskia

Andrea Karimé

am 14.6.2011

Liebe Saskia,

über Pfingsten habe ich ein Chorprojekt mitgemacht und war komplett offline, was echt selten ist. (Ich hatte Rundumdieuhrerreichbar, die typische Krankheit der Freiberufler.) Allerdings hat das nun ein Nachspiel. Viele zu beantwortende Mails, Bibliotheken und andere meldeten sich, als ob niemand sonst Feiertage hat. Heut morgen habe ich deshalb nur Blödes erledigt, Rechnungen, Antworten und Verträge verschicken. Und natürlich Wäsche waschen.

Ich mag Kapitelüberschriften, allerdings nur, wenn sie so komfortabel sind wie die von Kästner (Die hab ich als Kind total gern gemocht.) und wenn ich sie nicht selbst schreiben muss. Denn ich kann dich gut verstehen. Man ist ja schon froh, wenn man einen halbwegs gelungenen Titel gefunden hat, dann auch 25 weitere für die Binnenabschnitte??? Also für 30000 musste ich das übrigens noch nie machen. Wo gibt´s denn so was?

Gratuliere auf jeden Fall zur Fertigstellung des Texts! Mein Himmelsklavier ist nun auch auf dem Weg! Die Illustrationen sind ganz außergewöhnlich geworden. Ich bin so gespannt.

Der Rundfunkauftrag ist wirklich interessant. Auch weil ein so gründliches Lektorat einen ja quasi fortbildet, wenn es gut ist, und das ist es. Darüber freu ich mich. Und auf jeden Fall sollten wir in der Türkei eine Miniwerkstatt machen. Ich fand die bei mir sehr spannend, denn außer dem Interesse am Schreiben hat ja jeder Autor andere Stärken und einen entsprechend individuellen Fokus. Und das genau brachte die Bereicherung, den Coaching -Effekt! Ich denke, dass das Werkstattwochenende uns nicht verloren geht. Der Winter ist eine feine Zeit dafür.

Liebe Grüße sendet dir von vorm Balkon mit Amselglissando,
Andrea

Saskia Hula

am 5.6.2011

Liebe Andrea,

Im Moment wäre mir ein Schreib-Badesee lieber! Es ist soooo heiß bei uns!

Ich brauch aber sowieso nur mehr die Kapitelüberschriften, dann bin ich fertig.

Dabei finde ich Kapitelüberschriften völlig sinnlos! Ich habe noch nie in meinem Leben eine Kapitelüberschrift gelesen! Wenn überhaupt Kapitel - die ich bei einem Text von insgesamt 30 000 Zeichen sowieso nicht brauche - dann doch bitte Nummern! Aber Verlage lieben anscheinend Kapitelüberschriften! Immer wenn ich denke, ich bin fertig, kommt dieses "Würden Sie uns bitte noch die Kapitelüberschriften schicken?"

Gratuliere zum Rundfunk-Interesse! Das ist doch mal was ganz anderes, oder?

Das Schreiben auf Zeichen finde ich spannend, das habe ich immer wieder mal einfach so für mich probiert- eine Geschichte auf 5000 Zeichen kürzen oder so. Wenn man sich selbst zum wilden Kürzen zwingt, bekommt man ein gutes Gefühl für notwendige und überflüssige Wörter. (Meine jetzige Geschichte lebt allerdings eher von der Fülle, und das macht auch Spaß ... so gibt es halt keine Regeln, die man nicht auch brechen kann)

Ja, so eine Miniwerkstatt ist sicher was Feines! Etwas Ähnliches können wir ja im Sommer in der Türkei ebenfalls veranstalten (Oje, das werden karge Zeiten für unseren Blog, fällt mir gerade ein!)

Ich habe ja in Wien ein Schreibtreffen alle zwei Wochen. Bei uns sind weniger alte Hasen dabei, wir sind eine ganz gemischte Gruppe mit sehr gemischten Texten, aber es ist jedes Mal sehr anregend und spannend.

Wollten wir nicht auch mal so ein Schreibwerkstatt-Wochenende veranstalten?

Naja, das können wir ja immer noch machen, wenn es wieder kalt und grau ist. Damit wir auch dann noch einen Grund zur Freude haben.

So, aber jetzt auf zu den Kapitelüberschriften! Die ja gar nicht so einfach sind, wenn man sie ernst nimmt.

Noch einen wunderschönen Sonntag!

Liebe Grüße von
Saskia

Andrea Karimé

am 3.6.2011

Liebe Saskia,

schön, dass du wieder am Schreibfluss bist!!! An diesem Fluss sitzt ich am liebsten und man schwimmt da so herrlich!!

Also das dir nette kleine Szenen einfallen, daran hab ich nie gezweifelt. Deine Ideen sind doch immer sehr knackig und originell. Trotzdem ist die Liebe zur Kürze auch sehr hilfreich, glaube ich. Also bin schon sehr gespannt auf die Geschichte.

Bei mir ist es ja eh von je her so, dass alles länger werden muss, ausführlicher usw. Ich hetz immer erst eine viel zu kurze Fassung ins Computer Grau und dann muss ich noch auffüllen, wegen Sprüngen, Knappheiten, Unlogik, ect.

Ich habe in dieser Woche für den Rundfunk geschrieben und heute weggeschickt. Die hatten schon eine Leseprobe und eine Exposee für drei Folgen und nun alles ausgeschrieben angefordert. Es gab ein gründliches Lektorat und ich habe wieder etwas dazu gelernt. Die Folgen müssen eine vorgegebene Zeichenanzahl haben, mehr nicht, das war für mich was Neues. Schreiben nach Zeichen. Aber es hat geklappt.

Am Sonntag hatte ich ein erstes Miniwerkstatttreffen. Das ist schon super, so alte Autorenhasen finden immer gleich die Knackpunkte. Es ging um die Zeiten. Ich hab die verwirrend überlegert, wie ich es gern in Romanen und Erzählungen mache. Deshalb ist es mir gar nicht aufgefallen. Der Text funktionierte an den Stellen gar nicht. Diese Erkenntnis war sehr inspirierend und löste eine Schreibwelle aus.

Die Agentin hat die Leseprobe nun und wird sich bald melden. .

Einen schönen Tag am beliebten Schreibfluss gewünscht

Andrea

Saskia Hula

am 2.6.2011

Liebe Andrea,

so, nun hat mich das Schreiben wieder eingeholt!

Ich sollte nämlich eine Geschichte, die ich vor längerer Zeit geschrieben habe, überarbeiten und verlängern, was ja normalerweise nicht so toll ist. Also, das Überarbeiten schon, das liebe ich ja sehr. Aber Verlängern? Das ist für mich eher schlimm. Viel zu groß ist die Gefahr, dass man eine in sich stimmige Geschichte mit Krampf in die Länge zieht ... Und warum etwas lang um etwas herumreden, was man auch kurz ausdrücken kann?

Aber diesmal hat es wunderbar geklappt. Mir sind lauter nette kleine Szenen eingefallen, die eindeutig noch gefehlt haben, und jetzt ist die Geschichte nicht nur um die Hälfte länger, sondern sicher doppelt so gut. HA! Das sind die Momente, in denen ich gerne schreibe!

Bei deinen schönen Gedichte-workshops wäre ich übrigens sehr gerne mal dabei. Ich glaube, du machst das ganz toll!

Und an eine Koffergeschichte hab ich auch schon gedacht, allein, um dieses Ungetüm von Koffer vor den Lesungskindern zu rechtfertigen. Aber bisher ist mir nichts eingefallen. Naja, kann ja noch kommen.

So, ich mache mir jetzt Frühstück. Vor lauter Schreiben hab ich noch nichts gegessen. Unglaublich, was!!!???

Begeisterte Schreibgrüße,

Saskia

Andrea Karimé

am 28.5.2011

Liebe Saskia,

schön wie du schreibst:

Egal!
Der Sommer kommt.

Auch die Prinzessin wird den einen oder anderen Satzfund noch machen. Manche Geschichten kommen in einem sehr eigentümlichen Tempo zustande. Das kenn ich auch. Der Onkel Mustafa wurde zig mal überarbeitet. Seit 2007 war ich dran und letztes Jahr erst ist er fertig geworden.

Also deine Koffergeschichten sind sehr unterhaltend:) Wäre doch auch eine gute Idee? Geschichten von Autorenkoffern und anderen Getümen. Da mach ich mit!

Mein Koffer ist auch kaputt. Eigentlich sind beide Koffer kaputt. Der große, den ich gern für das Erzähltheater nehme, weil da auch große Kamele reinpassen, und der mittlere, den ich gern auf Lesereisen ab 2 Tage aufwärts nehme. Jeweils der Griff! Mein Stiefvater bot sich an, beide zu reparieren, Das werde ich also nun in Anspruch nehmen.

Die Lesereise in Bade Wörderberg war toll und abwechslungsreich. Ich habe das erste Mal in einer Realschule, 5.Klasse gelesen; den Mustafa. Hat super geklappt. Gespräche auf ganz anderem Niveau! Der Workshop war auch sehr schön. Kleine Gedichte sind enstanden. Selbst Jungen haben was geschrieben. Zum Beispiel über eine Sternenhimbeere, die dem Jungen fantastisch nach Himmel geschmeckt hat. Oder über das lebendige Meereskleeblatt. Klein und verschrumpelt, aber glitzernd und süß waren die Texte der Kinder.

Liebe Grüße von
Andrea

Saskia Hula

am 26.5.2011

Liebe Andrea,

sei froh, dass nichts mehr in deinen Koffer passt!

Ich habe mir - nachdem mein lanjährig erprobter, roter Koffer kaputt gegangen ist, in einem Anfall von Wahnsinn den teuersten und größten Koffer der Welt gekauft.

Für Lesereisen, fand ich, könnte man sich schon mal ein bisschen Luxus leisten.

Dann war ich das erste Mal mit ihm unterwegs. Er war trotz all meiner Lesungssachen nicht mal halb voll (dazu müsste ich vermutlich mindestens 4 Wochen unterwegs sein), was dazu geführt hat, dass alle Sachen darin irgendwie herum gekugelt sind. Gleichzeitig war er aber so schwer wie immer, nur viel größer.

Voll hätte ich ihn aber sowieso nicht heben können. So hatte er eben noch dazu einen ganz blöden Schwerpunkt, und ich war jedesmal froh, wenn ich ihn übehaupt in den Zug hinein gekriegt habe.

Am Ende habe ich ihn umgetauscht - (gegen seinen kleinen Bruder, der, merkwrdigerweise genauso teuer war) und meinen alten Koffer habe ich reparieren lassen. (Die Adresse, wo man solche Koffer reparieren lassen kann, hat mir der Vekräufer des neuen Koffers gegeben, NACHDEM ich den neuen Koffer gekauft hatte!)

Tja, also wenn du mal einen tollen Koffer brauchst, sag es mir einfach. Angeblich kann ein Zug über ihn drüber fahren, ohne dass ihn das stört. (Der Laptop im Koffer ist dann natürlich hin und die Weinflasche ist zerbrochen, aber den Koffer musst du nur aufstellen und ausbeulen ...)

Ich wünsche dir eine schöne Reise zum Wörterberg! (Das wäre doch auch eine schöne Büchidee ... "Die Reise zum Wörterberg" oder so)

Ich versuche gerade, eine Prinzessinnengeschichte zu schreiben, in der es um eine äußerst ungezogene Prinzessin geht. Der Anfang gefällt mir sehr gut - seit etwa vier Jahren.

Immer wieder mal mache ich einen Versuch, weiter zu schreiben. Bis jetzt war ich dabei leider relativ erfolglos. (Relativ, weil ich jedes Mal um einen halben Satz weiter gekommen bin)

Naja, egal. Der Sommer kommt.

Alles Liebe!
Saskia

Andrea Karimé

am 24.5.2011

Liebe Saskia,

mit Nichten bin ich fertig, bzw m it Neffen! :) Ich fahre nämlich heute nochmals für drei Tage nach Baden Würtemberg, oder auch Baden Wörterberg genannt, Stuttgart und südlicher. Danach ist erst Sense mit den Lesungen, nur noch zwei im Juni und zwei im August. Dann Pause bis Oktober.

Aber Wörterberg klingt doch eigentlich hübsch oder? (Nur muss ich aktuell dauernd dran denken, dass ich gar kein Desinfektionsmittel dabei hab. Wegen dem Erreger. Sowas habe ich bisher nur nach Kairo mitgenommen!!! Man soll ja selbst Bananen abwaschen. Was ich heute morgen nicht über das Herz gebracht habe!)

Die Lesereise Wörterberg wird sehr abwechslungsreich: werden Wörkshop mit Viertklässern, Nachmittagslesung in einem Bettengeschäft!!, Realschullesung (was ich noch nie gemacht hab) und Grundschule wie immer.

Das mit dem Reimen finde ich sehr, sehr gut, habe aber bedauerlicherweise kein Talent . Ich hab's mehr mit den Sprach- Bildern. Auf dein Hasentheaterstück :) bin ich sehr gespannt. Sicher ist das mit den Reimen super. Reimende Hasen! Perfekt! Mira Lobe kenne ich übrigens auch, vor allem das von dir genannte Buch mag ich, aber auch andere, die mir in erster Linie im pädagogischen Bereich begegnet sind.

So jetzt mach ich mich los, die Sonne scheint schon fast aufdringlich, welche Jacke ist geeignet? Platz im Koffer ist keiner mehr: Abertausend Requisiten und Arbeitsmittel haben die Zugänge schon lang verstopft!

Andrea

Saskia Hula

am 23.5.2011

Liebe Andrea,

mittlerweile solltest du eigentlich mit deinen vielen Lesungen fertig und zu den Buchstaben zurückgekehrt sein, oder?

Ich habe mein Hasen-Theaterstück abgeschlossen, meine vorletzte Lesung gehalten und bereite mich schön langsam auf den Schulschluss vor.

Mit meiner Klasse werde ich zum Abschluss "Das kleine Ich-bin-Ich" von Mira Lobe aufführen, das liebe ich so sehr, dass es meine Schüler ruhig auswendig lernen sollen ... Ich kenne kein Buch, das sprachlich so perfekt ist!

Leider ist Mira Lobe ja in Deutschlang gar nicht sehr bekannt, so viel ich weiß. Österreichische Kinder hingegen (jedenfalls die meiner eigenen Generation) sind alle mit ihr aufgewachsen, und das ist auch gut so.

"Das kleine Ich-bin-Ich" ist auf jeden Fall ein Buch, das man immer und immer und immer wieder lesen kann, ohne dass es einen nervt. So ein Buch muss ich auch unbedingt mal schreiben! (Mich nervt nämlich jedes meiner Bücher irgendwann, wenn ich es nur oft genug vorlese ...)

Und unglaublicherweise ist es - obwohl es vermutlich an die 40 Jahre alt ist - absolut nicht veraltet.

Ich finde ja Reimen überhaupt ganz toll; für das Hasenstück habe ich auch ein paar Liedervorschläge gemacht, das war eine richtig nette Arbeit. Aber an Mira Lobe komme ich, fürchte ich, noch nicht heran.

Wie hältst du es mit dem Reimen?

Alles Liebe!
Saskia

Andrea Karimé

am 16.5.2011

Liebe Saskia,

ich sitze gerade wieder in einem Hotelzimmer, Lesereise Niedersachsen. Gleich werd ich abgeholt, es regnet aus Wannen und der traurig fad schmeckende Hotelfilterkaffee steht vor mir.

Die Lesungen in der Schweiz waren toll, bis auf die letzte von 12, bei der ausgerechnet die Veranstalterin dort war. Ich hatte Drittklässler vor mir, die von einem pubertären Gekichere ins nächste gefallen sind, und überhaupt nicht mitmachten. Darauf war ich nicht gefasst, und ich bin denkbar ungeschickt damit umgegangen. Nämlich im Prinzip gar nicht! Das ist mir eigentlich noch nie passiert, aber bekanntlich gibt es ja für alles ein erstes Mal!

Na ja ich tröste mich mit der Erinnerung an die anderen 11 und die köstliche schweizer Luft, den sehr guten Kaffee überall, die niedlichen schwarzen Schafe, die sich als schokobraun herausstellten und die tollen KollegInnen. Auch die SchulkulturmitarbeiterInnen waren großartig. Und der Bahnverkehr hatte mit dem Pannenladen DB gar nichts zu tun. Alle Anschlüsse klappten vorbildlich.

Gestern in Schwarme (das ich so gern Vogelschwarme nenne) bei Bremen war ich in einer sehr netten Schule. Den Kindern hat das Kaugummibuch sehr gut gefallen. Ich war verblüfft, dass auch Erstklässler sich so gut in den Grauen und sein Gedankenkarussell hineinversetzen können. Das war richtig toll. Auch war die Lesung (wie auch fast alle in der Schweiz) sehr gut vorbereitet.

Nächste Woche geht´s bei mir noch nach Baden-Württemberg und dann habe ich eine Pause und kann endlich mal wieder mit der Anordnung der Buchstaben auf ein Blatt beginnen.

Ja, ich fand es auch schade, dass ich nicht nach Gleisdorf kommen konnte. Gab es diesmal wieder Urkunden?

Ich liebe übrigens auch die Hauff Märchen. Ich fand sie schon als Kind viel geheimnisvoller und bildreicher als die Grimmschen. Man tauchte dort in unendlich viele Stockwerke unter der Erde, dachte ich damals.

Die Idee die Buchmassen einzudämmen ist skurril. Das Bedürfnis hab ich aber auch immer, wenn ich auf der Buchmesse bin. Auch Massenbücher sind ja nur bedingt notwendig. Ponihofbücher zum Beispiel gibt es einfach zu viele. Mit der Buchpreisliteratur habe ich gar kein Problem. Ich finde immer wieder viele schöne, kindgerechte und originelle Bücher in den Listen. So ein Preis ist ja nichts im Vergleich zu dem Starthonorar, das die Autorin der scheußlichen Vampirromane bekommen hat. Wenn das nach Qualität ginge, könnte die abdanken!

Liebe Grüße
Andrea

Saskia Hula

am 14.5.2011

Liebe Andrea,

über dein Kaugummibuch wurde natürlich nur das Beste gesagt - von poetisch über leise und besonders bis zu humorvoll und anrührend ... Schade, dass du nicht da warst!!!

Überhaupt war das eine ganz tolle Preisverleihung, wie ich sie gar nicht erwartet hätte. Die 14 Bücher wurden - egal, ob sie tatsächlich den Preis gewonnen hatten oder in der Kollektion gelandet waren wie unsere beiden - völlig gleichberechtigt vorgestellt.

Der einzige Schönheitsfehler war, dass mein Buch das allererste war, das sozusagen auf die Bühne gerufen wurde (nämlich in Form von Ulrike Möltgen und mir) und ich etwas überfordert war von der Frage, wo ich stehen und wohin ich jetzt schauen soll. Deswegen gibt es, fürchte ich, auch von uns kein Foto, auf dem wir mit Frau Minister Schmied gemeinsam unsere Urkunde präsentieren. Aber es soll nichts Schlimmeres in meinem Leben passieren.

Ich habe mich gefreut, Ulrike Möltgen endlich mal kennen zu lernen. Sie ist eine ganz, ganz nette und ich hoffe, wir machen wieder einmal ein Buch miteinander.

Die letzten Tage war ich ja auf Lesereise in Gleisdorf, deswegen hast du von mir auch nichts gehört. Das Hotel hatte zwar so eine Art Internet-Station, doch die hatte anscheinend den Auftrag, jeden Gast nach ein paar Minuten wieder rauszuschmeißen. Das war ziemlich nervig und eindeutig nicht das Richtige für einen ernsthaften Blogeintrag!

Meine Lieblingsmärchen sind übrigens "Die drei Hunde" und "Zwergenmützchen", beide von Ludwig Bechstein. Außerdem mag ich die Märchen von Wilhelm Hauff sehr gerne, aber die sind halt schon was ganz anderes als die Volksmärchen. Noch viel gruseliger ...

Und was ich mir von der Kinder- und Jugendliteratur wünsche?

Das kommt darauf an. Von der Ponyhof-Literatur wünsche ich mir mehr Tiefgang, mehr Sprachgefühl, mehr Eigenständigkeit. Von der Kinderbuchpreis-Literatur hingegen wünsche ich mir mehr Schlichtheit, mehr Kindgerechtheit, mehr Leichtigkeit und auch mehr Mut zum Schönen.

Mut wünsche ich mir überhaupt - vor allem von den Verlagen. Mut zur Vielfalt, Mut zum Leisen, Mut zum Besonderen. Und auch Mut zum Verzicht! Ich fände es schön, wenn man die Massen an neuen Büchern eindämmen könnte (was natürlich aus der Sicht des Autors absurd ist, ich weiß, denn dann würden womöglich auch meine Bücher eingedämmt.)

So, das wars für heute. Ich muss mich meinem Hasen-Theaterstück zuwenden, an dem ich gerade schreibe. Ist mal was ganz anderes, sehr unbelastet und eine interessante Herausforderung.

Bist du schon zurück aus der Schweiz? Und wie war deine Lesereise?

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 3.5.2011

Liebe Saskia,

danke für die poetischen Strudelrezpte. Da ich ja bald Geburtstag habe, passt das gut! Und ein Saskia Hula Kochboch hätte ich dann gern dazu!

Die Idee mit dem Märchenbuch hatte ich auch schon mal mit den arabischen Geschichten, die noch nicht so bekannt sind. Mach doch! Ich finde so etwas sehr sinnvoll! Und ganz sicher kannst du sie in der ein oder anderen Weise literarisch bestäuben.

Mein Lieblingsmärchen ist übrigens immer noch der Kalif Storch. An zweiter Stelle Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen. Passt doch oder? Von beidem finde ich was in meinen Büchern, sowohl vom Ernst als auch vom Zauber.

Wie sieht es bei dir aus?

Heute beginne ich mit der Überarbeitung des zweiten Teils. Nebenbei kam die erste Anfrage zu einem bezahlten Interview von der Heinrich-Böll-Stiftung. Das ist die Senstation des Tages. Jetzt gibts da auch so einen netten Fragebogen. Im Juni werde ich dort vorgestellt

Besonders interessant fand ich die Frage, was wünschen Sie sich von der deutschen Kinder-und Jugendliteratur? Ja was wünsche ich mir denn?

Darüber mache ich mir nun ziwschen Geschichtenbuchstaben Gedanken. Eines weiß ich sicher. Ich wünsche mir viel mehr Originalität und Zielgruppenoffenheit. Mehr Farben statt Blau und Rosa, mehr Bücher von Steinhöfel und Löbner.

Was meinst du?

Es ist schade, dass wir uns am Wochenende bei der Verleihung des Kinderbuchpreises nicht sehen, du musst mur genau sagen, was über mein Kaugummibuch gesagt wurde, ja?

Die viel Spaß und Ehre dabei. Liebe Grüße aus winterkaltem Köln,

Andrea

Saskia Hula

am 29.4.2011

Liebe Andrea,

Hier gleich einmal das Rezept:

2 Stange Lauch kleinschneiden, mit 1 Becher Kaffeeobers und einem Gemüsewürfel weichdünsten, eventuell noch ein bisschen Schinken dazu.

Das ganze in 2 fertigen Blätterteigen einrollen, mit Eidotter bestreichen und ab in den Ofen, bei 180 Grad eine halbe Stunde (oder auch länger ...)

Mehr habe ich heute leider nicht zu bieten.

Vielleicht sollte ich mal über ein Kochbuch nachdenken. Das wäre genauso kurz wie meine anderen Bücher und würde folgende 10 Rezepte enthalten:

Lauchstrudel, Fleischstrudel, Krautfleckerln, Gemüsereis, Curry-Fisch, Nudeln mit Gorgonzolasauce und buntem Paprika, Kaiserschmarren, Griesauflauf, Apfelstrudel und Himbeerbombe (das ist die Geburtstagstorte für meine Kinder)

Das könnte doch eine echte Marktlücke sein. Ich bin sowieso überzeugt davon, dass wir heutzutage überall und immer von allem zu viel haben. Und ich könnte ja zu jedem Gericht noch ein kleines Gedicht schreiben ...

Aber Achtung, bevor sich jetzt ein Verlag für mein Kochbuch meldet: Viel lieber würde ich endlich mal ein richtig schönes Märchenbuch machen! Mit den wunderbaren Märchen von Ludwig Bechstein. Die gibt es im Moment nämlich leider nur in einer ziemlich verstaubten Version, die man Kindern kaum mehr vorlesen kann.

Ich würde sie ganz zart entstauben, etwas frische Luft ins Zimmer lassen und die Farben eine Spur auffrischen. Das täte ihnen gut, ganz sicher.

Was meinst du dazu, Andrea? Hast du eigentlich ein Lieblingsmärchen?

Für heute ein paar golddurchwirkte, seidenversponnene Grüße!

Saskia

Andrea Karimé

am 26.4.2011

Liebe Saskia,

Lauch ist bei mir und im Rheinland Lauch und bei meiner Mutter und Oma in Nordhessen Poree. Lauchstrudel klingt lecker und inspirierend. Bei Gelegenheit musst du mir mal das Rezept geben. Auch der Blick aufs mittelalterliche Dubrovnik gefällt mir, aber zu Fantasy würde mich gar nichts reizen. Ich kann das gut verstehen, dass du das Gefühl hast, immer nur Ideen hast, die es schon gibt, denn ich glaube, dass es auf dem Gebiet eh nichts aber auch gar nichts Originelles mehr gibt. Neulich hab ich in Reckless von Funke reingelesen, mein Neffe hatte es liegen und irgendwie hatte ich den Bildungsdrang, dann dachte nur nur entsetzt:

Das hab ich alles schon mal bei ihr gelesen, nur andere Anordnung der Wörter. Dramatik der Figuren ähnlich, vielleicht andere Namen, Orte, Farben, usw. Selbst der Plot nicht wirklich einzigartig.

Also bleib doch schön bei deinen originellen Ideen. Den Ähnlichkeitschock hatte ich bei dir noch nicht!

Meine Osterfamilientage waren auch sehr schön, mit Mutter, Schwester, Neffen und sehr viel Sonnenschein, Wandern und Grillwürstchen. Allerdings auch Regionalzugbierflaschenstress. Gegröle, Schnapsleichen. War aber nicht lang! Zwei Tage hatte ich ganz frei, ohne einen Blick in mein aktuelles Manuskript, aber nun muss es weitergehen. Pünktlich dazu wird es hier kühler und auf dem lausigen Balkon ungemütlicher, der ja ansonsten permanent in meine Buchstaben flüstert.

Die Figurenentwicklung ist nun vorerst abgeschlossen. Jetzt gehts an die Geschichte, die ja schon da ist und nun angepasst werden muss. Was echt mühsam ist, aber auch zum Teil leichter, weil ich ja die Figuren jetzt besser kenne.

Schreiben ist leider grad viel Arbeit.

Liebe Grüße vom Buchstabenberg,

Andrea

Saskia Hula

am 23.4.2011

Liebe Andrea,

ja, so kleine originelle Zuhörer sind tatsächlich etwas Wunderschönes!

Mir tut es ja im Moment wirklich leid, dass ich so wenige ganz kleine Kinder um mich habe - dabei kann ich über Kindermangel eigentlich nicht klagen, du kennst ja meine 18 Schüler, die haben auch einiges an Persönlichkeiten zu bieten.

Trotzdem sind es die richtig Kleinen, die von 1-3, die ich am liebesten beobachte. Die gerade ihre ersten Schritte in die Welt der Sprache machen, die ihre ersten Wörter entdecken und wie man mit ihnen bauen und gestalten kann ... Das hat so etwas Ursprüngliches und oft auch so etwas Witziges und manchmal auch so etwas Wahrhaftiges ...

Das mit deiner abgesagten Lesereise tut mir leid. Ich hoffe, es hat sich in der Zwischenzeit etwas Neues (und viel besser Bezahltes!) ergeben? Manchmal ist es ja so.

Mein Urlaub ist auch schon wieder vorbei, das ist so schnell gegangen, aber ich habe einen wunderschönen Blick vom Berg auf Dubrovnik mitgenommen und eine sehr vage Idee. Vermutlich zu vage.

Mittelalterliche Städte bringen mich immer dazu, irgend so eine mittelalterliche Geschichte schreiben zu wollen. Nur habe ich leider keine Ahnung vom Mittelalter, worauf ich dann eher so in Richtung Phantasy denke, wovon ich ebenso keine Ahnung habe. Außerdem fallen mir dann immer schon tolle Geschichten ein, die es bereits gibt und die genau so sind, wie ich sie gerne schreiben würde, und schließlich gebe ich irgendwann ermattet auf und schreibe eben doch wieder das, was ich kann.

So, das wars von mir so knapp vor Ostern. Jetzt muss ich einkaufen gehen, weil morgen meine gesamte Familie bei mir im Burgenland Lauchstrudel isst. (Lauch ist bei euch vermutlich Porree!)

Und bevor es wieder keinen mehr gibt, muss ich jetzt schnell den gesamten Lauch aufkaufen. Ich hab nämlich eine ziemlich große Familie.

Ich wünsche dir also schöne Ostern und ganz viel Sonnenschein!

Saskia

Andrea Karimé

am 15.4.2011

Liebe Saskia,

jetzt bist du bestimmt schon auf Urlaub, und genießt helles Licht und viel Wasser. Hie und da ein Fisch, ein Buchstabe? Ein Wort?

Heute gabs düstere Nachrichten für mich: Ein ganze Lesewoche wurde mir abgesagt. Vier Wochen vorher. Alles eingeplante grüne Zahlen. Die sind jetzt rot und zieren das Jäckchen unangenehm. So ists mit der Freiberuflerei.

Eine Buchserie zu konzipieren, ist für mich auch nicht attraktiv. Eine Kollegin meinte mal: Och das geht, nur ist komisch, dass die Protagonisten nie älter werden. Ehrlich gesagt, dass Protagonisten überhaupt immer wieder herhalten müssen ist für mich undenkbar. Vielleicht zweimal. Aber allerhöchstens. Danach würde mich auch die Langeweile packen, wie dich!

Heute hatte ich die letzte Lesung im April. Es waren 7 Tage hintereinander, und das ist auch ganz schön anstregend. In der letzten Lesung war ein kleiner Erstklässler, der die ganze Zeit still zugehört hat. Am Ende der Lesung stellte er sich hin, drehte seine Hand zu einer Fingerspirale und meinte strahlend, auf seinen Kopf hauend: Da war ein Idee in mein Kopf gefallen. Die musste er natürlich noch verkünden, und wir hörten alle die Geschichte vom komischen Wasser und dem Durst. Für sowas allein lohnt die Mühe.

Liebe Grüße von

Andrea

Saskia Hula

am 13.4.2011

Liebe Andrea,

Im Zahlenjäckchen würde ich dich aber gern mal sehen! So in Samt und Seide und ein bisschen Brokat ... Würde dir stehen, glaub ich. Lauter Zahlen, große und kleine ... Schön.

Eine Serie würde dir dagegen wohl weniger gut stehen. Zumindest keine Ponyhofserie.

Ich habe es auch noch nie geschafft, eine Serie zu konzipieren. Jedesmal hat mich bereits beim Daran-denken die Langeweile gepackt, was natürlich dumm ist, denn es könnte ja eine ganz tolle, spannende Serie sein ... Mein Problem ist, dass ich mich immer ganz furchtbar unter Druck fühle von etwas, das toll oder spannend oder lustig sein soll. Dann fallen mir garantiert nur extrem depremierende Dinge ein.

Genauso, wie mir nur eine Urwaldgeschichte eingefallen ist, als die Illustratorin, mit der ich unbedingt ein Bilderbuch machen wollte, gemeint hat: Alles, nur kein Urwald, ja?

So bin ich zu meinem Urwald-Bilderbuch gekommen. (Und auf die Ehrenliste, gleich neben dich, ha! Das muss ja auch mal erwähnt werden, oder??? Wozu haben wir sonst eigentlich diesen Blog?)

Das mit dem Apfelbaum hast du falsch verstanden. Ein Autor hat auf einer Lesereise in Südtirol tatsächlich einen Apfelbaum geschenkt bekommen - einen mit Wurzelballen, zum Mitnehmen! Und das hätte ich einfach nicht mehr geschafft. Mein Koffer war auch so schon unglaublich schwer.

Ich hoffe, dein allerliebster Neffe lässt sich von deinen merkwürdigen Warnungen in Zukunftnicht abhalten, meine Bücher zu lesen! So furchtbar anders ist Österreichisch ja auch wieder nicht. Die meisten Wörter, bei denen ich Schwierigkeiten vermute, verkneife ich mir sowieso schon. Im Juni kommt allerdings ein Buch mit ganz vielen Marillen heraus. Das wird wunderbar, ich liebe Marillen. Und zwar die von früher natürlich, als es wirklich noch welche waren.

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 9.4.2011

Liebe Saskia,

hast du die Rückreise gut hinter dich gebracht?

Und einen Apfelbaum bekommen? Tja das würde in der Tat ja sehr schwierig ihn zu pflegen, von Wien aus, oder? Aber törichterweise hätte ich auch gern einen Apfelbaum in Tirol.

Was du über die Verkaufsszahlen schreibts ist eine Crux. ich habe gerade die Verlagsabrechnung bekommen und bin schon geschockt. Das Haupthonorar kommt von Nebenrechten, Radio usw. Dass die Bücher wahrgenommen werden, drückt sich nicht im Verkauf aus bei mir. Ich finde es schade. Andererseits bin ich eben einfach keine Autorin die das Zahlenjäckchen zum Schreiben anzieht. Ich schreib schon was ich will. Nur: Gelesen werden solls doch auch! Was also tun? Die Autoren, die sich einem Serienkonzept unterwerfen, haben es da schon besser. Zummindest was die Zahlentierchen angeht mit ihren monetären Kumpels.

Meinem kleinen Neffen habe ich erklärt, dass es österreichische Wörter in dem Buch Attila der Angeber geben kann, die er vielleicht nicht verstehen wird. Plötzlich legte er das Buch hin und sagte: Ich nehm das Löwe Buch mit. Ich: Wieso denn? Er: Weil ich kein französisch kann. Ich musste lachen und sparte mir, dass auch im Löwebuch "französiche Ausdrücke" vorkommen. Meine Erklärung schien ihn wirklich -im Prinzip unnötig- verunsichert zu haben. So ist das, wenn man sich ins Kindertun einmischt, weil man meint es besser zu wissen.

Jetzt werd ich die neue Figur in den Konflikt stürzen und hoffe sie noch besser kennen zu lernen.

Viele Grüße aus dem sonnigen Buchstabenköln,

Andrea

Saskia Hula

am 5.4.2011

Liebe Andrea,

tja, es ist nicht nur malerisch, es ist auch ziemlich angstrengend. Immerhin decken wir fünf Autoren ganz Südtirol in fünf Tagen ab! Ich war heute jedenfalls schon in Tälern, von denen ich noch nie zuvor gehört habe. Aber der Empfang ist immer extrem herzlich, ich bekomme Wein und Schokolade und Lesezeichen geschenkt, und die Kinder kennen mindestens die Hälfte meiner Bücher. Angeblich hat ein Autor hier sogar schon mal einen jungen Apfelbaum geschenkt bekommen. Ich hoffe für den Apfelbaum, dass ich keinen kriege!

Ansonsten ist das eine total nette Runde von Autoren, mit denen ich hier bin. Lauter Leute, denen es mehr um ihre Bücher geht als um ihre Verkaufszahlen. Toll, finde ich.

Was deinen Neffen betrifft, finde ich es sehr schön, dass er seinen Alltag in meinem Buch wieder gefunden hat! Seit ich weiß, dass er wochenlang "Garmans Sommer" mit sich herum geschleppt hat, halte ich ihn sowieso für äußerst kompetent, was Kinderliteratur betrifft!

Um deine folgsame Figur beneide ich dich natürlich sehr - oder eigentlich um eine Figur, der man nur mehr folgen muss. Aber du hast ja auch eine Menge für sie getan.

Außerdem komme ich eh nicht zum Schreiben. Nur zum Lesen.

Und jetzt muss ich auch schon wieder ins Bett, damit ich morgen fit bin für Berge und Täler und Apfelbäume ...

Alles Liebe,

Saskia

PS: Unbestechlich gefällt mir übrigens sehr gut. Es ist übrigens gar nicht so schwer, unbestechlich zu sein. Man sucht sich einfach seine Freunde danach aus, wie einem ihre Texte gefallen. Das klappt dann ganz gut ;-)

Andrea Karimé

am 5.4.2011

Liebe Saskia,

das klingt wirklich malerisch, dein Frühlingswochenende aber wie ich annehme steigern sich die Sinneseindrücke grad noch. Aber du wirst ja sicher noch berichten.

Ich freu mich, dass dir, der unbestechlichen kompetenten Kollegin und Freundin, mein Buch gefällt. Wenn nicht, hättest du das, wie ich sehr gut weiß, ungeschminkt geschrieben, nicht öffentlich natürlich, keinen Verriss, aber du hättest deutlich zum Ausdruck gegeben, dass sie dir nicht gefallen, die Figuren, die Geschichte, dass du vielleicht nichts damit anfangen kannst. Umso erfreulicher ist es also, wenn man dann von dir eine gute Nachricht erhält.

Die Figur macht jetzt richtig Spaß, sie wird lebendig und jede Szene die ich schreibe ist nun ganz einfach, weil die Figur alles diktiert. Das hätte ich nicht gedacht, dass man auch diese Techniken so individuell ausführen kann, interpretieren kann, dass es von einem reinen Schreiben nach Zahlen abweicht, nämlich die Kompetenzen vertieft.

Gestern habe ich mit einer Kollegin, die fürs Radio Kindergeschichten schreibt, darüber gesprochen. Wir waren beide der Ansicht, dass es für Bilderbuchtexte keinen Sinn macht, die Figur so ausgereift zu entwickeln. Oder vielleicht überlegen wir uns eine light version? Für kurze Kindertexte?

Am Wochenende war übrigens mein fantasiebegabter sechsjähriger Neffe bei mir und hat in deinem "Löwe und Maus! Buch gestöbert. Besser gesagt: Er hat es meinen großen Stoffkamelen vorgelesen, nachdem er mein Schlafzimmer in eine Wüste aus Kissen und Kamelhaardecken verwandelt hat; Kamelhälse unter den Achseln las er also und schmunzelte hie und da. In der Einleitung, an der Stelle wo der Löwe den ganzen Tag auf dem Sofa sitzt, hielt er inne, dachte nach, grinste und sagte: Wie der Papa!

Jetzt wünsche ich dir noch ganz gespannte Kinderohren und eine schöne Zeit in Bozen.

Andrea

Saskia Hula

am 2.4.2011

Liebe Andrea,

bei mir ging es zwar kurzfristig ins Wochenende mit Wandern und Bärlauch-Schnuppern und Leberblümchen-Bewundern. Aber jetzt heißt es Packen und morgen geht es auf Lesereise nach Bozen.

Naja, ich gebe zu, es gibt schlimmere Orte für Lesereisen ;-) Südtirol im Frühling klingt jedenfalls ziemlich schön.

Ich hoffe, du hast deine Figur anständig durch die Nacht gebracht, sie entsprechend hofiert, getätschelt und bewundert, so dass sie noch das eine oder andere Stündlein bei dir bleibt!

Deinen "Tee mit Onkel Mustafa" habe ich begonnen, und mittlerweile bin ich auch der Meinung, dass Mustafa ganz hervorragend zum Onkel passt. Besser als Hassan, eindeutig! Am liebsten mag ich die Geschichte mit der Kamelprinzessin und so Sätze wie "Sie fühlte sich wie ein fröhlicher Brunnen." Da hast du wieder ein richtig schönes Buch geschrieben!

Ich habe gerade die Fahnen für mein neues Buch bekommen und bin sehr glücklich damit. Da ich die Geschichte schon vor ein paar Jahren geschrieben habe, konnte ich mich fast nicht mehr an sie erinnern und war ganz überrascht, wie witzig sie ist. (Kurze Zeit habe ich sogar die Lektorin verdächtigt, dass sie ein paar besonders witzige Stellen verändert hat. Aber das kann ich mir doch nicht vorstellen! Wo sie mich doch sonst wegen jedem Wort fragt! )

So, jetzt wünsche ich dir noch ein produktives Rest-Wochenende mit willigen Figuren!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 31.3.2011

Liebe Saskia,

das Wochenende sagt Hallo und ich verbringe den Freitag Abend dennoch mal wieder lieber mit Buchstaben und den scheuen Geschöpfen, denen du beim Schreiben begegnest, besser gesagt, die dir entwischen; ich glaub tatsächlich, ein paar von denen hocken nun bei mir :)

Diese ewig Jagd hat auch was Anstrengendes, und manchmal denk ich, dass die scheuen Tiere einfach nur bewundert wollen, und zwar so lang bis sie auf geheimnisvolle Weise Wörter regnen lassen, leider alles nach ihrem Plan. kkkrchsczgrgll!!!

Einen Fanbrief aus den Niederlanden? Wahnsinn! Wenn überhaupt, krieg ich nur welche aus Nordrhein Westfalen, also von genau umme Ecke, geschweige denn aus dem Ausland! Also das ist doch dann mal wirklich was! Du wirst einfach immer berühmter!

Meine Figur ist übrigens wieder da, sie ist sogar ungeduldig, tappt gegen die Tür; sie hat Gefallen gefunden, an der Aufmerksamkeit, die sie bekommen hat. Also heißt es, ab in das Buchbett.

Wie ich sehe warst du fleißig und hast deine Buchtipps eingestellt! Toll. Gehts denn wenigsten bei dir ins Wochenende?

Liebe Grüße sendet
Andrea

Saskia Hula

am 30.3.2011

Liebe Andrea,

ja, die Figuren auf der Flucht kenne ich auch gut. Bei mir sind manchmal nicht nur die Figuren auf der Flucht, sondern die ganze Handlung oder das Ende oder die Sinnhaftigkeit der Geschichte an sich ...

Ich fühle mich beim Schreiben überhaupt oft, als würde ich ein seltenes und besonders scheues Tier einfangen wollen: Geduldig warten ... ganz leise anschleichen ... den Blick senken, nur nicht hinstarren ... Auf gar keinen Fall darüber reden! ... Und erst im allerletzten Augenblick eine blitzartige Bewegung mit dem Schmetterlingsnetz ...

Aber heute fange ich keine Schmetterlinge und auch keine Geschichten mehr ein.

Dafür beantworte ich den ersten niederländischen Fanbrief meines Lebens. Erstaunlicherweise habe ich ihn tatsächlich verstanden! Ist gar nicht so schwer, wenn man laut liest. Antworten werde ich allerdings doch lieber auf Deutsch - in der Hoffnung, dass der Transfer umgekehrt genauso klappt.

Und die Zeit mit dir war wirklich ausgesprochen nett - freuen wir uns also auf deine nächsten Lesungen in Wien!

Alles Liebe,

Saskia

Andrea Karimé

am 29.3.2011

Liebe Saskia,

auch gestern, beim Essen mit dem Verlag, gab es wieder Nudeln. Ein richtiger Nudel- und Buchstabenaufenthalt war das in Wien. So nett ists immer bei dir, da ist es ja schon fast ein Glück, dass die Veranstalter keine Zimmer bezahlen.

Die Lesungen waren sehr unterschiedlich. Während bei der einen die Kinder sich kringelig gelacht haben, vor allem über die Skurrilität des Onkel Mustafa, haben bei der anderen lauter Fragezeichen auf den Kinderstirnen gestanden. Ist das nicht urseltsam?

Heute sitze ich also wieder am Schreibtisch und versuche die Lebendigkeit des gestrigen Agierens an die Tastatur zu holen, was natürlich nicht einfach ist. Vor allem weil es heute um die Figuren (-wurst) geht. Merkwürdigerweise gehen mir diese trotz ausführlicher schriftlicher Beschreibung immer wieder verloren. Kennst du das? Richtig auf der Flucht ist der Junge, über den ich schreiben will. Mühsam!

Sonnige Grüße und Buchstabenkammermusik sendet dir

Andrea